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Nobelpreisträgerin Emmanuelle Charpentier bei ihrem Auftritt in Berlin.

© Tobias SCHWARZ / AFP

Die Nobelpreisträgerin in Berlin: Preis und Wirkung

Die Berliner Nobelpreisträgerin Emmanuelle Charpentier trat noch am Mittwochnachmittag vor die Öffentlichkeit der Stadt. Ihre Botschaft: Sie möchte Frauen ermutigen, sich der Forschung zu verschreiben.

Als die Fotografin bittet, die Maske abzunehmen, knipst Emmanuelle Charpentier ihr Lächeln an. Sie steht im Wissenschaftsforum am Berliner Gendarmenmarkt, lächelt in die Kameras. Hierher hat die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) kurzfristig zu einer Pressekonferenz geladen, nachdem die Neuigkeit des Tages bekannt geworden war: Nach Reinhard Genzel, Astrophysiker der MPG in Garching, dem gestern der Nobelpreis für Physik zuerkannt worden war, wird nun auch Emmanuelle Charpentier mit der höchsten Auszeichnung der Wissenschaft geehrt. Gemeinsam mit Jennifer Doudna von der Universität von Kalifornien in Berkeley, in der Sparte Chemie.

Zeitiges Kommen war angeraten

Eine halbe Stunde vor der flugs einberufenen Pressekonferenz stehen sich die ersten Journalisten die Beine in den Bauch. Wegen Corona sind die Plätze limitiert, zeitiges Kommen war angeraten worden. Noch wird der Raum hergerichtet, Teilnehmerlisten und Handdesinfektion herbeigeschafft.

Schon früher am Nachmittag hatte die Bundesforschungsministerin Anja Karliczek ebenfalls für 16 Uhr ein Statement angekündigt. Wer würde da hingehen, wenn zeitgleich die Nobelpreisträgerin in spe auftritt? Also verschob das Ministerium die Worte der Ministerin um eine halbe Stunde.

Charpentier wirkt auffallend unauffällig

Als Charpentier im Wissenschaftsforum eintrifft und die Treppe in den ersten Stock nimmt, in Blue Jeans, Bluse und Blazer, wirkt sie auffallend unauffällig. Obwohl die Kameras klicken und sich vorsichtig eine Menschentraube bildet, hat sie in diesem Moment so gar nichts von einem Star. Dieser Begriff fiel in den Stunden zuvor immer wieder, wenn man mit den Granden der Berliner Wissenschaftslandschaft sprach.

Seit fünf Jahren ist sie hier, zuerst als Direktorin am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie, seit 2018 als Gründungsdirektorin der Max-Planck-Forschungsstelle für die Wissenschaft der Pathogene. Es war klar, dass sie eines Tages den Nobelpreis bekommen würde – und groß die Hoffnung, er möge auch der Stadt zusätzlichen Glanz verleihen.

Nun steht sie am Pult neben Ulman Lindenberger, Vizepräsident der MPG, der ein bisschen mehr strahlt als sie, von einem „phantastischen Moment für die Max-Planck-Gesellschaft“ spricht, ihr gratuliert und Blumen überreicht.

Wieder klicken die Fotoapparate, werden Handys gereckt.

Charpentier bedankt sich bei Lindenberger, dankt allen, die in ihre Forschung involviert waren und sie unterstützten. „Es ist ein besonderer Tag für mich“, sagt sie und beginnt zu erzählen, was CRISPR-Cas9 ist. Nur wenige der gut 20 Anwesenden scheinen ihr zu folgen. Erst als sie über das große Potenzial spricht, das die Technologie biete für Medizin und Nahrungsmittelproduktion, hellen sich die Mienen auf.

Ein bewegender Anruf aus Schweden

Natürlich kommt auch diese Frage: Wo waren sie als Sie den Anruf erhielten? „Ich saß am Schreibtisch, ein gewöhnlicher Arbeitstag“, erzählt die Forscherin. Das Telefon klingelte und es war eindeutig ein Anruf aus Schweden. „Es war sehr bewegend.“ Viele hätten ihr gesagt, dass ihre Forschungen einen Nobelpreis bekommen würde. „Aber es war nicht klar, wann.“ An diesem Mittwoch kam nun die erlösende Botschaft. Und eine bemerkenswerte Frage, von der Charpentier amüsiert erzählt: Das Nobelpreiskomitee fragte nach Doudnas Handynummer, die habe sie doch sicherlich.

Zwei wichtige Botschaften seien mit dem Preis verbunden, sagt Charpentier. Da wäre zum einen der Wert der Wissenschaft, den sie einer breiten Öffentlichkeit vermitteln möchte. Wissenschaft diene der Gesellschaft, wie aktuell während der Pandemie zu sehen sei. Und sie biete, zweitens, allen eine Chance. Wurde der Preis jahrzehntelang größtenteils Männern verliehen, werden nun auch forschende Frauen sichtbar. „Junge Forscherinnen sollen sehen, es ist nichts unmöglich, man kann alles erreichen.“

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