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Farben aus Cellulose lassen sich biologisch abbauen

© Empa

Detox für digitale Bildschirme: Biologisch abbaubare Flüssigkristalle mit Chamäleon-Effekt

Mit Flüssigkristallen auf Holzbasis steht elektronischen Bauteilen ein neuer nachhaltiger Farbstoff für bunte Bildschirme zur Verfügung.

Die Federn eines Pfaus, die Haut eines Chamäleons oder die Flügel eines Schmetterlings verdanken ihre Farben nur zum Teil bunten Pigmenten. Die Farbenpracht entsteht vielmehr durch winzige Strukturen, die nur einen Teil des einfallenden Lichts reflektieren und daher in dieser Farbe leuchten.

Nach diesem Vorbild der Natur hat eine Gruppe um Gustav Nyström von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa in Dübendorf im Kanton Zürich ein Material entwickelt, das nicht nur eine Farbe hat, sondern diese unter bestimmten Bedingungen ändert. Weil diese Substanzen aus Cellulose entstehen, sind sie biologisch abbaubar. Damit rückt eine nachhaltige Elektronik zum Beispiel für e-Books oder Anzeigen in Supermärkten in Reichweite.

Flüssigkristalle auf Holzbasis

Heute stecken in den Displays dieser Geräte nämlich Bestandteile wie Seltene Erden, die überwiegend in China abgebaut werden, und die Risiken für die Umwelt bergen. „In unseren Labors entwickeln wir dagegen Materialien auf Basis der heimischen Ressource Cellulose, die der Hauptbestandteil von Holz ist“, erklärt Nyström. Gerade für kleine Bauteile wie Sensoren für medizinische Diagnosen oder für Messungen in der Umwelt ist die Recycling-Fähigkeit sehr wichtig, weil der wirtschaftliche Aufwand für eine technische Rückgewinnung immens ist und sich bei kleinen Geräten kaum rechnet.

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Für ihre Farben ohne Pigmente stützt die Empa-Gruppe sich auf die Substanz Hydroxypropyl-Cellulose oder kurz HPC, die aus Cellulose hergestellt wird. Da diese das häufigste Biomolekül auf der Erde ist, scheint der Nachschub gesichert. Von der Unbedenklichkeit von HPC zeugt die E-Nummer 463, unter der diese Substanz in Europa als Zusatzstoff für Lebensmittel zugelassen ist.

Gibt man Wasser zu HPC, bilden sich Flüssigkristalle – jenen ähnlich, die Grundlage für LCD-Displays sind, ohne die heute kein Handy und kein Fernseher mehr auskommt. Strahlt weißes Licht auf diese Flüssigkristalle, reflektieren sie nur einen Teil der Wellenlängen und erscheinen daher farbig. Die Struktur und damit auch die Farbe dieser Flüssigkristalle ändert sich mit der HPC-Konzentration und mit der Temperatur.

e-Books oder Supermarktdisplays

Um diese Eigenschaft zu nutzen, mischen Gustav Nyström und seine Gruppe ein Promille Kohlenstoff-Nanoröhrchen unter die Flüssigkristalle. Dadurch leitet die Substanz elektrischen Strom. Legt man nun Spannung an, kann der elektrische Strom das Material aufheizen und gleichzeitig dessen Farbe ändern. Zudem lassen die Nanoröhrchen die Farbe kräftiger leuchten.

Außerdem gibt das Empa-Team eine winzige Menge Cellulose-Nanofasern zu den Flüssigkristallen. Jetzt lässt sich die Mischung mit dem 3D-Drucker einfach aufbringen. Erste Sensoren sind bereits entstanden, die ihre Farbe ändern, wenn sich das Material auf dem sie sitzen verformt.

Die nachhaltigen Flüssigkristalle können in fast allen Farben des Regenbogens strahlen, allerdings dauert es ein klein wenig, bis der elektrische Strom sie so weit aufgeheizt hat, dass sie ihre Farbe wechseln. Für Computerbildschirme, auf denen man Filme anschaut, taugen sie daher noch nicht. Gut einsetzen aber ließen sie sich in Medizin- und Umwelt-Sensoren, in e-Books oder in Supermarktdisplays, wo die Bilder und Farben nur langsam wechseln.

„Wir haben allerdings bereits mit der Forschung begonnen, die uns zu schneller umschaltenden Anzeigen führen könnte“, sagt Nyström. Würden die biologisch abbaubaren Farben nach dem Vorbild von Pfauenfeder, Chamäleon-Haut und Schmetterlingsflügel die Seltenen Erden durch den heimischen Rohstoff HPC ersetzen, könnte die europäische Wirtschaft von Importen aus dem Fernen Osten unabhängiger werden.

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