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Demonstranten nehmen an einer unangemeldeten Demo gegen die Corona-Maßnahmen teil.

© Fabian Sommer/dpa

Fake News und Verwschörungstheorien: Kommunikation in Zeiten der Pandemie

Missverständnisse, Desinformation und Verschwörungsdenken: Welche Lehren sich aus der Coronavirus-Pandemie für die Wissenschaftskommunikation ergeben.

Missverständnisse, Fake News und Verschwörungstheorien wachsen gerade in der Covid-Pandemie in den Himmel. Unlängst erst machten Gerüchte die Runde, dass die Covid-19-Impfung bei Männern zu Impotenz führe. Chef-Androloge Michael Zitzmann von der Universitätsklinik Münster war es, der in den Medien klar stellte, dass nicht die Impfung, sondern vielmehr das Virus selbst zu fürchten ist, wenn es um ein gesundes Sexualleben geht.

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Dass Impfungen krank machen oder eine Infektion einen besseren Schutz als eine Impfung schafft, sind Theorien, die sich in der Pandemie verbreiten. Oder dass sich die Politik verschworen hat, wahlweise mit dem Virus oder den Gegenmaßnahmen der Gesellschaft zu schaden.

Verstehen, wie Wissenschaft arbeitet

Verschwörungstheorien leben davon, dass es so sein könnte, was sich in aller Regel schwer widerlegen lässt. Genau hier kommt die Rolle der Wissenschaft ins Spiel, um ein klares Bild zu schaffen. 

Ein Punkt dazu erschien bei einer Panel-Diskussion der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina am Donnerstag zentral: Die Öffentlichkeit müsse überhaupt erst einmal verstehen, wie Wissenschaft arbeitet, dass sie nie endgültige Antworten liefert, sondern ein Prozess ist, eine Debatte, die sich einer Schlussfolgerung nur langsam annähert.

Wichtig sei es dabei nicht nur, dass die Forschenden ihre Daten diskutieren, sondern auch ihre Zweifel daran kommunizieren, erklärte der Medienwirkungsforscher David Schieferdecker von der Freien Universität Berlin.

Das kann die Physikerin Viola Priesemann, die in der Pandemie immer wieder als Expertin zu Rate gezogen wird, nur unterstreichen. Die Polarisierung von Schwarz und Weiß sei falsch. Priesemann nennt als Beispiel die Frage, wie sehr Geimpfte das Virus noch übertragen können.

Viola Priesemann.
Viola Priesemann.

© picture alliance / Eventpress

Dies sei in der öffentlichen Debatte auf Ja und Nein verkürzt worden, ohne zu fragen, in welchem Ausmaß Übertragungen noch stattfinden. Hier habe die öffentliche Debatte sich völlig vom wissenschaftlichen Diskurs abgekoppelt.

Tiefere Recherchen und Quellen benennen

Dabei müssten auch Journalisten tiefere Recherchen der Quellen betreiben, die Fakten genauer checken. Sonst könne es dazu kommen, dass eine Prozentzahl belegter Intensivbetten dazu missbraucht wird, zu behaupten, dass keine Überfüllung in den Krankenhäusern drohe. 

Die Zahl von drei Prozent sei ein Durchschnittswert für das ganze Jahr 2020 gewesen, was die Lage im Winter 2002/21 eben nicht erfasst habe. Wichtig sei auch, dass Medien auf alle Quellen verweisen, damit sich die Öffentlichkeit selbst ein Bild machen könne. Priesemann wünscht sich eine differenziertere Berichterstattung, die nicht nur schlechte Nachrichten in den Fokus rücke.

Gegen Fake News wie die von Impfgegnern hält Mia Malan, Chefredakteurin und Direktorin des Bhekisisa-Centre for Health Journalism in Südafrika, für ein wirksames Mittel, sich direkt an die Adressaten dieser Falschmeldungen zu wenden. Um ihnen zu erklären, wie präzise die Forschung die Wirkung der Impfungen überprüft.

Das sein allemal besser, als sich auf Diskussionen mit sogenannten „Querdenkern“ einzulassen, was oft ein aussichtsloses Unterfangen sei.

Zentral ist der Begriff Vertrauen

Zentral erschien in der Diskussion zwischen Wissenschaftler:innen und Medien-Vertreter:innen aus Deutschland und Südafrika auch der Begriff Vertrauen. Sie habe oft Sorge, in den Medien falsch wiedergegeben zu werden, sagt Priesemann. Es sei wichtig, dass dieses Vertrauen in die Wissenschaft nicht verloren geht, sonst glaube niemand mehr den Expert:innen. 

Hier sei es dringend nötig, die richtige Balance zwischen Evidenz und Gefühlen zu finden. Ein gutes Vorbild für eine solche Kommunikation sei der NDR-Podcast von Christian Drosten und Sandra Ciesek.  Mia Malan betonte, dass die Medien dabei nicht nur präzise arbeiten müssten, sondern auch ein leicht verständlichen Ansatz wichtig sei. „Weniger ist mehr, es ist besser eine sinnvolle Story zu schreiben als viele austauschbare.“ 

Auch das Format spiele eine Rolle, so könnten etwa animierte Videos komplizierte Sachverhalte leichter erklären, was auch Priesemann unterstrich. 
Marina Joubert von der Forschungsstelle Wissenschaftskommunikation Centre for Research on Evaluation, Science and Technology, der Stellenbosch University/Südafrika sieht die Wissenschaft in der Pandemie auch näher an die Politik und Öffentlichkeit gerückt

Die Forschenden würden nicht länger im Elfenbeinturm arbeiten. „Und das wird auch sehr wichtig sein für die Kommunikation in weiteren globalen Krisen wie etwa dem Klimawandel.“

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