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Weg hier. Mehr als 2000 Familien sind bereits aus Porter Ranch weggezogen.

© AFP

Update

Erdgasspeicher ist undicht: Gasleck in Kalifornien: Gouverneur ruft Notstand aus

Seit Herbst strömt massenhaft Methan aus einem Speicher – viele Anwohner fliehen. Es wird noch Wochen dauern, bis das Leck geschlossen ist.

Wie viele Amerikaner setzten auch die meisten Bewohner von Porter Ranch, einer Kleinstadt nahe Los Angeles, auf Erdgas. Es ist billig und im Vergleich mit anderen fossilen Energieträgern klimaverträglicher und weniger umweltschädlich – wenn es nicht unkontrolliert entweicht. Genau damit sind die Einwohner von Porter Ranch nun konfrontiert. Mitte Oktober gab es ein Leck in einem unterirdischen Gasspeicher im nahen Aliso Canyon. Bis heute ist es nicht abgedichtet.

Rund 78 000 Tonnen Methan sind seitdem ausgeströmt. Das Gas ist normalerweise geruchlos und nicht giftig. Häufig werden dem Erdgas vor dem Speichern noch Schwefelchemikalien zugesetzt: Bei einem Leck stinkt es verräterisch nach faulen Eiern. So auch in Porter Ranch. Anwohner klagten zudem über Kopfschmerzen, Nasenbluten und Übelkeit. 2200 Familien sind vorübergehend umgezogen, zwei Schulen wurden geschlossen. Am Mittwoch rief der Gouverneur von Kalifornien, Jerry Brown, den Notstand aus. Damit könnten nun alle Kräfte des US-Bundesstaates mobilisiert werden, um die öffentliche Gesundheit zu schützen und den betroffenen Anwohnern zu helfen, erklärte er. Eine unmittelbare Gesundheitsgefährdung besteht nach Ansicht der Behörden jedoch nicht.

Infrarotkamera macht Gasaustritt sichtbar

Umweltschützer vergleichen das Gasleck mit der Havarie der Ölplattform „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko im Jahr 2010. Das ist wohl übertrieben. Gleichwohl hat das Leck nennenswerte Folgen, denn die Treibhauswirkung von Methan (CH4) ist rund 25-mal stärker als die von Kohlendioxid (CO2). Mit bloßem Auge ist der Austritt nicht zu sehen. Auf Infrarotaufnahmen, die die Umweltschutzorganisation Environmental Defense Funds (EDF) veröffentlicht hat, ist eine Art Rauchsäule zu erkennen, in der das Gas zum Himmel strömt. Messungen mit Flugzeugen und Satelliten bestätigen einen Anstieg des Methangehalts.

Die Umweltbehörden schätzen, dass der Gausaustritt den gesamten Methanausstoß Kaliforniens um ein Viertel erhöhen dürfte. Laut EDF haben die Emissionen aus dem Leck die gleiche Klimawirkung wie sieben Millionen Autos. Allerdings haben die Umweltschützer für ihre Kalkulation einen größeren Klima-Umrechnungsfaktor zwischen Methan und Kohlendioxid gewählt. CH4 wird schneller in der Atmosphäre abgebaut, im Schnitt bleibt es zwölf Jahre erhalten.

Der Betreiber muss einen vorübergehenden Umzug ermöglichen

Nicht nur das Methan ist ein Problem. Bei Luftmessungen in Porter Ranch wurden auch flüchtige organische Verbindungen, etwa das krebserregende Benzol, festgestellt. Die höchste Konzentration an Benzol wurde Anfang November gemessen, teilen die Gesundheitsbehörden mit. Der Gehalt lag dabei um die Hälfte niedriger als der Wert, bei dem ein Gesundheitsgefahr zu erwarten ist, heißt es weiter. Dennoch hat die Verwaltung den Betreiber des Gasspeichers, Southern California Gas (Socalgas), aufgefordert, betroffenen Bürgern kostenlos einen vorübergehenden Umzug anzubieten, wenn sie dies wünschen. Explosionsgefahr besteht nach Ansicht von Experten nicht.

Der Gasstrom indes hält an – jedoch mit geringerem Ausstoß, weil die Menge in dem Speicher abnimmt. Was genau in der Tiefe geschehen ist, ist nicht genau geklärt. In der Gegend werden mehrere ehemalige Gas- und Öllagerstätten als Speicher genutzt: Über Bohrungen wird Erdgas, das meist aus dem mittleren Westen kommt, in die tief liegenden Sedimente gepresst, um es bei Bedarf entnehmen zu können. Die Bohrungen und darin eingeschobenen Rohre sind oft Jahrzehnte alt, das erhöht die Korrosionsgefahr.

Nun wird eine Hilfsbohrung vorangetrieben

Offenbar gab es beim aktuellen Vorfall ein Loch an einem solchen Rohr. Von dort steigt das Gas zwischen Stahlrohr und der umschließenden Betonhülle nach oben. Socalgas versuchte zunächst, schweren Bohrschlamm in die Röhre zu leiten, um das unter Druck stehende Gas unten zu halten. Das misslang. Daraufhin wurde im Dezember eine zweite Bohrung angelegt, die bis zur „Decke“ des Speichers in zweieinhalb Kilometer Tiefe führen soll, um dort mit Bohrschlamm und Zement die Öffnung des Speichers dauerhaft zu verschließen. Vor wenigen Tagen gelang es, in 1400 Metern Tiefe das defekte Rohr mit Magnetmesstechnik aufzuspüren. Nun soll weiter nach unten gebohrt werden, um den Gasstrom zu stoppen. Doch das wird dauern. Socalgas schätzt, dass es bis Ende März dauern kann, ehe das Loch gestopft ist. Umweltschützer warnen seit Langem, dass viele US-Gasspeicher alte Rohre enthalten und es immer wieder Lecks gibt.

Mit 23 Jahren ist der Gasspeicher im Westen Berlins in rund 800 Metern Tiefe deutlich jünger. Um mögliche Leckagen rasch zu erkennen, seien die Bohrungen mit Gas- und Drucksensoren ausgestattet, erläutert die Gasag-Sprecherin Ursula Luchner. Zudem würden die Bohrlöcher alle zwei bis drei Jahre mit dem „Pulsed-Neutron-Density“-Verfahren genau vermessen, um mögliche Lecks aufzuspüren. Bisher sei alles dicht gewesen.

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