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So sieht es derzeit bei vielen Arbeitnehmern aus, die im Homeoffice sitzen.

© dpa

Weltrisikobericht warnt vor digitaler Ungleichheit: Spaltet die Digitalisierung die Gesellschaft?

Homeoffice und Onlineshopping boomen in der Pandemie. Doch längst nicht jeder profitiert von diesem Trend. Das Weltwirtschaftsforum fürchtet: Es entsteht eine verlorene Generation.

Von Carla Neuhaus

Ohne Digitalisierung geht in dieser Krise wenig. Mehr Menschen arbeiten im Homeoffice, Konferenzen finden per Video statt, mit den Kollegen unterhält man sich im Chat. Doch was als Fortschritt gepriesen wird, ist für die Gesellschaft durchaus auch ein Risiko. Vor einer sozialen Spaltung warnt jetzt das Weltwirtschaftsforum. Im Vorfeld des Treffens der Weltelite, das in diesem Jahr zunächst rein virtuell stattfindet, fragen die Veranstalter regelmäßig Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, worin sie derzeit eine Bedrohung der Welt sehen. Dass sie dabei in diesem Jahr Infektionskrankheiten nennen, ist wenig verwunderlich. Doch für ein ebenso großes Risiko halten sie die „digitale Ungleichheit“.

Denn während die einen vom Zugang zu Laptop und Internet profitieren, bleiben die anderen außen vor – sei es, weil ihnen das Geld für iPad oder Computer fehlt oder sie einen Job haben, der sich nicht ins Homeoffice verlagern lässt. „Wenn es um den Zugang zu Technologien und um digitale Fähigkeiten geht, besteht die Gefahr, dass sich die Kluft zwischen den ‚Begünstigten‘ und den ‚Benachteiligten‘ vergrößert“, heißt es im Weltrisikobericht.  

Sorgen machen sich die Experten dabei vor allem um den Nachwuchs. Junge Menschen seien nun schon mit der zweiten globalen Krise innerhalb einer Generation konfrontiert, so dass sie „womöglich im nächsten Jahrzehnt keinerlei Chancen geboten bekommen“. Vor einer „Desillusionierung der Jugend“ warnt das Weltwirtschaftsforum deshalb. Auch für eine Gesellschaft hat es Folgen, wenn den jungen Menschen die Perspektiven fehlen: „Hart erkämpfte gesellschaftliche Errungenschaften könnten zunichte gemacht werden, wenn die jetzige Generation keinen adäquaten Zugang zu Zukunftschancen findet.“

Der soziale Zusammenhalt wird auf die Probe gestellt

Auch könnten sie das Vertrauen in Wirtschaft und Politik verlieren. „Die digitale Spaltung und eine zukünftige ‚verlorene Generation‘ werden wahrscheinlich den sozialen Zusammenhalt innerhalb der Landesgrenzen auf die Probe stellen“, warnt das Weltwirtschaftsforum.

Verstärkt wird das der Analyse zufolge, weil auch noch gesundheitliche und wirtschaftliche Ungleichheiten dazu kämen. So können gerade Arbeitnehmer in schlecht bezahlten Jobs nicht zu Hause bleiben, sitzen stattdessen täglich an der Supermarktkasse oder pflegen Corona-Infizierte im Krankenhaus. „Milliarden von Pflegern, Arbeitern und Studenten - insbesondere Minderheiten, die vor der Pandemie benachteiligt waren - laufen jetzt Gefahr, den Anschluss an die neuen und gerechteren Gesellschaften zu verlieren, die sich nach der Erholung auftun könnten“, heißt es im Risikobericht.

Zumal die schnellere Digitalisierung auch Folgen für all jene haben könnte, die heute einen vermeintlich sicheren Job haben. Zwar rechnen die Experten damit, dass durch die digitale Transformation in den nächsten fünf Jahren weltweit fast 100 Millionen neue Jobs entstehen. Gleichzeitig könnten im Gegenzug aber 85 Millionen Arbeitsplätze wegfallen. Dabei dürften viele auf der Strecke bleiben, deren Jobs aufgrund der Digitalisierung abgebaut wird. Schließlich kann man einen Verwaltungsangestellten schlecht zum Programmierer umschulen. Peter Giger von Zurich Insurance Group, die am Risikobericht mitgearbeitet hat, sagt: „Da 60 Prozent der Erwachsenen immer noch keine digitalen Grundkenntnisse haben, besteht die Gefahr, dass bestehende Ungleichheiten vertieft werden.“

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