zum Hauptinhalt
Aluminiumhaltige Deos sollte man dem BfR zufolge eher vermeiden.

© IMAGO

Antitranspiranzien: Angst vor Aluminium

Begünstigt das Metall Brustkrebs? Experten sind skeptisch – und raten dennoch dazu, schweißhemmende Deos mit Aluminiumsalzen sparsam einzusetzen.

Bloß nicht nach Schweiß stinken! Wie wichtig es den Deutschen ist, nach Möglichkeit gut zu riechen, zeigen die Umsatzzahlen des Industrieverbands Körperpflege- und Waschmittel. 748 Millionen Euro geben wir alle zusammen jedes Jahr für Deodorants aus. Hinter den Damen- und vor den Herrendüften nehmen sie damit den zweiten Platz in der Statistik ein.

„Deos“ – das ist allerdings ein Sammelbegriff. Darunter fallen einerseits die Roller, Sticks, Cremes und Sprays, die schweißzersetzende Bakterien abtöten und so die unerwünschte Geruchsbildung unter den Achseln verhindern. So funktionieren die klassischen Deodorants, von ihnen soll hier nicht die Rede sein. Es sind Mittel mit einer anderen Wirkweise, die seit einiger Zeit Ängste auslösen. Zwar werden auch sie meist als Deos bezeichnet. Doch ihr korrekter Name lautet „Antitranspiranzien“.

Solche Mittel gegen das Schwitzen setzen eine Stufe früher an. Sie bringen die Poren der Haut unter den Achseln dazu, sich zusammenziehen. Außerdem bildet sich dort ein eiweißhaltiges Gel, das zeitweise den Ausgang der Schweißkanäle blockiert. Das ist effektiv und praktisch, steht aber seit einiger Zeit in der Kritik. Denn die Antitranspiranzien erzielen ihre Wirkung durch verschiedene Aluminiumsalze. Diese sind wegen möglicher Gesundheitsgefahren ins Gerede gekommen. Als das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Ende November anlässlich seines Verbraucherschutzforums „Aluminium im Alltag. Ein gesundheitliches Risiko?“ Fragen von Bürgern sammelte und an die geladenen Experten weiterreichte, standen die aluhaltigen Antitranspiranzien weit oben auf der Liste.

Aluminium in Kosmetika schürt die Angst vor Brustkrebs und Alzheimer

Das Leichtmetall ist als dritthäufigstes Element der Erdkruste von jeher ein Begleiter des menschlichen Lebens und wird nur in geringen Mengen vom Körper aufgenommen. Erst im Industriezeitalter hat es einen wirklichen Siegeszug angetreten und ist nun in den unterschiedlichsten Alltagsprodukten vertreten, von der Alufolie über das Espressokännchen bis hin zu Impfstoffen. Was seine Präsenz in Kosmetika anbelangt, so ist es die Angst vor zwei großen Volksleiden, die sich in den Anfragen der Bürger niederschlägt: Brustkrebs und Alzheimer.

Die Biologin Philippa Darbre von der Universität Reading in Großbritannien, die mit Untersuchungen zu den konservierenden Parabenen in Kosmetika Aufsehen erregte, warnt seit Jahren, Unter-Arm-Kosmetika könnten womöglich durch Wechselbeziehungen mit weiblichen Geschlechtshormonen, den Östrogenen, zur Veränderung von Zellen des Brustgewebes und so zur Entstehung von Brustkrebs beitragen. Beim Verbraucherschutzforum in Berlin wies sie darauf hin, dass Tumoren im äußeren oberen Viertel der Brust, also in Achselnähe, besonders häufig sind.

