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Den Mond hatten die Astronauten, wie diese Aufnahme von heute vor 50 Jahren zeigt, klar vor Augen. Verfehlen konnten sie ihn trotzdem noch.

© Nasa

Countdown zum 50. Jahrestag von Apollo 11: Der Entschluss zu einem Rendezvous im Mondenschein

Selten hat sich die Nasa so über ein Funksignal gefreut wie heute vor 50 Jahren. Dass es soweit kam, liegt an einem mutigen Brief ein paar Jahre zuvor.

Unser Countdown begann am Tag "Minus 10" vor dem 50. Jahrestag des ersten Schrittes auf dem Mond. Jene folglich mit "10" nummerierte erste Folge ist hier gestartet. Ein Weltraumspaziergang zur zweiten ist hier möglich. Die traurige dritte ist hier  als Countdown-Ziffer"8" im Orbit. Die eher erdige vierte findet sich hier. Die fünfte dreht ihre Loopings hier. Von einer starken Rakete erzählt die sechste hier. Die Vermächtnisse eines sowjetischen "Giganten" werden hier in der siebten Folge thematisiert. In der achten hier geht es um große Unsicherheiten und nie ausgesprochene Worte des Trostes.

Dreiunddreißig sehr lange Minuten. Dann Neil Armstrongs Funkspruch: "Es war sozusagen vollendet." Apollo 11 war aus dem Funkschatten des Mondes, der es für jene gute halbe Stunde von jeglicher Funkverbindung abgeschnitten hatte, wieder herausgetreten. Und der Kommandant informierte – heute vor 50 Jahren abends um halb sechs Uhr Weltzeit – die Bodencrew, dass die Bremsrakete perfekt gefeuert habe.

Hätte sie es nicht getan, wäre Apollo 11 mit vollem Schwung auf dem Weg zurück zur Erde gewesen. Hätte sie zu lange gefeuert, wäre das Raumschiff möglicherweise auf dem Mond zerschellt. So war man nun aber problemlos in die Umlaufbahn eingeschwenkt. Mondorbit.

Mondlandung: Ursprünglich sollte eine einzige Mega-Rakete landen

Es war Teil Eins einer ganzen Reihe von Manövern eines Gespannes zweier Maschinen, die das Non plus ultra damals möglicher Technologie repräsentierten. Damit alles nach Plan lief, mussten sie als Einzelkomponenten tadellos funktionieren, mussten miteinander bei Ab- und Ankopplungsmanövern perfekt harmonieren – und auch mit den drei Menschen an Bord.

Das Wort "Mondorbit" steht nicht nur konkret für die Umlaufbahn, in die jenes Gespann heute vor 50 Jahren eintrat. Sondern es spielte eine entscheidende Rolle in der ganzen Geschichte des Mond-Programms. Wenn heute von Apollo gesprochen wird, sind den meisten ein paar zentrale Fakten präsent: Es gab eine einzige Rakete. Die beförderte eine Kombination aus Antriebs-, Kommando- und Landemodul in die Mondumlaufbahn.

Dort koppelte das Landemodul ab, landete, startete wieder und koppelte wieder an, und dann ging es mit dem Kommando-Modul zurück zur Erde. Doch dass es dieses Konzept sein würde, war alles andere als selbstverständlich. Bei der Nasa stand es zunächst überhaupt nicht auf der Liste.

Geplant wurde Anfang der 60er ganz anders: Variante Eins war eine Mega-Rakete mit einem einzigen Raumschiff, das als Ganzes auf dem Mond landet und wieder zurückkehrt. Variante Zwei hieß, mit Hilfe mehrerer Raketentransporte ein Raumschiff im Erdorbit zusammenbauen, das dann ebenfalls als solches zum Mond befördert wird, landet, wieder startet und zurückkehrt.

Vorteil beider Varianten war, dass außer Einschwenken in den Mondorbit und Landung und Start vom Mond alle komplizierten Arbeitsschritte auf der Erde oder in der Erdumlaufbahn stattfänden. Nachteil beider: Ein Riesengewicht war nötig.

Ein Brief, der für die geplante Mondlandung alles änderte

Dann, im November 1961, bekam der stellvertretende Nasa-Chef Bob Seamans einen Brief von einem Flugzeugingenieur, der in Raumfahrttechnik nur ein – allerdings hochkompetenter – Amateur war. Er bewahrte ganz Amerika wahrscheinlich davor, an Präsident Kennedys Plan, vor Ende des Jahrzehnts Menschen auf den Mond und zurück reisen zu lassen, grandios zu scheitern.

Der Mann hieß John Houbolt und rechnete vor, wie das bislang vernachlässigte Konzept eines "Rendezvous im Mondorbit" massiv Gewicht, Treibstoff und Geld sparen würde: Ein vergleichsweise leichtes Gefährt würde in Mondnähe abgekoppelt. Es käme mit wenig Treibstoff für Bremsmanöver und Rückstart aus und würde auch bei der Rückkehr zur Erde kein Ballast mehr sein, da es nach getaner Arbeit am Mond zurückbliebe.

Die Idee war nicht einmal neu. Schon der siebenbürgendeutsche Raketenpionier Hermann Oberth hatte sie 1929 durchgespielt. Als Urheber gilt der russische Autodidakt Juri Kondratschuk, der bereits um 1916 berechnet hatte, dass es die Variante mit dem geringsten Treibstoffverbrauch wäre.

Seamans war der richtige Adressat für Houbolts Brief. Er galt nicht nur als hochintelligent und kompetent, sondern auch als empfänglich für abweichende Ideen. Später sagte er, er sei mit den seinerzeit favorisierten Plänen nicht zufrieden gewesen und habe sicherstellen wollen, "dass wir nicht eine andere gute Möglichkeit übersehen hatten".

Offene Türen allerdings lief Houbolt nicht ein. Der oberste Denker und Lenker der Ingenieursarbeiten bei der Nasa, Wernher von Braun, beschied ihn bei einer Planungssitzung Anfang 1962 mit einem schroffen "Nein, das taugt nichts."

Am Ende entschied man sich für das Rendezvous im Mondorbit

Doch nach und nach änderten die Entscheider ihre Meinung, auch von Braun. Der letzte lautstarke Gegner war Kennedys Wissenschaftsberater Jerome Wiesner. Er lieferte sich in Gegenwart "JFK"s mit von Braun einen heftigen Streit, was den Präsidenten wenig froh stimmte. Letztlich, Ende 1962, wurde Wiesner überstimmt. Das Konzept würde "LOR" heißen: "Lunar Orbit Rendezvous", also Ab- und Ankoppeln in der Mondumlaufbahn.

Die Astronauten von Apollo 10 waren im Mai 1969 dann die ersten, die genau das taten aber eben noch nicht – landeten. Aldrin und Armstrong sollten am Tag nach dem Eintritt in jenen Orbit nun aber genau das versuchen. Und am übernächsten sollten sie auf dem Mond umherlaufen, Gestein sammeln, Experimente, aufbauen, filmen, fotografieren, Zitate für die Ewigkeit von sich geben. Und wieder starten und zum Kommando-Modul zurückkehren. Um die Landung wird es in der kommenden Folge gehen, um jene Schritte auf dem Mond und den Weg zurück in der letzten.

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