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Pseudomonas-putida-Bakterien wurden zu einem Arbeitstier der Biotechnologie.

© picture alliance/dpa/Jörg Fischer

Tagesrückspiegel – Heute vor 42 Jahren: Erstes Patent auf ein Lebewesen

Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe patentierter gentechnisch veränderter Lebewesen. Das erste war ein unscheinbarer Bodenbewohner, der helfen sollte Umweltprobleme zu lösen.

Eine Kolumne von Birgit Herden

Ananda Mohan Chakrabarty war ein gehorsamer Junge. Aufgewachsen in einer indischen Kleinstadt, liebte er es, zu lesen. Eigentlich hätte er gerne Literatur studiert, doch Vater und Brüder drängten ihn zu den Naturwissenschaften. Chakrabarty gehorchte. Schon bald entdeckte er neue Leidenschaften, für Biologie und Chemie – und für einen bakteriellen Bodenbewohner, Pseudomonas putida. Das sollte Folgen haben: Jahrzehnte später führte seine Arbeit zum ersten Patent für ein „neugeschaffenes“ Lebewesen.

Pseudomonas putida, kaum ein tausendstel Millimeter groß, wirkt normalerweise im Verborgenem fürs große Ganze, für den Kreislauf der Natur. Die Bakterien sondern Enzyme ab, die abgestorbene organische Materie zersetzen. Schon als Student in Kalkutta vertiefte sich Chakrabarty in die Stoffwechselwege des Bakteriums. Mitte der 1960er-Jahre erregte seine Arbeit Aufmerksamkeit, Chakrabarty zog in die USA.

Als Angestellter des Unternehmens „General Electric“ sollte er eigentlich eine Methode entwickeln, mittels Mikroben Kuhdung in proteinhaltiges Futter umzuwandeln. Seine Abende und Wochenenden widmete er jedoch immer noch dem alten Freund Pseudomonas. Insgeheim verfolgte er einen Traum.

Das Bakterium sollte dabei helfen, nach den großen Katastrophen der leckgeschlagenen Supertanker das ausgelaufene Erdöl zu beseitigen. Die verschiedenen Varianten schienen dafür eigentlich alles Nötige an Bord zu haben: Gene und Enzyme für die Zersetzung vieler verschiedener Kohlenwasserstoffe. Keine aber besaß die richtige Kombination, um Rohöl zu verspeisen.

Erst als Chakrabarty, nach langen Versuchen, mehrere Gene kombinierte und so ein neues Superbakterium erschuf, war der Durchbruch geschafft: Das Bakterium gedieh nun prächtig in Erlenmeyerkolben voller Rohöl.

Chakrabartys Arbeitgeber wurde auf die Arbeit aufmerksam und reichte die Erfindung im Juni 1972 zur Patentierung ein. Der Antrag wurde verweigert, General Electric klagte. Nach langem Rechtsstreit entschied der Supreme Court: „Alles unter der Sonne, was der Mensch geschaffen hat“, könne auch patentiert werden. Am 31. März 1981, heute vor 42 Jahren, wurde das erste Patent für einen gentechnisch veränderten Organismus erteilt, Chakrabartys Superbakterium.

Eine Ölpest hat es dennoch nie bekämpft, der Bodenbewohner würde im Meer kaum überleben können. Überhaupt kamen gentechnisch verwendete Mikroben für diesen Zweck nie zum Einsatz, denn ihre Freisetzung ist streng reguliert. Patente auf Lebewesen wurden seither aber tausendfach erteilt, nicht nur für Bakterien, sondern auch für viele Pflanzen und Tiere.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der Kolumne auf der Kolumnenseite des Tagesspiegel.

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