zum Hauptinhalt
Gerade im Handwerk verschärft sich die Arbeitskräfteknappheit.

© imago images/Rupert Oberhäuser

„Wirtschaftsabschwung hat sich festgesetzt“: Konjunkturflaute erreicht Arbeitsmarkt

Die Folgen der Energiekrise zeigen sich zunehmend auch am Arbeitsmarkt – auch wenn sich dieser vergleichsweise gut hält. Besondere Sorge bereitet die Situation der Langzeitarbeitslosen.

Der Lage am Arbeitsmarkt wird durch die anhaltend schwache Konjunktur in den kommenden Monaten ungünstiger. Nach der am Freitag in Nürnberg vorgestellten Herbstprognose des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wird die Zahl der Arbeitslosen trotz Fachkräfte- und Arbeitskräfteengpass um 190.000 in diesem und 60.000 Personen im kommenden Jahre zunehmen.

„Der Wirtschaftsabschwung hat sich in Deutschland festgesetzt“, sagt IAB-Ökonom Enzo Weber. Das zeige sich auch am Arbeitsmarkt. Die Zahl der sozialversichert Beschäftigten soll mit 250.000 Personen dieses Jahr nur noch um die Hälfte im Vergleich zum vergangenen Jahr wachsen. Für 2024 ergibt sich laut Prognose ein noch schwächeres Wachstum um nur noch 130.000 auf insgesamt 34,9 Millionen Personen.

Gemessen an der schwachen Konjunktur hält sich der Arbeitsmarkt vergleichsweise gut.

Enzo Weber, Leiter Prognosen am IAB

Das liegt zum einen daran, dass durch die hohen Energiepreise weniger produziert wird, wodurch weniger Arbeitskräfte benötigt, aber auch weniger neue Stellen geschaffen werden. Zum anderen dämpft die nur langsam zurückgehende Inflation auch bei den Dienstleistungen den Zuwachs an Beschäftigung.

Zudem werden viele Ukrainerinnen und Ukrainer, die derzeit noch in Integrationskursen sind und nicht als arbeitslos gelten, bald auf Jobsuche gehen.

Grund zur Panik sehen die Forschenden allerdings nicht. „Gemessen an der schwachen Konjunktur hält sich der Arbeitsmarkt vergleichsweise gut“, sagt Weber. Seit der Finanzkrise 2009 könne der Arbeitsmarkt zum einen robuster auf konjunkturelle Schwankungen reagieren. Das ist vor allem auf das Instrument Kurzarbeit zurückzuführen.

Kein Grund zur Entwarnung

Für einen nur kurzfristigen Dämpfer beim Beschäftigungszuwachs spricht laut IAB außerdem der hohe Arbeitskräftebedarf. Angesichts der Arbeitskräfteknappheit versuchen viele Betriebe ihre Mitarbeitenden auch in Schwächephasen wie Corona-Pandemie oder Ukrainekrieg zu halten.

Grund zur Entwarnung sehen die Arbeitsmarktexperten allerdings nicht. Der Arbeitskräfteknappheits-Index des IAB hat trotz des Wirtschaftsabschwungs nur leicht nachgegeben.

„Die Jobchancen von Arbeitslosen waren mit Pandemiebeginn eingeknickt, und haben sich seither nicht wieder erholt“, sagt Weber. Die Langzeitarbeitslosigkeit liege daher trotz des hohen Arbeitskräftebedarfs deutlich über dem Vor-Corona-Niveau. Es brauche daher mehr Qualifikation und Investition.

Zudem steht der Arbeitsmarkt angesichts der Verrentung der Babyboomer vor einer tiefgreifenden Transformation. Dafür braucht es laut Weber ein „expansives Transformationsprogramm“. Dabei gehe es etwa um Fachkräftesicherung, aber auch um Themen wie Investitionsförderung und Infrastruktur.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false