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Radio

© picture alliance / Hans Ringhofer / picturedesk.com/Hans Ringhofer

Heute vor 129 Jahren: Wer hat das Radio denn nun erfunden?

Im Jahr 1909 erhält Guglielmo Marconi den Nobelpreis für die Erfindung des Radios. Doch aus Großbritannien kommt Kritik: Andere sollen vor ihm darauf gekommen sein.

Eine Kolumne von David Will

Am 20. Juli 1937 stehen Radiosender weltweit für mehrere Minuten still. In Rom hängen die Flaggen auf Halbmast. Und in der Via Condotti, einer Straße im Zentrum von Rom, bleiben zahlreiche Geschäfte geschlossen. Die Anwohner betrauern den Tod ihres berühmtesten Nachbarn: Guglielmo Marconi, italienischer Senator, Unternehmer und – in den Augen vieler Menschen – Erfinder des Radios.

Marconis Ruhm gründete auf einer Reihe von Versuchen, die er rund vier Jahrzehnte zuvor auf dem Landsitz seiner Eltern bei Bologna durchgeführt hatte. Im Alter von 21 Jahren gelang es Marconi, nachdem er über die Forschung von Heinrich Hertz zum Elektromagnetismus gelesen hatte, mit einer Antenne elektromagnetische Wellen über eine Entfernung von zwei Kilometern zu empfangen.

Marconi meldete daraufhin das weltweit erste Patent auf einen drahtlosen Signalempfänger an und gründete seine eigene Firma. Bald erregte er mit weiteren Aktionen Aufsehen, kommunizierte per Radiowelle über den Ärmelkanal und über den Atlantik hinweg. Im Jahr 1909 erhielt Marconi, der nie studiert hatte, den Nobelpreis für Physik. Als wenige Jahre später die Titanic vor den Augen der Weltöffentlichkeit unterging, überlebten viele Passagiere nur wegen des SOS-Signals, das es ohne Marconis Erfindung nicht gegeben hätte – ein Verdienst, das man ihm hoch anrechnete.

Dass er diese Anerkennung wirklich verdiente, haben einige allerdings bestritten. Denn bereits am 14. August 1894, heute vor 129 Jahren, will es dem britischen Physiker Oliver Lodge gelungen sein, ein elektromagnetisches Signal auf dem Campus der Oxford-Universität auszulesen. Er lieferte sich später einen erbitterten Patentstreit mit Marconi, der erst nach Jahren beigelegt werden konnte. Fest steht außerdem, dass Marconis Apparat auf einem sogenannten Kohärer beruhte: Einem mit Metallspänen gefüllten Röhrchen, das empfindlich auf elektromagnetische Schwingungen reagiert, und das Oliver Lodge mit entwickelt hatte.

Heute gilt die Entstehung der Radiokommunikation unter Ingenieur:innen als Gemeinschaftsprojekt. Guglielmo Marconi war zweifellos der kreative Erfinder und gewitzte Unternehmer, als der er gefeiert wurde. Doch ohne die physikalischen Grundlagenforschung von James Maxwell und Heinrich Hertz und die technischen Errungenschaften von Lodge und anderen wäre er vermutlich nicht weit gekommen.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der „Tagesrückspiegel“-Kolumne hier.

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