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Marie und Pierre Curie wanderten nach Frankreich aus, um weiter arbeiten zu können.

© IMAGO/Gemini Collection/IMAGO/Gemini

Heute vor 125 Jahren: Die Taufe der Radioaktivität

Die junge Marie Curie sucht ein Thema für ihre Dissertation – und prägt mit ihrem Mann den Begriff Radioaktivität. Ihr neu entdecktes, radioaktives Element benennen sie nach ihrer Heimat.

Eine Kolumne von Sabrina Patsch

Marie Curie ist das Paradebeispiel einer determinierten Wissenschaftlerin, die ihrer Forschung alles unterordnete. Sie verließ ihre Familie und ihre Heimat Polen, um in Frankreich studieren zu können. Sie wühlte sich in mühsamer Handarbeit durch Tonnen von Material, um ein neues Element zu entdecken. Und schließlich sollte ihre jahrelange Arbeit mit schädlicher Strahlung sie das Leben kosten – wenn sie zur Zeit ihrer Forschung auch noch nicht von diesem Risiko wusste.

Als Marie Curie 1897 im Alter von 30 Jahren ein Thema für ihre Doktorarbeit suchte, entschied sie sich für die ein Jahr zuvor von Henri Becquerel entdeckten „Uran-Strahlen“. Er hatte herausgefunden, dass Uran eine unbekannte Strahlung aussendet, die fotografische Platten schwärzt. Doch darüber hinaus war damals wenig bekannt.

Schnell entdeckte Curie, dass die Strahlen außerdem Luft elektrisch leitfähig machen können. Das war ein Durchbruch, denn es erlaubte ihr, die Strahlung zu quantifizieren. Sie fand heraus, dass Pechblende und Chalcolit noch stärker strahlten als Uran. Daraus schloss sie, dass sie ein Element enthalten müssen, das stärker strahlte als Uran. Ihr Ehemann Pierre war so begeistert von ihren Ergebnissen, dass er seine eigene Forschung ruhen ließ und sich ihrem Vorhaben anschloss.

Marie und Pierre Curie bei einer Fahrradtour am Sonntagnachmittag.

© IMAGO/Gemini Collection/IMAGO/Gemini

Mithilfe chemischer Methoden zerlegten sie die Pechblende in ihre Bestandteile und maßen deren Strahlung separat. Übrig blieb eine unbekannte Substanz, die 400 Mal stärker strahlte als Uran. Am 18. Juli 1898, heute vor 125 Jahren, schrieben sie an eine wissenschaftliche Zeitschrift, um ihre Entdeckung zu veröffentlichen. Der Titel „Über eine neue radioaktive Substanz in der Pechblende“ begründete den Begriff „Radioaktivität“. Noch heute heißt ein Atomkern radioaktiv, wenn er sich ohne äußeres Zutun unter Aussendung von Strahlung in einen anderen Kern umwandelt oder seinen energetischen Zustand verändert.

Das Forscherpaar schrieb im Text: „Wenn die Existenz dieses neuen Metalls bestätigt wird, schlagen wir vor, es Polonium zu nennen, zu Ehren des Heimatlandes von einem von uns.“ Maries Heimat Polen existierte zu der Zeit nicht als unabhängiger Staat, sondern war seit 1795 geteilt.

Insgesamt benötigten die beiden nur acht Monate, um zwei neue Elemente zu entdecken, Polonium und Radium, und einen neuen physikalischen Effekt zu begründen. Marie Curie verteidigte ihre Doktorarbeit mit dem Titel „Untersuchungen über die radioaktiven Substanzen“ im Jahr 1903. Noch im selben Jahr wurde sie gemeinsam mit Pierre Curie und Henri Becquerel mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet – als erste Frau überhaupt.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der „Tagesrückspiegel“-Kolumne hier.

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