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Die Leiterin des Pilecki-Instituts, Madgalena Gawin, eröffnet die Ausstellung „Das Massaker von Wola in Warschau“ am Brandenburger Tor.

© Foto: Grzegorz Karkoszka

Erinnern an das Massaker von Wola: Das Pilecki-Institut kämpft mit einer Ausstellung gegen das Vergessen

Binnen weniger Tage exekutierten die Nazis 1944 die Bevölkerung des Warschauer Viertels Wola. Mit einer Ausstellung macht das polnische Pilecki-Institut die Gräuel des Zweiten Weltkriegs sichtbar.

Das Massaker von Wola oder der Warschauer Aufstand im Zweiten Weltkrieg dürften nur wenigen ein Begriff sein. Bei Letzterem dürften zwar viele an den Aufstand im Warschauer Ghetto 1943 denken, als Jüd:innen über drei Wochen Widerstand gegen die Deportation in Vernichtungslager leisteten. Doch der Warschauer Aufstand und das Massaker von Wola fanden erst 1944 statt.

Als „eines der schlimmsten Verbrechen des Nationalsozialismus in Polen“ bezeichnet es der polnische Botschafter Dariusz Pawłoś jetzt im Berliner Pilecki-Institut. Dort wurde die Ausstellung „Das Massaker von Wola in Warschau“ eröffnet. Bis zum 15. Oktober ist sie in den Räumlichkeiten der polnischen Forschungseinrichtung am Brandenburger Tor zu sehen.

Zeugnis der Abscheulichkeit

Sie zeigt, was in deutschen Schulbüchern bisher kaum Erwähnung findet, wie Kuratorin Hanna Radziejowska kritisch anmerkt. Am 1. August 1944 erhob sich die polnische Heimatarmee in Warschau gegen die NS-Besatzer und nahm Teile der Stadt um das Viertel Wola ein. Hitler beorderte daraufhin die berüchtigte SS-Kampfgruppe Reinefarth nach Warschau und ließ zwischen dem 5. und 7. August alle Einwohner:innen von Wola systematisch exekutieren. Bei dem Massaker starben 50.000 Menschen.

Das Massaker von Wola ist eines der schlimmsten Verbrechen des Nationalsozialismus in Polen.

 Dariusz Pawłoś, polnischer Botschafter in Berlin

Für die Ausstellungseröffnung ist die Leiterin des Pilecki-Instituts, Magdalena Gawin, aus Warschau angereist. Ihre ersten Worte gebühren dem für das Massaker verantwortlichen SS-General Heinz Reinefarth. Der hat nach dem Krieg als Anwalt und Bürgermeister von Westerland auf Sylt Karriere gemacht. Seine Beteiligung an dem Massaker hat er zu Lebzeiten erfolgreich geleugnet. Audio-Aufnahmen in der Ausstellung belegen das. 

Geschichte digital sichtbar machen

Für Gawin, die die Ausstellung auch schon in Warschau und Schleswig-Holstein gezeigt hat, geht es darum, aus der Vergangenheit zu lernen. Gawin sagt mit Blick auf den Ukraine-Krieg: „Erinnern ist kein Ausdruck von Rache. Die Verbrechen müssen beim Namen genannt werden, damit sie sich nicht wiederholen.“

Erinnern ist kein Ausdruck von Rache. Die Verbrechen müssen beim Namen genannt werden, damit sie sich nicht wiederholen.

Magdalena Gawin, Leiterin des Pilecki-Instituts

Opfer und Täter:innen sind es auch, die im Vordergrund der Ausstellung stehen. Sie sollen sichtbar gemacht werden. In der Berliner Ausstellung ist deswegen neben einem neuen Computerspiel noch mehr Videomaterial von Zeitzeug:innen zu sehen. Wanda Lurie erzählt in einem 15-minütigen Interview, wie sie die Exekution wie durch ein Wunder überlebt hat. Den leugnenden Aussagen von Täter Reinefarth sind die Aussagen eines geständigen SS-Soldaten gegenübergestellt. 

Für die Ausstellung hat das Pilecki-Institut ein Computerspiel entwickeln lassen, in dem die Ermittlungen zu dem Massaker simuliert werden.

© Foto: Grzegorz Karkoszka

„Bis in die 2010er Jahre war das Trauma von Wola im kollektiven Bewusstsein Polens versteckt und anwesend zugleich“, sagt Kuratorin Radziejowska. Mit dieser Ausstellung will sie dazu beitragen, dass sich das ändert – auf polnischer und deutscher Seite.

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