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Im größten Biodiversitätsexperiment der Welt werden im Süden Chinas auf einer der 566 Versuchsflächen die Reaktionen der Bäume auf den Klimawandel beobachtet.

© Florian Schnabel

Bäume auf Sparflamme: Artenvielfalt schützt Wälder vor Klimaextremen

Waldbäume reagieren unterschiedlich auf Regen- oder Dürreperioden. Artenreiche Wälder sind langfristig produktiver.

Ökologisch orientierte Förster halten eine große Artenvielfalt im Wald schon lange für eine Versicherung gegen Probleme wie häufigere Dürre- oder Starkregenperioden durch den Klimawandel. Auch wenn das plausibel erscheint, waren Forschungsergebnisse dazu jedoch Mangelware.

Studien an Waldbäumen auf Versuchsflächen zeigen nun jedoch, dass artenreiche Wälder besser mit dem Klimawandel zurechtkommen dürften.

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Dürre wirkte lange nach

Kürzlich beobachtete ein Team um Florian Schnabel vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig und der Universität Leipzig, dass einige Baumarten mit Wetterextremen besser zurechtkommen und so Schwächen der anderen puffern können. Die Studie erschien in der Zeitschrift „Science Advances“.

Parallel erschien ein Fachartikel von Christiane Werner von der Universität in Freiburg und ihrem Team in der Zeitschrift „Science“. Die Forschenden haben die Reaktionen von Regenwald auf Trockenperioden untersucht, wie sie zum Beispiel im Amazonas-Gebiet auftreten. Die Beobachtungen fanden aber nicht in Südamerika statt, sondern auf einer von der Umwelt abgeschlossenen Versuchsanlage.

In der fast 2000 Quadratmeter großen „Biosphäre 2“ im US-Bundesstaat Arizona werden die dort wachsenden Pflanzen normalerweise mit einer Sprinkleranlage bewässert und erhalten pro Quadratmeter die für einen Tropenwald typischen Wassermengen von 1600 Litern im Jahr. Als die Sprinkler neuneinhalb Wochen lang abgestellt wurden, registrierte das Team um Werner sehr unterschiedliche Reaktionen der Bäume auf die Trockenheit.

In der Versuchsanlage „Biosphäre 2“ in Arizona können Forschende die Reaktionen eines tropischen Regenwaldes auf den Klimawandel untersuchen.
In der Versuchsanlage „Biosphäre 2“ in Arizona können Forschende die Reaktionen eines tropischen Regenwaldes auf den Klimawandel untersuchen.

© Laura K. Meredith

Besonders Bäume, über die normalerweise der größte Teil des Kohlenstoff- und Wasserkreislaufs im Regenwald läuft, reagierten empfindlich. Obwohl ihre Wurzeln das Grundwasser im Untergrund erreichten, stellten diese Bäume ihre Aktivitäten auf Sparflamme, als die obersten Bodenschichten begannen auszutrocknen. Das Grundwasser sparten sie sich anscheinend für noch schlechtere Zeiten in längeren Dürrephasen auf.

Die Pflanzen setzten in der künstlichen Dürre viel mehr biochemische Signalstoffe wie Isoprene und Monoterpene frei, die Stress anzeigen. Als die Dürre fortschritt, setzten die Bäume auch Hexanal frei, was ein Absterben der Blätter auslösen und den Wasserverbrauch damit weitgehend drosseln kann.

Die weniger empfindlich auf Dürren reagierenden Bäume änderten ihr Leben dagegen kaum. Sie konnten den massiv verminderten Umsatz der auf Sparflamme laufenden Gewächse aber bei weitem nicht ausgleichen: In der ersten Zeit nach dem Ausschalten der Sprinkler nahm die Biomasseproduktion um etwa die Hälfte ab. In der Endphase der Dürre lag die Produktivität bei etwa 20 Prozent. Der Regenwald hatte fast vier Fünftel seiner Kapazität als Kohlenstoffsenke und Bremser des Klimawandels eingebüßt.

Die Dürre wirkte auch nach: Noch einige Monate nach der Trockenheit erreichten die empfindlichen Bäume nicht ihr früheres Aktivitätslevel, weil sie deutlich weniger Wasser zu den Blättern transportieren konnten. Zudem hatten sie viele Blätter verloren und kaum neue gebildet. Noch lange nach der Dürre greift daher die Klimabremse Regenwald offenbar nicht mehr so gut wie vorher.

Versicherung gegen den Klimawandel

Auch iDiv-Forscher Florian Schnabel und sein Team zeigen, dass die Baumarten in Wäldern unterschiedlich gut mit Wetterextremen wie Trockenperioden oder anhaltenden heftigen Regenfällen umgehen können.

Dazu werteten die Wissenschaftler:innen Daten einer zehnjährigen Studie in den subtropischen Wäldern Chinas aus. In dem weltweit größten Biodiversitätsexperiment wurden auf 566 Versuchsflächen 40 verschiedene Baumarten gepflanzt. Die einzelnen Parzellen bestehen aus Mischwäldern mit bis zu 24 Baumarten und solchen mit nur wenigen Arten bis hin zu unterschiedlichen Monokulturen. Die artenreichen Wälder kommen besser mit Düren oder Dauerniederschlägen zurecht als die Gehölze mit nur sehr wenigen Arten oder die Monokulturen, fanden die Forschenden.

In Trockenperioden puffern einige Arten ähnlich wie beim Experiment in Arizona den Ausfall der anderen Arten ein Stück weit ab. Andere Arten stecken dagegen Starkniederschlagsperioden relativ gut weg und kompensieren dann Ausfälle.

Schnabel und sein Team beobachteten, dass die artenreichen Waldparzellen nach einem Jahrzehnt am produktivsten waren. Mischwälder sind demnach eine Art Versicherung gegen den Klimawandel, weil sie mehr Kohlendioxid aus der Luft holen und so dem Temperaturanstieg entgegenwirken.

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