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Genetik: Genetischer Risikofaktor für Multiple Sklerose entdeckt

Menschen mit einer von zwei gängigen Genvarianten könnten ein größeres Risiko haben, an der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose (MS) zu erkranken. Beide Varianten codieren für Komponenten des Immunsystems, die den Körper daran hindern, seine eigenen Zellen anzugreifen.

Zwei Beiträge (1, 2), die unabhängig voneinander in Nature Genetics veröffentlicht wurden, konzentrieren sich auf das IL7R-alpha-Gen. Ein drittes Team führte einen genomweiten Assoziierungsscan für MS durch und ermittelte ein weiteres Interleukin-Rezeptor-Gen mit der Bezeichnung IL2R (3).

Bei der Multiplen Sklerose greift das Immunsystem die schützende Ummantelung der Nervenfasern, die so genannten Markscheiden, an, was zu motorischen und kognitiven Funktionsstörungen führt. Interleukin-2 und Interleukin-7 sind Proteine des Immunsystems, die eine Rolle bei Regulation der Aktivität der T-Zellen spielen. T-Zellen tragen dazu bei, Autoimmunreaktionen zu unterdrücken.

Entwicklungsrichtung

Die drei Forschungsteams untersuchten mehrere tausend Patienten europäischer Abstammung und entdeckten, dass schon die Abweichung eines Basenpaares im IL7R-Gen das Risiko, an Multipler Sklerose zu erkranken, um 20 % erhöht. Das Risiko ist jedoch zu gering, als dass IL7R für Gentests genutzt werden könnte, erklärt Margaret Pericak-Vance, Genetikerin an der University of Miami in Florida und Autorin einer der Studien. "Viele Menschen sind Träger dieser Genvariante und sie erkranken nicht an Multipler Sklerose", sagt sie. Grob geschätzt 70 % der europäischen Bevölkerung trägt diese Genvariante.

Nichts desto trotz tragen die Erkenntnisse zum besseren Verständnis der Erkrankung bei und legen einen bestimmten Weg bei der Entwicklung therapeutischer Methoden nahe, sagt George Ebers, Neurologe an der Oxford University und an einer der Studien beteiligt. "Auch wenn der Effekt klein ist, gibt er Hinweise auf die Prozesse, die der Erkrankung zugrunde liegen könnten."

Das Risiko, an Multipler Sklerose zu erkranken, variiert in Abhängigkeit von der ethnischen Zugehörigkeit, dem Geschlecht und auch geografischen Faktoren, was auf ein komplexes Zusammenspiel genetischer und Umweltfaktoren schließen lässt. Bereist vor 30 Jahren wurde ein Zusammenhang zwischen dem Risiko, an MS zu erkranken, und Varianten auf Genen, die für Humane Leukozytenantigene (HLA) codieren, nachgewiesen. Weitere genetische Risikofaktoren wurden seitdem nicht entdeckt.

David Hafler, Immunologe an der Harvard Medical School in Massachusetts, merkt an, dass Genvarianten auf IL7R und IL2R auch als Risikofaktoren gelten, an Diabestes mellitus zu erkranken. Dies könnte auf einen kausalen Zusammenhang zwischen den beiden Autoimmunerkrankungen schließen lassen, fügt er hinzu, der möglicherweise in der Rolle liegt, die die beiden Interleukine bei der T-Zell-Regulierung spielen.

(1) Gregory, S. G. et al. Nat. Genet. doi:0.138/ng2106 (2007). (2) Lundmark, F. et al. Nat. Genet. doi: 10.1038/ng2106 (2207). (3) Hafler, D. A. et al. N Engl. J. Med. doi: 10.1056/NEJMoa073493 (2007).

Dieser Artikel wurde erstmals am 29.7.2007 bei news@nature.com veröffentlicht. doi:10.1038/news070723-14. Übersetzung: Sonja Hinte. © 2007, Macmillan Publishers Ltd

Heidi Ledford

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