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Erst kein Glück, und dann kam Pech dazu: Wilhelm II

© Imperial War Museums/Creative Commons

Heute vor 105 Jahren: Pech für den Kaiser

Als der letzte deutsche Kaiser vom Thron stieg, war er trotzdem überzeugt, eines Tages auf diesen zurückzukehren. Das erwies sich als zähes Unterfangen. Aber es geht noch zäher.

Eine Kolumne von

Dass das Deutsche Kaiserreich ausgerechnet in einem Schloss in den Niederlanden endete, ist eine konsequente Ironie. Denn begonnen hatte es auch nicht in Deutschland, sondern in Versailles, einem Schloss in Frankreich. Dort wurde Wilhelm I. im Januar 1871 gekrönt.

Dessen Nach-Nachfolger Wilhelm II. unterzeichnete am 28. November 1918, heute vor 105 Jahren, auf Schloss Amerongen seine offizielle Abdankungsurkunde. Dorthin war er gegen Ende des Krieges und mitten in der Revolution geflüchtet. Die Republik war schon 19 Tage zuvor ausgerufen worden, dem Tag, an dem der Kaiser den Zug Richtung Exil genommen hatte.

Der Hohenzoller hielt jedoch an dem Glauben fest, er würde zusammen mit der Monarchie irgendwann nach Deutschland zurückkehren. Von der „Saurepublik von Weimar“, wie er sie genannt haben soll, fühlte er sich betrogen. Doch selbst in seinem engsten Kreis nahm man bald Abschied von dieser Idee. So ist etwa von Wilhelms Vertrautem Magnus von Lewetzow das Zitat überliefert, das mit der Rückkehr auf den Thron sei eine „vollkommene Hirnverbranntheit“.

Experimente

Das war 1927. Pech gehabt, Wilhelm, könnte man sagen.

Tatsächlich begann 1927, im Jahr von Lewetzows klaren Worten also, auf der anderen Seite der Welt ein Experiment mit, genau, Pech. Das funktioniert inzwischen deutlich länger als jenes mit dem zweiten Deutschen Kaiserreich. Im australischen Brisbane tropft seither jene zähflüssige Substanz. Sehr langsam. Am 28. November 2000, also heute vor 23 Jahren, fiel dort erst der achte Tropfen in das Auffanggefäß.

Unstete Versuchsbedingungen

Es war ein echter Aufreger in der Community der Erforscher von hochviskosen Flüssigkeiten allgemein und Pech im Besonderen. Aus zwei Gründen: Einerseits tropfte es in Brisbane erstmals im südlichen Sommer und nicht im Winter. Schuld soll die nicht lange zuvor im Labor eingebaute Klimaanlage gewesen sein. Zudem gelang es erneut nicht, das Tropfen zu filmen. Schuld war die nicht lange zuvor im Labor eingebaute Webcam, die ihren Dienst versagte. 2014 gelang es dann aber.

Und bald könnte ein neuer Tropfen „fällig“ sein. Das Experiment in Brisbane geht jedenfalls weiter – was hoffentlich nicht für Experimente mit Möchtergern-Autokraten an der Spitze Deutschlands gilt.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der Tagesrückspiegel-Kolumne hier.

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