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Abgestorbene Bäume in einem Nadelwald

© Prof. Rupert Seidl/TUM

Erhebung zum globalen Waldzustand: Alte und große Waldbäume schwinden

Viele Einflüsse bedrohen den Zustand der Wälder weltweit. Ein großes Forscherteam skizziert nun, wie die Zukunft der Waldgebiete aussieht.

Wälder bestehen zunehmend aus jungen und kleinen Bäumen: Dieser globale Trend der vergangenen Jahrzehnte wird sich nach Ansicht eines internationalen Forscherteams in Zukunft fortsetzen.

Verantwortlich dafür sind neben Abholzungen vor allem steigende Temperaturen, zunehmende Trockenheit, Waldbrände und der Befall durch Insekten und Pilze. Das schreiben Forscher um Nate McDowell vom Pacific Northwest National Laboratory in Richland in den USA nach einer globalen Bestandsaufnahme im Fachmagazin „Science“.

„Wir müssen davon ausgehen, dass das großflächige Absterben von Wäldern weitergehen wird“, sagt Ko-Autor Rupert Seidl von der Technischen Universität München (TUM). „Die Wälder der Zukunft werden von kleineren und jüngeren Bäumen geprägt sein.“

Satellitenaufnahmen und Fachliteratur

Wie empfindlich Wälder auf Klimaextreme reagieren können, zeigten in Deutschland die beiden trockenen Hitzesommer 2018 und 2019. In diesen Jahren starben in Deutschland mehr als 2000 Quadratkilometer Wald ab. Das entspricht fast der Fläche des Saarlands. In Sibirien, Alaska, Australien und im Amazonasgebiet zerstörten im vergangenen Jahr Brände riesige Waldgebiete.

Für die aktuelle Übersichtsarbeit werteten rund zwei Dutzend Forscher Satellitenaufnahmen aus und sichteten die Fachliteratur, „um das vorhandene Wissen zu dem Thema zusammenzutragen“, erläutert Seidl, Experte für Waldbau und die Dynamik von Ökosystemen. „Über die letzten 100 Jahre sind die alten Wälder global deutlich zurückgegangen.“

Waren um das Jahr 1900 noch etwa 11 Prozent der weltweiten Waldfläche unter 140 Jahre alt, stieg der Anteil bis 2015 auf ein Drittel: durch Abholzung ganzer Waldgebiete und verstärkten Holzeinschlag, aber auch durch Stürme und Brände. Das gilt insbesondere für Tropenwälder, doch auch für Wälder gemäßigter Breiten wie in Mitteleuropa oder für den Mittelmeerraum beschreiben die Autoren diese Tendenz.

Damit einher geht die Entwicklung zu kleineren und jüngeren Bäumen, auch weil große Bäume für Störfaktoren wie Trockenheit, Sturm und Schädlingsbefall anfälliger sind als junge. „Dieser Trend wird sich mit der globalen Erwärmung wahrscheinlich fortsetzen“, wird Erstautor McDowell in einer Mitteilung seiner Institution zitiert. „Ein künftiger Planet mit weniger großen, alten Wäldern wird sich sehr davon unterscheiden, woran wir gewöhnt sind. Ältere Wälder beherbergen oft eine viel höhere Artenvielfalt als jüngere Wälder und lagern mehr Kohlenstoff ein.“

Trockenheit, Waldbrände, Windbruch und Schädlingsbefall

Zwar sehen die Forscher auch positive Tendenzen. So führten etwa in Mitteleuropa die kürzeren Winter dazu, dass Bäume vielerorts früher Blätter austrieben und auch im Herbst eine längere Vegetationsperiode hätten. Zudem fördere die zunehmende Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre, die den Klimawandel antreibt, das Baumwachstum. Das gelte jedoch nur, so lange genügend Wasser und Nährstoffe vorhanden seien. Bei Trockenheit schließen Bäume die Spaltöffnungen ihrer Blätter und nehmen kein Kohlendioxid mehr auf.

Während der höhere Kohlendioxid-Gehalt der Luft mancherorts also mitunter positive Folgen haben kann, sehen die Forscher den Einfluss der meisten anderen Einflussfaktoren wie Trockenheit, Waldbrände, Windbruch oder Schädlingsbefall mit großer Sorge. Auch die veränderte Landnutzung durch den Menschen gehe zu Lasten alter Wälder und großer Bäume. Hinweise auf verstärkte Landnutzung sieht Seidl auch in manchen Gebieten Mitteleuropas, etwa in der Slowakei und Polen. In Deutschland sei die Waldbewirtschaftung in den letzten Jahrzehnten dagegen deutlich pfleglicher geworden.

Dennoch betont Seidl: „Deutschland liegt bei vielen Entwicklungen im weltweiten Trend. Wir beobachten auf allen Kontinenten ein verstärktes Absterben von Bäumen. Das ist ein globales Phänomen.“

Die Befunde der Forschergruppe passen zu der im April veröffentlichten bundesweiten Waldzustandserhebung 2019. Demnach sank der Zustand der vier häufigsten Baumarten Buche, Eiche, Fichte und Kiefer auf den schlechtesten Stand seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1984. Ursachen sind vor allem Trockenheit und Schädlingsbefall. (dpa)

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