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In den USA lassen sich zu wenige Leute impfen, deshalb ist die Zahl der Hospitalisierungen hoch.

© Frederic J. Brown/AFP

„Eine Pandemie der nicht Geboosterten“: Warum die USA sich Europa als Vorbild nehmen müssen

Daten aus den USA verdeutlichen den Einfluss der Impfquote auf die Krankheitsschwere. Portugal und Dänemark zeigen, wie das Ende der Pandemie erreichbar ist.

Mit einer höheren Corona-Impfquote hätte fast die Hälfte der Hospitalisierungen in den USA in diesem Winter verhindert werden können. Das geht aus einer Analyse der „Financial Times“ hervor, die die US-Quote mit den Impfvorreitern in Europa, wie Portugal und Dänemark, vergleichen hat.

Die Zahlen zeigen, dass im Vergleich zu europäischen Ländern deutlich mehr Menschen in US-Krankenhäusern liegen, da es dort deutlich mehr Menschen gibt, die nicht oder nur teilweise geimpft sind. In Portugal oder Dänemark, wo die Impfquoten sehr hoch sind, ist die Zahl der Hospitalisierungen hingegen vergleichsweise gering.

Statt der rund 160.000 hospitalisierten Menschen, die es Mitte Januar in den USA gab, hätten es mit einer Impfquote wie in Dänemark nur rund 90.000 sein können, wie die Analyse zeigt. Statt der durchschnittlich rund 80.000 täglichen Corona-Patienten seit Juli 2021 hätten es mit einer Impfquote wie in Portugal nur rund 40.000 sein können.

Portugal hatte Ende Januar eine Quote von 90 Prozent zweifach Geimpften, Dänemark eine Quote von 81 Prozent. Während sie in Deutschland bei fast 76 Prozent liegt, sind in den USA gerade einmal 64 Prozent der Menschen zweifach geimpft. Der überwiegende Teil Europas hat deutlich höhere Impfquoten, sowohl was Zweitimpfungen als auch Booster angeht.

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Bei den Booster-Impfungen liegt Dänemark mit 61 Prozent vorn, Portugal verzeichnet hier 50 Prozent, Deutschland sogar etwas mehr. Die USA stehen bei den verabreichten Booster-Dosen hingegen bei unter 30 Prozent. „Wenn die Welt portugiesische Impfquoten hätte, wären wir dem Ende der Pandemie ein ganzes Stück näher“, sagt Jaime Correia de Sousa, Medizinprofessor im portugiesischen Braga.

Der Zusammenhang zwischen Impfquote und schweren Erkrankungen lässt sich auch anhand von offiziellen Zahlen ablesen, auch für Deutschland. Nachdem die Omikron-Welle begonnen hatte, erreichte die Intensivbettenbelegung Mitte Dezember ihren Höhepunkt. Fast 60 Patienten wurden pro einer Million Einwohner auf deutschen Intensivstationen behandelt, zeigen Daten von Our World in Data.

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In den USA erreichte der Wert vor zwei Wochen seinen Höhepunkt mit sogar 80 Intensivpatienten pro einer Million Einwohner. Zum Vergleich: In Dänemark, wo die Boosterquote am höchsten ist, waren es nie mehr als 14 Intensivpatienten pro einer Million Einwohner, in Portugal höchstens 17.

Virologe: Menschen, die sich nicht impfen lassen, sind schuld

Und das, obwohl die Infiziertenzahlen in Dänemark und Portugal deutlich höher waren und sind als in den USA und Deutschland. In der Bundesrepublik liegt die Zahl der bestätigten Fälle pro 100.000 in den vergangenen sieben Tagen bei rund 1300 – Tendenz steigend. In den USA liegt diese Sieben-Tage-Inzidenz bei mittlerweile wieder unter 1000.

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In Portugal und Dänemark, wo die Zahl der Corona-Patienten in den Krankenhäusern eine kleinere Rolle spielt, liegt die Inzidenz bei 3800 (Portugal) und 5300 (Dänemark). In Dänemark wurden am Dienstag aufgrund der hohen Impfquote sogar die Corona-Einschränkungen größtenteils aufgehoben.

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Menschen, die sich nicht impfen lassen, seien schuld an der Erkrankung und dem Tod vieler Erwachsener mittleren Alters, sagt Peter Hotez, Virologie-Professor in Houston. Diese Menschen belasteten damit die Krankenhäuser mit einer hohen Zahl an Patienten, deren schwere Erkrankung durch eine Impfung ganz leicht hätte verhindert werden können, so Hotez.

Nicht selten wird als Gegenargument angeführt, dass die Omikron-Variante im Vergleich zu Delta milder ist und für Ungeimpfte weniger gefährlich. Doch das widerlegt eine aktuelle Studie aus Frankreich. Diese hat die Wahrscheinlichkeit für intensivmedizinische Hospitalisierungen untersucht.

Die Studie zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit für einen 70-jährigen Ungeimpften, der sich mit Omikron infiziert, immer noch doppelt so hoch ist, wie für einen 40-jährigen Ungeimpften, der sich mit Delta infiziert.

Das Risiko minimiert sich der Studie zufolge für den 70-Jährigen hingegen aufs das Niveau des 40-jährigen Ungeimpften, wenn er zwei Impfstoff-Dosen erhält. Ist der 70-Jährige sogar geboostert, hat der 40-jährige Ungeimpfte plötzlich ein dreimal höheres Risiko, schwer zu erkranken.

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„Die Wahrheit ist: Ein 80-Jähriger, der geboostert ist und sich infiziert, bekommt in den meisten Fällen lediglich eine Erkältung“, sagt Philipp Coule, Professor für Notfallmedizin in Georgia. „Ein 50-jähriger Ungeimpfter hingegen, der leicht übergewichtig ist, Probleme mit seinem Blutdruck oder Diabetes hat, landet auf der Intensivstation.“

Dazu passen Daten des des Centers for Disease Control and Prevention (CDC): Erwachsene US-Amerikaner, die nicht geimpft waren, hatten im Dezember ein 16-fach höheres Risiko, ins Krankenhaus eingewiesen werden zu müssen, als solche, die zumindest zweimal geimpft waren. In der bevölkerungsstarken, vulnerablen Altersgruppe von 50 bis 64 Jahren sank das Risiko einer Hospitalisierung durch eine Booster-Impfung um das 46-fache.

Vor diesem Hintergrund ist noch verständlicher, warum US-Präsident Joe Biden seit Monaten versucht, die Impfkampagne voranzutreiben und auch die Ungeimpften zu überzeugen. „Biden hat recht, wenn er sagt, dass wir eine Pandemie der Ungeimpften haben“, sagt Virologie-Professor Hotez. „Doch nun haben wir auch eine Pandemie der noch nicht Geboosterten.“

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