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Peter Altmaier sieht die deutsche Wirtschaft auf einem guten Weg.

© REUTERS

Wirtschaft soll wieder stärker wachsen: Das "trügerische Bild" des Peter Altmaier

Überraschend rechnet der Wirtschaftsminister mit einem BIP-Zuwachs um 1,1 Prozent. Wirtschaftsverbände teilen die positive Sichtweise der Regierung nicht.

Nach der konjunkturellen Schwächephase im vergangenen Jahr erwartet die Bundesregierung beim Wirtschaftswachstum nun wieder einen Aufwärtstrend. Für 2020 rechnet sie mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,1 Prozent, wie aus dem am Mittwoch veröffentlichten Jahreswirtschaftsbericht hervorgeht. Bislang war die Bundesregierung von 1,0 Prozent ausgegangen.

"Die Wirtschaft wird sich in diesem Jahr besser entwickeln als noch im letzten Jahr erwartet", erklärte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). "Die Aussichten haben sich aufgehellt."

Im vergangenen Jahr war die deutsche Wirtschaft zwar das zehnte Jahr in Folge gewachsen. Allerdings war das BIP-Wachstum angesichts der internationalen Handelskonflikte, einer weltweit nachlassenden Nachfrage nach Waren aus Deutschland und der rückläufigen Produktion bei den Autobauern mit nur 0,6 Prozent deutlich schwächer ausgefallen als in den Jahren zuvor. 2018 hatte das BIP-Wachstum noch bei 1,5 Prozent gelegen, 2017 gar bei 2,5 Prozent.

Zahl der Beschäftigten soll steigen

Für 2020 erwartet die Bundesregierung nun, dass die Wirtschaft wieder etwas an Fahrt aufnimmt. Die Arbeitslosenquote bleibt demnach voraussichtlich stabil bei 5,0 Prozent, die Zahl der Beschäftigten steigt weiter auf 45,4 Millionen.

"In der Folge nehmen auch die privaten Einkommen weiter spürbar zu", erklärte das Wirtschaftsministerium. "Hinzu kommen steigende Löhne sowie staatliche Entlastungen im Bereich der Sozialversicherungen und der Einkommensteuer." Dies wiederum stütze die Binnenwirtschaft, "die derzeit stärkste Auftriebskraft der Konjunktur". Bereits 2019 war der Konsum neben dem boomenden Baugewerbe die tragende Säule des Wirtschaftswachstums gewesen.

"Fragil" - also mit Risiken behaftet - bleibt dem Jahreswirtschaftsbericht zufolge aber auch weiterhin das weltwirtschaftliche Umfeld. Außerdem bedeuten die digitale Transformation und die alternde Gesellschaft "große Herausforderungen". Hierbei will die Bundesregierung einerseits auf bessere Qualifizierungsmöglichkeiten und zum anderen auf das Fachkräfteeinwanderungsgesetz setzen, das den rechtlichen Rahmen für die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland verbessern soll.

Keine Euphorie bei den Unternehmen

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erklärte, bei den Unternehmen selbst herrsche "noch keine Aufschwungseuphorie". "Die Zölle zwischen den USA und China bestehen weiterhin, mögliche US-Zölle auf Autos sind nicht vom Tisch und der Brexit mit derzeit noch ungewissem Ausgang wird zur Realität", gab DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben zu bedenken. "Das alles hat direkte Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft, wo rund jeder vierte Arbeitsplatz vom Export abhängt."

Mittelstandspräsident Mario Ohoven mahnte, der Jahreswirtschaftsbericht zeichne "ein trügerisches Bild", große Teile der Industrie seien bereits von der Rezession erfasst. "Entscheidend ist jetzt, dass der Mittelstand endlich entlastet wird", forderte er. "Als erster Schritt gehört der Solidaritätszuschlag sofort und für alle abgeschafft. Zudem sollten die Unternehmenssteuern auf mindestens 25 Prozent gesenkt werden."

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Joachim Lang, kritisierte, viele Probleme seien nicht konjunktureller, sondern struktureller Natur. Die Energiewende drohe auch an langen Genehmigungsverfahren zu scheitern. Dabei würden Energiekosten und Steuern immer wichtigere Wettbewerbsfaktoren. Nötig seien über einen längeren Zeitraum hin verlässliche Investitionen in Energie-, Telekommunikations- und Verkehrsnetze. (AFP)

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