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Zu hohe Inkasso-Gebühren: Verbraucher klagen erfolgreich gegen Otto-Tochter EOS

Das Inkasso-Unternehmen hat zu Unrecht zu hohe Gebühren erhoben, wie ein Gericht am Donnerstag entschied. 700 Verbraucher hatten geklagt. EOS gehört zu den größten Händlern mit faulen Krediten in Europa.

| Update:

Die Inkasso-Tochter der Otto Group EOS hat Verbrauchern Inkassogebühren in Rechnung gestellt, die das Unternehmen nicht verlangen darf. Das hat das Hanseatische Oberlandesgericht am Donnerstag entschieden.

In dem Urteil ging es konkret um die Honorarvereinbarungen zwischen zwei Schwesterunternehmen von EOS. Es ist laut dem Gericht nicht zulässig, zusätzliche Gebühren dafür zu erheben, dass das eigene Schwesterunternehmen beauftragt wird. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der Bundesverband der Verbraucherschützer vzbv hatte in der Klage im Namen von knapp 700 Menschen die Geschäftspraktik der Inkasso-Tochter EOS der Hamburger Otto-Konzerns kritisiert, dass offene Forderungen von einem EOS-Unternehmen an ein anderes EOS-Unternehmen abgetreten wurden. Dafür wurden Verbraucher*innen zusätzliche Gebühren in Rechnungen gestellt.

Zur Verhandlung über die grundsätzliche Frage, ob es zulässig sei, Gebühren dafür zu erheben, wenn ein eigenes Schwesterunternehmen beauftragt wird, kam es in diesem Urteil nicht.

EOS kündigte an, in Revision gehen zu wollen. Wegen „grundsätzlicher Bedeutung der Sache“ lässt das Hanseatische Oberlandesgericht Revision zu, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts.

Sollte EOS in Revision gehen, würde der Bundesgerichtshof entscheiden - und könnte auch darüber verhandeln, ob es grundsätzlich zulässig ist, Gebühren für die Beauftragung eines Schwesterunternehmens zu erheben. Eine frühere Presseinformation des Gerichts hatte zunächst nahegelegt, dass sich das OLG bereits mit dieser Frage beschäftigt hatte. Dem ist nicht so.

Ein solches Grundsatzurteil wäre wegweisend für die Branche. Es würde bedeuten, dass keine Inkassogebühren erhoben werden dürfen, wenn Forderungen innerhalb des Unternehmens weitergereicht werden. Für Verbraucher*innen, die nicht zahlen können, bedeutet das oft hohe Gebühren.

Kauf, Verwaltung und Eintreiben von faulen Krediten ist zu einem gigantischen internationalen Geschäft geworden - auch die Otto Group profitiert. Wie das System funktioniert und was es mit der Musterklage gegen EOS zu tun hat, können Sie hier lesen.

Zahlreiche Verbraucher in Deutschland betroffen

Der Gerichtsentscheid betrifft viele Menschen, denn nicht bezahlte Schulden werden häufig mehrfach weiterverkauft – von Banken oder Firmen an spezialisierte Inkassounternehmen, die Forderungen eintreiben. Dabei funktionieren Schulden letztlich als spekulatives Investment. Wie das funktioniert, erklären wir hier.

Der Sektor Finanzdienstleistungen der Otto-Gruppe, zu dem EOS gehört, machte zuletzt einen Jahresumsatz von über 980 Millionen Euro. Das Unternehmen ist in 24 Ländern aktiv. Es kauft dabei offene Forderungen aus Konsumentenkrediten, beispielsweise für Fernseher oder Handyverträge, aber auch Hypotheken.

Zusätzliche Kosten nur zulässig, wenn sie wirklich anfallen

Bei der so genannten „Musterfeststellungsklage” warfen die Schuldner EOS vor, unberechtigterweise zusätzliche Gebühren zu erzeugen. „Die EOS Investment GmbH hat ihr Schwesterunternehmen EOS Deutscher Inkasso-Dienst GmbH damit beauftragt, ihre Forderungen einzutreiben”, sagte Ramona Pop, Vorständin des vzbv, wenige Tage vor dem Urteil. „Die EOS Investment GmbH wird also nicht selbst aktiv, sondern lässt für sich arbeiten.” Dadurch erzeuge die Firma interne Kosten – zum Nachteil der Verbraucher*innen.

Konkret verhandelte das Gericht die Frage anhand von 15 der knapp 700 Fälle. Diese Verbraucher*innen müssen die von EOS gefordeten Inkassokosten nicht zahlen. Denn, so das Gericht, seien zwar Inkassokosten zulässig. „Allerdings gilt dies nur, wenn diese Kosten beim Gläubiger im konkreten Fall auch tatsächlich anfallen und damit einen echten Vermögensnachteil darstellen.“ Das sei nach Auffassung des Gerichts hier nicht der Fall.

Diese Geschäftspraktik gilt in der Inkassobranche als üblich und kann zu sehr hohen zusätzlichen Kosten führen, die auf nicht bezahlte Schulden aufgeschlagen werden. Daher könnte das Urteil von wegweisender Bedeutung sein.

EOS kündigt Revision an

EOS hingegen hielt die Klage für unbegründet und kündigte am späten Donnerstagvormittag Revision an. „EOS hält die Entscheidung für falsch und wird dagegen Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) einlegen”, heißt es in der Pressemitteilung. „Bei der Bearbeitung dieser Forderungen sind Kosten entstanden, die nach unserem Rechtsverständnis der säumige Zahler zu tragen hat”, sagte EOS’ Head of Legal Hendrik Aßmus. Das Urteil verstoße „gegen wesentliche Grundprinzipien des deutschen Schadenersatzrechts”.

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