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Gummi wird aus dem Milchsaft von Kautschukbäumen produziert. Kautschuk gilt deshalb auch als das weiße Gold.

© IMAGO/Zoonar

Gier nach Kautschuk: Für Gummiherstellung wird weit mehr Regenwald gerodet als bekannt

Kautschuk wird überwiegend zur Herstellung von Autoreifen verwendet – und vor allem in Südostasien angebaut. Dafür wird wesentlich mehr Regenwald gerodet als bisher bekannt.

Von Stefan Parsch, dpa

Für die Herstellung von Gummi wird in Südostasien weit mehr tropischer Regenwald gerodet als bisher angenommen. Zwischen 1993 und 2016 wurden dort einer Studie zufolge mindestens rund vier Millionen Hektar (40.000 Quadratkilometer) Wald vernichtet, um Plantagen mit Kautschukbäumen anzulegen. Das entspricht etwa der doppelten Fläche von Rheinland-Pfalz.

Dies sei zwei- bis dreimal mehr als bislang bekannt, schreibt eine internationale Forschungsgruppe um Antje Ahrends vom Royal Botanic Garden in Edinburgh in der Fachzeitschrift „Nature“ nach Auswertung von Satellitenbildern.

Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die kautschukbedingte Entwaldung nicht nur ein historisches Problem ist und dass es nach dem Jahr 2000 zu erheblicher Abholzung kam.

Forschungsgruppe um Antje Ahrends vom Royal Botanic Garden in Edinburgh

Gummi wird aus dem Milchsaft von Kautschukbäumen produziert und dient überwiegend zur Herstellung von Autoreifen. „Etwa 90 bis 99 Prozent der tropischen Abholzung stehen im Zusammenhang mit der Produktion globaler Rohstoffe wie Rindfleisch, Soja, Palmöl, Naturkautschuk, Kaffee und Kakao“, schreibt das Team.

Soja, Palmöl und die Entwaldung der Tropen

Bislang habe sich die Öffentlichkeit vor allem auf Soja und Palmöl konzentriert, deren Anbau nach bisherigen Daten sieben- bis achtmal so viel zur Entwaldung der Tropen beiträgt wie der von Kautschuk. Allerdings gingen Schätzungen über die Abholzung für die Kautschukproduktion weit auseinander: von weniger als einer Million Hektar nahezu weltweit bis mehr als fünf Millionen Hektar allein im kontinentalen Südostasien zwischen 2003 und 2014.

Aus Südostasien stammen mehr als 90 Prozent der globalen Ernte von Naturkautschuk. Deshalb konzentrierten sich Ahrends und Kollegen auf dieses Gebiet, um für das Jahr 2021 die Verbreitung von Kautschukplantagen in Südostasien zu kartieren.

Abgleich von Satellitenbildern

Die hohe Auflösung der Bilder ermöglichte es ihnen, auch Anbaugebiete von Kleinbauern zu erfassen, die insbesondere bei der Kautschukproduktion eine wichtige Rolle spielen. Für den Abgleich mit Flächen, auf denen in den vergangenen Jahrzehnten Regenwald gerodet wurde, verwendeten die Wissenschaftler Satellitenaufnahmen, die bis in die frühen 1990er Jahre zurückreichten.

Parakautschukbäume (Hevea brasiliensis) in Nordthailand.
Parakautschukbäume (Hevea brasiliensis) in Nordthailand.

© imago stock&people/imago stock&people

„Unseren Karten zufolge nahmen im Jahr 2021 reife Kautschukplantagen in Südostasien eine Fläche von 14,2 Millionen Hektar ein, wobei mehr als 70 Prozent der Produktionsfläche in Indonesien, Thailand und Vietnam lagen“, schreibt das Team. Weitere Gebiete lagen in China, Malaysia, Myanmar, Kambodscha und Laos. Allerdings sei dies eine zurückhaltende Schätzung, da vor allem Inseln Südostasiens so oft von Wolken bedeckt waren, dass es von einigen Gebieten keine Aufnahmen bei klarem Wetter gab.

Millionen Hektar Regenwald wurden in Südostasien vernichtet, um Plantagen mit Kautschukbäumen anzulegen. 

Der Abgleich der Satellitenbilder ergab, dass von 1993 bis 2016 rund vier Millionen Hektar Regenwald vernichtet wurden, um Kautschukbäume anzubauen. Die Hälfte davon wurde bis zum Jahr 2000 abgeholzt, danach verlangsamte sich die Rodung etwas.

„Aber insgesamt deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass die kautschukbedingte Entwaldung nicht nur ein historisches Problem ist und dass es nach dem Jahr 2000 zu erheblicher Abholzung kam“, schreiben die Forscher. Demnach lagen 2021 mehr als eine Million Hektar Kautschukplantagen in Gebieten mit einer sehr hohen Artenvielfalt.

„Wir glauben, dass Kautschuk in Richtlinien und Prozessen, die darauf abzielen, die rohstoffbedingte Entwaldung zu reduzieren, stärker berücksichtigt werden sollte“, betont die Gruppe. Obwohl ihre Schätzung zum Ausmaß der Abholzung zwei- bis dreimal höher ausfällt als bisherige Daten, könnte sie noch zu niedrig sein.

Denn junge Kautschukbäume bis zu einem Alter von fünf Jahren, ehemalige Kautschukplantagen, die nun anders genutzt werden, und Plantagen mit kranken Bäumen, die Blätter verlieren, haben die Wissenschaftler in der Studie nicht erfasst.

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