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Die aktuellen Wirtschaftsdaten des Ruhgebiets sind vergleichsweise schlecht. Doch die Forscher sehen gute Voraussetzungen dafür, dass sich das ändert.

© Bernd Thissen/dpa

IW-Studie: Wenn selbst das Ruhrgebiet strukturstärker ist als Berlin

Eine Studie vergleicht die Hauptstadtregion und die Ruhr-Region mit anderen Wirtschaftszentren des Landes. Das Fazit fällt für Berlin-Brandenburg nicht gut aus.

Zumindest in einer Hinsicht ist Berlin Spitze: Der Anteil von hochqualifizierten Beschäftigten ist in keiner anderen Wirtschaftsregion in Deutschland höher. Das besagt eine Studie, die das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) aus Köln mit dem Ruhr-Forschungsinstitut für Innovations- und Strukturpolitik am Donnerstag vorgestellt hat.

Sie vergleicht die Regionen Berlin-Brandenburg, Frankfurt-Wiesbaden, Hamburg, München, Rhein-Neckar (Mannheim), Rhein-Region (Köln) und Stuttgart mit der Ruhr- Region. Zu dieser zählen die Forscher Dortmund, Essen, Duisburg, Bochum und Gelsenkirchen. Aus Berliner Sicht wird deutlich, dass viele Hochqualifizierte allein keine florierende Wirtschaft bringen.

Wenige MINT-Absolventen in Berlin

Mit Blick auf die Forschungslandschaft fällt die flächendeckende Versorgung in der Ruhr-Region ins Auge. Auf 100 Quadratkilometer kommen dort im Schnitt 0,81 Hochschulen und 1,87 wissenschaftliche Einrichtungen. Das ist der Höchstwert aller betrachteten Regionen; Berlin-Brandenburg liegt mit 0,05 und 0,88 leicht unter dem Durchschnitt.

Bei der Anzahl der für die Industrie wichtigen MINT-Studienbereiche liegen sowohl die Hauptstadtregion als auch Dortmund und Co. mit 96 und 99 unter dem Schnitt. Vorreiter ist die Rhein-Region mit 140 MINT-Studienbereichen. Bei den Absolventen in diesen Fächern liegt Berlin auf dem vorletzten Platz der betrachteten Gebiete. Insgesamt ist der Anteil von Studierenden in der Ruhr-Region am höchsten. Auf 1000 Einwohner kommen hier 49 Studierende. In Berlin-Brandenburg sind es rund 39.

Mit einer gezielten Kampagne will die Ruhr-Region Arbeitskräfte aus Berlin anlocken.

© Regionalverband Ruhr

Wie wirtschaftsschwach beide Regionen aktuell sind, zeigt ein Blick auf das Bruttoinlandsprodukt. Mit 32.044 Euro liegt die Ruhr-Region abgeschlagen auf dem letzten Platz, Berlin ist mit 34.602 kaum besser. Der Schnitt liegt bei fast 43.000. Entsprechend gering ist die Kaufkraft. Eine mögliche Erklärung ist die Tatsache, dass die wissensintensiven Dienstleistungen noch immer anderswo sitzen. Während deren Anteil aller Beschäftigten in den Automobil-Hochburgen München und Stuttgart rund 35 Prozent beträgt, belegen Berlin-Brandenburg und die Ruhr-Region mit rund 27 Prozent die letzten Plätze.

Berliner Wirtschaft hat Dynamik

Wie groß der strukturelle Rückstand gegenüber Süddeutschland ist, zeigen folgende Zahlen: Auf 1000 Vollzeitstellen kommen in München rund 17 Forschungsjobs, in Stuttgart sogar 28 – in Berlin sind es sechs, in der Ruhr-Region nur vier. Und während in Stuttgart pro 100.000 Beschäftigten 361 Patente angemeldet wurden (München: 222), waren es in Berlin-Brandenburg 53.

Auch bei High-Tech-Gründungen liegt die bayerische Landeshauptstadt vor Berlin, die Ruhr-Region ist weit abgeschlagen. Hoffnung für Berlin macht die Dynamik der Wirtschaft. Der Saldo aus Gewerbe An- und Abmeldungen ist positiv und liegt deutlich über dem Durchschnitt. Anders sieht es an der Ruhr aus. Als einzige Region ist der Saldo hier negativ.

Die Studienautoren – beauftragt vom Regionalverband Ruhr – bescheinigen dem Gebiet gute Perspektiven. „Gerade in Zukunftsfeldern wie Künstlicher Intelligenz, Industrie 4.0 oder IT-Sicherheit forschen die Institute der Metropole Ruhr an vorderster Front“, kommentieren sie. Der Regionalverband Ruhr nutzt die Studie zur weiteren Image-Werbung - und greift Berlin im Wettbewerb um Fachkräfte sogar direkt an. In Berlin fuhren gestern Lkw umher, die mit Werbeflächen dafür warben, in die Ruhr-Region zu ziehen. Im Grunde zeigt die Studie aber vor allem eines: Beide Regionen haben noch einen weiten Weg vor sich.

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