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Bruchstück (schwarz) des Meteoriten "2008 TC3", der vor knapp zehn Jahren in der Nubischen Wüste einschlug, und von den Urplaneten im frühen Sonnensystem zeugt.

© Peter Jenniskens/Nasa

Entstehung der Planeten: Außerirdische Diamanten aus der Urzeit

Vor zehn Jahren schlug ein Meteorit östlich des Nil in der Wüste ein. Jetzt gibt das Gestein Forschern Einblick in die Entstehung der Planeten.

Durchmesser vier Meter. Gewicht 80 Tonnen. Form wie ein Brotlaib. Und ... auf Kollisionskurs mit der Erde. Der Astronom Richard Kowalski von der Universität Arizona staunte nicht schlecht, als er am 7. Oktober 2008 einen Himmelskörper entdeckte, der seinen Berechnungen nach keine 20 Stunden später auf der Erde einschlagen sollte. Tatsächlich trat der extraterrestrische Klumpen „2008 TC3“ mit einer Geschwindigkeit von knapp 13 Kilometern pro Sekunde in die Atmosphäre ein, glühte auf, explodierte und verstreute seine Reste in der Nubischen Wüste im Norden des Sudan. Zwei Monate später, am Nikolaustag 2008, fand eine eilig entsendete Forscherexpedition schließlich fast 300 der Bruchstücke im Wüstensand. Insgesamt vier Kilogramm gibt es seitdem von dem Meteoriten, genannt „Almahata Sitta“ nach einer nahe gelegenen Bahnstation. Jetzt gibt das Gestein Einblick in die Anfänge des Sonnensystems.

Diamanten als Boten aus der Jugendphase des Sonnensystems

Für Planetengeologen wie Philippe Gillet von der Universität Lausanne sind solche Ureiliten, wie dieser Meteortyp bezeichnet wird, Botschafter aus der Urzeit des Sonnensystems. Sie haben einen hohen Anteil von Kohlenstoff, der oft in Form von Diamanten verdichtet ist. Eine Vermutung ist, dass diese Diamanten entstanden, als in den ersten zehn Millionen Jahren des Sonnensystems die jungen Himmelskörper zusammenstießen. Die Reste solcher Kollisionen, wie 2008 TC3, ziehen noch immer durch das All.

Muawia Shaddad und Peter Jenniskens (Nasa) mit Studenten der Universität Khartoum beim Fund eines Bruchstücks (schwarz) des Meteoriten "2008 TC3", der vor knapp zehn Jahren in der Nubischen Wüste einschlug.
Muawia Shaddad und Peter Jenniskens (Nasa) mit Studenten der Universität Khartoum beim Fund eines Bruchstücks (schwarz) des Meteoriten "2008 TC3", der vor knapp zehn Jahren in der Nubischen Wüste einschlug.

© P. Jenniskens/Nasa

Gillets Team untersuchte nun die Diamanten von Almahata Sitta im Elektronenmikroskop, vor allem die Einschlüsse darin aus Chromit, Phosphat und Eisen-Nickel-Sulfiden. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass die Komposition und Morphologie der Einschlüsse nur eine einzige Erklärung für die Entstehung der Diamanten zulässt: Sie entstanden nicht durch Kollision, sondern in einem Urplaneten, des „Ureilite Parent Body“ (UPB), der etwa so groß war wie Merkur oder Mars. Das ergebe sich aus dem hohen Druck von etwa 20 Gigapascal, der für das Entstehen dieser Diamanten und ihrer Einschlüsse nötig sei. „Die Diamanten sind vergleichsweise groß und können daher nicht während kurzzeitiger Stöße zu dieser Größe angewachsen sein“, sagt Tilman Spohn vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, der an der Studie nicht beteiligt war. Zwar können auch Kollisionen von Asteroiden so viel Druck erzeugen, „aber sie dauern nicht lange genug an“.

Ein Mars-großer Urplanet

„Wenn sich die Diamanten an der Grenze zwischen dem Mantel und dem Kern des UPB gebildet haben, muss er etwa die Größe des Mars gehabt haben“, schreiben die Forscher im Fachblatt „Nature Communications“. Entstanden sie hingegen im Zentrum des Urplaneten, habe er Merkur-Größe gehabt. Modellberechnungen zur Entstehung des Sonnensystems sagen solche Urplaneten voraus. Gillets Analyse ist jedoch der erste Beleg dafür, dass es kurz nach der Geburt des Sonnensystems tatsächlich so große Himmelskörper gegeben haben muss. Zwar existieren sie nicht mehr, Spuren haben sie aber hinterlassen: „Die Entstehung des Monds wird auf mindestens einen Zusammenstoß der Erde mit einem Körper dieser Größe zurückgeführt“, sagt Spohn. „Grundsätzlich sollte es mehrere Zusammenstöße solcher Körper in der Spätphase der Bildung des Sonnensystems gegeben haben.“ Ein mineralogischer Beleg fehlte aber bislang. „Dies könnte einer sein.“

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