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Seine Urheberschaft ist seit Jahrzehnten umstritten: Das Gemälde Madonna della Rosa, das die Heilige Familie samt Johannes dem Täufer zeigt und im Prado-Museum in Madrid hängt.

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Handschrift des Malers: KI erkennt Gemälde von Raffael

In der Kunst ist die Urheberschaft vieler Gemälde trotz vieler Untersuchungsverfahren strittig. Nun stellen Forscher eine KI vor, die helfen könnte – und ein bislang umstrittenes Werk recht klar einordnet.

Von Walter Willems, dpa

Künstliche Intelligenz kann Gemälde des Malers Raffael allein anhand visueller Kriterien recht zuverlässig erkennen. Bei speziellen Tests erwies sich das eigens auf die „Handschrift“ des Renaissance-Malers trainierte KI-System als zu 98 Prozent zuverlässig, wie die Forscher um Hassan Ugail von der englischen Universität Bradford im Fachblatt „Heritage Science“ berichten. Die Studie bestätigt bereits vorhandene Zweifel an der Authentizität des Gemäldes Madonna della Rosa (Madonna mit der Rose) – allerdings nur teilweise.

Die Urheberschaft von Gemälden ist oft fraglich. Dabei muss es sich nicht unbedingt um Fälschungen handeln, denn gerade in früheren Jahrhunderten unterhielten manche Maler Werkstätten, in denen sie von Mitarbeitern unterstützt wurden.

Stil, Farbübergang, Pinselführung

Um die Authentizität eines Bildes zu klären, werden verschiedenste Techniken verwendet: Dazu zählen unter anderem schriftliche Dokumente, Altersdatierungen, Materialuntersuchungen mit chemischen und technischen Verfahren, wie etwa Röntgen- und Spektral-Analysen und auch visuelle Prüfungen, etwa von Stil, Farbübergängen oder Pinselführung.

Unser vorgestelltes Verfahren zeigt eine ermutigende Treffsicherheit.

Wissenschaftler der englischen Universität Bradford

Das Team um den Computerspezialisten Ugail konzentrierte sich bei seiner KI ausschließlich auf diese visuellen Aspekte – und auf Raffael. Dieser – eigentlich Raffaello Sanzio da Urbino (1483 bis 1520) – zählt neben Michelangelo und Leonardo da Vinci zu den bedeutendsten Malern der Hochrenaissance. Die Forscher trainierten ihr System mit 49 Bildern, die eindeutig von Raffael stammen, und ebenso vielen Gemälden, an denen der Künstler nachweislich nicht beteiligt war, die jedoch durchaus Ähnlichkeiten aufweisen.

Meist fiel das Urteil der KI sehr klar aus: So ordnete sie Raffael etwa die Sixtinische Madonna mit einer Wahrscheinlichkeit von 93 Prozent zu, ähnlich die Vermählung Mariä. Ein Bild des englischen Malers Peter Lely dagegen schloss sie zu 100 Prozent aus. Bei einer eigens angefertigten Kopie eines Raffael-Selbstporträts schloss die Software eine Urheberschaft des Malers immerhin zu 68 Prozent aus.

KI ordnete Raffael die Sixtinische Madonna mit einer Wahrscheinlichkeit von 93 Prozent zu.

© IMAGO/H. Tschanz-Hofmann/IMAGO/H.Tschanz-Hofmann

Als besonders interessant erwies sich die Analyse des Gemäldes Madonna della Rosa, das die Heilige Familie samt Johannes dem Täufer zeigt und im Prado-Museum in Madrid hängt. Seine Urheberschaft ist seit Jahrzehnten umstritten – Fachleute diskutieren etwa eine Beteiligung des Malers und Architekten Giulio Romano, der damals noch in Raffaels Werkstatt arbeitete.

Seine Urheberschaft ist seit Jahrzehnten umstritten: Das Gemälde Madonna della Rosa, das die Heilige Familie samt Johannes dem Täufer zeigt und im Prado-Museum in Madrid hängt.

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Antlitz von Josef stammt vermutlich von einem anderen Künstler

Die KI-Analyse ergab eine Wahrscheinlichkeit von lediglich 57 Prozent dafür, dass Raffael das ganze Bild gemalt hat. Doch Untersuchungen von bestimmten Bildarealen ergaben, dass er vermutlich die Gesichter der Madonna und der beiden dargestellten Kinder selbst gemalt hat – jeweils mit einer Wahrscheinlichkeit zwischen 79 und 93 Prozent.

Das Antlitz von Josef im Hintergrund der Szene dagegen stamme mit einer Wahrscheinlichkeit von 63 Prozent nicht von Raffael. Demnach könnten Mitarbeiter des Malers an weniger prominenten Elementen des Bildes mitgewirkt haben, was damals nicht unüblich war.

„Unser vorgestelltes Verfahren zeigt eine ermutigende Treffsicherheit“, schreiben die Wissenschaftler. David G. Stork, außerordentlicher Professor der Stanford University, der an der Studie beteiligt war, sagte, dass diese Art der Analyse ein Werkzeug im Prozess der Authentifizierung eines Kunstwerks ist, das in Verbindung mit traditionellen Methoden eingesetzt werden sollte.

Das Vorgehen eigne sich laut den Forschern auch zur Prüfung von Werken anderer Maler – unter einer Voraussetzung: Die KI muss sich an einer ausreichenden Menge von gesicherten Gemälden dieser Künstler trainieren lassen. Das sei das Ziel künftiger Studien. Das Team hat auch den Code für den KI-Algorithmus veröffentlicht, damit die Öffentlichkeit oder Experten ihn für ähnliche Analysen verwenden können.

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