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Genetik: Der Jungbrunnen der Hydra

Für Menschen ist das ewige Leben ein unerreichbarer Traum. Der Süßwasserpolyp Hydra dagegen ist bei optimalen Bedingungen unsterblich. Das Rezept für seine Langlebigkeit liegt offenbar in dem Gen FoxO.

Das schreiben Forscher um den Zoologen Thomas Bosch der Universität Kiel im Fachmagazin „PNAS“.

Hydra ist einfacher Zeitgenosse. Die Nesseltiere sind etwa einen Zentimeter groß und bestehen aus Außen- und Innenhaut, dazwischen liegt eine Gallertschicht. Der Körper gliedert sich in Fuß, Rumpf und Kopf mit Tentakelkranz. Der Rumpf besteht aus Stammzellen. Sie erneuern sich ständig und bilden auch andere Zellen aus. Diese unermüdliche Erneuerung benötigen die Tiere zur Fortpflanzung. Um Nachkommen zu bilden, schnüren die Wasserbewohner einige Zellen der Körpermitte ab; sie „knospen“.

Die Stammzellen der Hydra altern nicht: Weder ihre Aktivität noch Anzahl nimmt ab – anders als alle anderen Stammzellen von Mensch und Tier, die für die Regeneration von Organen verantwortlich sind. Das Geheimnis dieser anhaltenden Jugend fasziniert Wissenschaftler seit langem. Nun durchforstete das Kieler Team sämtliche Gene isolierter Hydra-Stammzellen.

Die Wissenschaftler stießen dabei auf ein Gen namens FoxO, das in allen Tieren sowie dem Menschen vorkommt. Es ist für die Produktion eines gleichnamigen Genschalters verantwortlich. Um seine Wirkung genauer zu untersuchten, stellten Bosch und seine Kollegen genetisch veränderte Polypen her, die entweder mehr oder gar kein FoxO bildeten. Bei Polypen mit erhöhter FoxO-Konzentration zählten die Forscher mehr Stammzellen als bei unveränderten Tieren. Fehlte der Faktor, hatten die Tiere weniger Stammzellen und wuchsen langsamer. Auch die Immunabwehr war verändert. Sie produzierten weniger Moleküle, mit denen sie sich normalerweise gegen fremde Mikroben zur Wehr setzen. Alternde Menschen zeigen eine ähnliche Schwächung des Immunsystems.

Was genau FoxO in der Zelle bewirkt und wie es durch Umweltsignale gesteuert wird, sollen weitere Experimente klären. Denn Altern werde nur zu einem Drittel über Gene vermittelt, sagt Bosch. Der Rest sei umweltbedingt. Beim Menschen sind bisher zwei Genorte bekannt, die das Altern beeinflussen. Einer davon ist eine Variante von FoxO. Dieses „Methusalem-Gen“ wurde gehäuft bei Hundertjährigen gefunden. „Das sollte genauer untersucht werden, schließlich ist FoxO schon in den entwicklungsgeschichtlich uralten Hydra für die Vitalität von Stammzellen wichtig“, sagt Bosch. Zwar werde man das Altern nie ganz aufhalten können. „Aber vielleicht können wir einen Teil der alterungsbedingten Beschwerden lindern.“

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