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Alphabetisierung. Die meisten Lehrerinnen und Lehrer setzen vermutlich verschiedene Methoden parallel ein.

© dpa/picture-alliance

Rechtschreibung: Bei den Methoden herrscht in der Schule Vielfalt

Die Lehrkräfte haben beim Unterrichten der Rechtschreibung viele Freiheiten. Doch sie müssen Ziele erreichen.

Die meisten Bundesländer stellen es den Lehrkräften frei, mit welchen Methoden sie den Kindern das Schreiben beibringen. Die Lehrkräfte sollen so ausgebildet sein, dass sie die Methoden je nach Unterrichtssituation und Lerntyp auswählen. Die Berliner Schulverwaltung erklärt, die umstrittene Methode von Jürgen Reichen „Lesen durch Schreiben“ (siehe Interview) sei mit den Berliner Rahmenlehrplänen nicht vereinbar. Danach sollen schon Erst- und Zweitklässler Regeln ausprobieren und anwenden. Die Kultusministerkonferenz 2015 hat eine Empfehlung abgegeben, wonach „das Kind ausgehend von seinen lautorientierten Verschriftungen von Anfang an systematisch an das orthografisch korrekte Schreiben herangeführt“ werden soll, also nicht nach Reichen gelernt werden soll.

Die meisten Lehrkräfte kombinieren verschiedene Methoden

„Darüber, welche Methoden die Lehrkräfte tatsächlich für ihren Unterricht gebrauchen, gibt es keine Erhebung und daher keine gesicherten Erkenntnisse“, stellt das Mercator-Institut für Sprachförderung der Universität Köln in einem „Faktencheck“ fest. Die meisten Lehrerinnen und Lehrer würden verschiedene Methoden kombinieren.

Reinhold Funke, Professor an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, schätzt, dass in Baden-Württemberg fünf Prozent der Lehrkräfte die Methode „Lesen durch Schreiben“ in Reinform anwenden. Die Deutschdidaktiker am Mercator-Institut sind allerdings nicht der Meinung, dass diese Methode verboten werden sollte. Sicher sei aber, dass schwache Schüler Methoden brauchen, in denen sie stärker angeleitet werden.

Beim Unterrichten müssen Lehrkräfte die Ziele der Bildungsstandards vor Augen haben, die für alle Länder gelten. Dort ist festgeschrieben, dass Viertklässler „grundlegende Rechtschreibstrategien“ beherrschen und beim Schreiben „orthographische und morphematische Regelungen und grammatisches Wissen“ berücksichtigen können. Wie nah die Schülerinnen und Schüler diesem Ziel kommen, wird schon in der dritten Klasse mit den bundesweiten Vergleichsarbeiten („Vera“) getestet. Die Lehrerinnen und Lehrer erfahren, wo genau sie ihre Schülerinnen und Schüler noch besser unterstützen müssen. Dafür gibt es mit „Vera“ eine didaktische Handreichung, in denen die üblichen Entwicklungsstufen beim Rechtschreiben dargestellt sind (siehe Grafik). Danach werden die Schüler von der zweiten Klasse an in die orthografischen Regeln eingeführt.

Ein Drittel verfehlt bei der Rechtschreibung die Regelstandards

Ob Viert- und Neuntklässler die Bildungsstandards in Rechtschreibung erreichen, wird im IQB-Ländervergleich getestet. Beim letzten Test im Jahr 2011 lag etwa ein Drittel der Schüler unter dem Niveau der Regelstandards – ebenso wie beim Test der Neuntklässler von 2015.

Ob die Schülerinnen und Schüler die Rechtschreibung vor Jahrzehnten besser beherrschten, lässt sich nach Auffassung des Mercator-Instituts nicht sicher sagen. So ergab 2006 ein Vergleich der Leistungen von 200 Kindern in Düsseldorfer Grundschulen mit Schülerleistungen von vor 20 und 40 Jahren, dass die Kinder sich nicht grundsätzlich verschlechtert haben. Eine andere Studie, in der Leistungen von 976 Kindern aus den Jahren 1972, 2002 und 2012 verglichen wurden, stellte hingegen eine deutliche Verschlechterung fest. Die Ergebnisse solcher Studien seien „mit Vorsicht zu interpretieren“, schreiben die Forscher. Schließlich müsse bei einem Vergleich von Schülerleistungen über Jahrzehnte hinweg „die Veränderung der Lebenswelt, des Unterrichts und der späteren Arbeitswelt berücksichtigt werden“. In der Schule werde heute mehr auf kreatives Schreiben Wert gelegt als auf Rechtschreibung – „auch wenn die gesellschaftlichen Erwartungen hierzu im Konflikt stehen“. - In einer früheren Version des Artikels hieß es, das Saarland sei das einzige Bundesland, in dem nach der umstrittenen Methode "Lesen durch Schreiben" unterrichtet werden soll. Dieser Darstellung, die dem "Faktencheck Rechtschreibung" des Mercator-Instituts der Universität Köln folgt, widerspricht das Bildungsministerium des Saarlandes. In keiner einzigen Schule werde so unterrichtet. Aus dem Mercator-Institut heißt es auf Anfrage, das Saarland habe seine didaktischen Vorgaben seit dem Erscheinen des "Faktenchecks" im August 2015 geändert und nenne die Methode "Lesen durch Schreiben" nun nicht mehr explizit.

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