Tatsächlich fanden Forscher in einigen Studien bei erkrankten Frauen einen höheren Gehalt an Aluminium im Brustgewebe und in den Flüssigkeitsabsonderungen aus der Brustdrüse. Allerdings ist ein ursächlicher Zusammenhang damit nicht bewiesen, schließlich könnte die Konzentration des Leichtmetalls auch eine Folge und nicht die Ursache der Erkrankung sein. In Tierstudien verursachten jedenfalls selbst hohe Dosen von bis zu 850 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht keinen Krebs. Eine französische Arbeitsgruppe kam im Jahr 2008 nach der Analyse der bisher vorliegenden Untersuchungen zu dem Schluss, dass die Antitranspiranzien kein Risikofaktor für Brustkrebs sind. Trotz der intensiven Forschungen der Australierin Judie Walton und des Briten Chris Exley konnte auch für Erkrankungen des Gehirns kein Zusammenhang mit der Aufnahme von Alusalzen nachgewiesen werden.

In welchem Umfang Aluminium über die Haut in den Körper gelangt, ist nicht sicher

Was bisher fehlt, aber dringend gebraucht wird, sind sichere Daten zu der Frage, in welchem Umfang Aluminium über die Haut in den Organismus gelangt, sagte der BfR-Präsident Andreas Hensel auf der Tagung. Dagmar Bury vom Industriekonsortium Cosmetics Europe kündigte eine aufwendige Studie dazu an.

In einer ausführlichen Stellungnahme aus dem vergangenen Jahr ziehen die Experten vom BfR vorsichtshalber ins Kalkül, dass die Aufnahme über die Haut sich zu der über das Essen und Trinken addiert. Ein Teil der Bevölkerung schöpfe wahrscheinlich die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) festgesetzte wöchentliche Aufnahmemenge (tolerable weekly intake, TWI) von einem Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht allein durch Lebensmittel schon aus, schreibt das BfR. Der TWI-Wert wurde vorsichtig ermittelt und hält bewusst große Distanz zu der Höchstdosis, die im Tierversuch aufgenommen werden konnte, ohne Schäden zu verursachen. Dass dieser Sicherheitsabstand möglicherweise von vielen Konsumenten nicht eingehalten wird, ist also noch kein wirklicher Grund zur Beunruhigung.

Zwei Deos für den Alltag

Die Tatsache könnte aber ein Grund sein, pragmatische Lösungen für den Alltag anzustreben, zumindest solange die Wissenschaft so wenige Erkenntnisse zu Kosmetika und Aluminium bietet. Das BfR empfiehlt deshalb, auf aluminiumhaltige Mittel zu verzichten, wenn man sich direkt zuvor unter den Achseln rasiert und die Haut eventuell kleine Wunden davongetragen hat, die sich als Eintrittspforten eignen. Es könnte also empfehlenswert sein, sich zwei verschiedene Mittel ins Badezimmer zu stellen. Und dann von Fall zu Fall zu überlegen, ob an ruhigeren Tagen ein Deo ausreicht, das zwar den Schweiß nicht hemmt, aber die Geruchsbildung verhindert. Allerdings muss man dafür oft das Kleingedruckte auf der Verpackung lesen und die Liste der Inhaltsstoffe durchgehen: Je mehr Aluminiumchlorohydrat das Produkt enthält, desto weiter oben taucht es auf der Liste der Inhaltsstoffe auf.

Kosmetika bilden immerhin eine Stellschraube, an der jeder und jede selbst drehen kann. Bei Lebensmitteln kann das ganz anders aussehen. Ein Beispiel sind die Laugenbrezen, die in der Liste der Verbraucheranfragen an das BfR vor der Tagung ganz oben standen. Schon lange ist bekannt, dass sie nicht auf Aluminiumblechen in die Natronlauge getaucht werden sollten. Ob eine (Groß-)Bäckerei es im Einzelfall trotzdem tut, kann der Kunde dem appetitanregenden und vor allem bei Kindern beliebten Backwerk nicht ansehen. Viel Aluminium ist es zwar nicht, das auf diese Weise vom Blech auf die Breze übergeht. Doch es handelt sich um ein unnötiges, vermeidbares Risiko.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false