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Waldbrände, hier bei Frankfurt (Oder), könnten bei fortschreitender Erderwärmung häufiger auftreten.

© Patrick Pleul/dpa

Drohnen und Bodenproben: Neue Strategien für die Waldbrandbekämpfung

Der Klimawandel begünstigt großflächige Feuer in Europa. Zur Prävention lohnt im Wald der Blick auf den Boden.

„Mäßig warme und trockene Luft bestimmen das Wetter in Brandenburg und Berlin“, meldete der Deutsche Wetterdienst (DWD) in seiner Vorhersage vom Montag. In der Nacht zum Dienstag werde es teils wolkig und bleibe niederschlagsfrei. Es ist trocken in Brandenburg, zu trocken für die Jahreszeit. Für die südliche Hälfte des Bundeslandes wird die Waldbrandgefahr bereits als „hoch“ eingestuft.

Ein neuer europäischer Forschungsverbund soll nun ein Brandmanagementsystem entwickeln, um große Waldbrände verhindern zu können. Denn mit dem Klimawandel verändern sich die Bedingungen, sodass die Waldbrandgefahr voraussichtlich häufiger und länger hoch sein wird, wie auch schon im letzten Jahr.

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Geeignete Löschmaßnahmen und Löschmittel

Der EU-Klimawandeldienst „Copernicus“ benennt den Sommer 2021 als den wärmsten Europas seit Beginn der Aufzeichnungen. Im Juli und August verbrannten im Mittelmeerraum rund 800.000 Hektar Wald und Gebüsch. Das entspricht der Hälfte der Fläche Schleswig-Holsteins. Brandenburg mit seinen großen Kiefernwäldern, geringem Niederschlag und leichten Sandböden ist bundesweit das Land mit der höchsten Waldbrandgefährdung.

„Die aktuelle Trockenheit des Bodens ist ein wesentlicher Faktor“, sagt Anja Hofmann-Böllinghaus von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin. Je trockener der Boden ist, umso höher sei die Gefahr, dass ein Brand ausbricht und sich verbreiten kann. Die Brandingenieurin ist Projektleiterin am BAM, einem von europaweit 46 Partnern im Forschungsverbund Brandmanagementsystem, der über dreieinhalb Jahre mit 23 Millionen Euro aus dem EU-Programm Horizon finanziert wird.

„Der Boden unterscheidet sich nach Pflanzen, die auf ihm stehen“, erklärt Hofmann-Böllinghaus. Boden aus Eichenwald verhalte sich wegen der Streu anders als Boden aus Kiefernwald oder einem Mischwald. Blätter und Nadeln von verschiedenen Baumarten sind sehr unterschiedlich leicht entzündbar. Nadeln mit ihrem hohem Anteil ätherischer Öle brennen besonders gut.

„Die spezifische Brandfähigkeit des Bodens unter bestimmten Baumarten bestimmt wesentlich, wie rasch sich ein Waldbrand ausdehnen kann“, sagt Hofmann-Böllinghaus. Zudem sei der Bodenzustand ein wesentlicher Indikator für geeignete Löschmaßnahmen und Löschmittel.

Kühler Wald, warme Stadt

Brände haben weltweit in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Zwar hat die global betroffene Fläche abgenommen. Dies ist jedoch vor allem auf eine Abnahme der Feuer in Gras- und Savannengebieten zurückzuführen, die insgesamt den größeren Anteil der von Bränden betroffenen Fläche ausmachen. Waldgebiete sind weiterhin häufig betroffen, auch wegen des Klimawandels. Die Brände in Australien, an der US-Westküste und in Sibirien sind Beispiele.

Waldbrände heizen die Klimakrise weiter an, da sie enorme Mengen Kohlendioxid freisetzen. „Intakte Wälder binden in hohem Maße Kohlendioxid und tragen durch ihr Binnenklima zur Abkühlung bei“, erklärt Hofmann-Böllinghaus. Auch Pierre Ibisch von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde weist auf die Kühlfunktion hin: „Der Wald der Zukunft speichert möglichst viel Wasser in Boden, Bäumen und Totholz und kühlt sich selbst.“

Ausgedehnte dichte Wälder schafften es dabei, ganze Landschaften substantiell zu kühlen. In Großstädten wie Berlin könne die Temperatur im Sommer mehr als 12 Grad Celsius höher liegen als in nahe liegenden Waldgebieten.

Die Ergebnisse des Brandmanagement-Projekts sollen helfen diese Kühlfunktion zu erhalten, Brände möglichst früh zu erkennen, sie zu begrenzen und im Idealfall durch präventive Maßnahmen ganz zu verhindern. Dazu werden moderne Methoden kombiniert. Einsatzkräfte der Feuerwehr werden mit Virtual Reality ausgebildet. Für Simulationen, welche die Ausbreitung der Brände vorhersagen, werden künstliche Intelligenz und selbstlernende Systeme eingesetzt. Drohnen überwachen feuergefährdete Wälder.

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Laut Hofmann-Böllinghaus ist es denkbar, dass Drohnen zudem mit Gasmessgeräten ausgestattet werden, um die Gefahrenlage für anliegende Siedlungen und Einsatzkräfte besser einschätzen zu können. Ergänzend fließen Daten von rund 40 Satelliten von Copernicus ein, welche die Europäische Weltraumorganisation Esa bereitstellt.

Wissen fürs Brandmanagement

„Über die Faktoren aktuelle Dürre, Vegetation und Temperatur wollen wir auf die Brandgefährdung von Wäldern schließen“, sagt Hofmann-Böllinghaus. Die Untersuchung der Bodenproben am BAM soll Hinweise auf die unterschiedlichen Branddynamiken etwa von Kiefern- und Eichenbeständen liefern, die geeignete Löschtaktiken maßgeblich bestimmen. Je nach Branddynamik können Einsatzkräfte an bestimmten Linien Sperren aufbauen, die gerade bei Bodenfeuern sehr wirkungsvoll sind oder Schneisen graben und mit Wasser füllen – zumindest, wenn es im Wald vorhanden ist.

Die vergleichsweise kurze Laufzeit des Projektes zeigt, wie sehr die Zeit drängt. „Wir wollen allen, die an der Prävention von Waldbränden beteiligt sind, aber auch Einsatzkräften der Feuerwehr oder dem Katastrophenschutz mit dem Brandmanagementsystem Wissen und wirkungsvolle Hilfsmittel an die Hand geben“, sagt Hofmann-Böllinghaus.

Roland Schulz

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