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Viele Karten sind in diesem Jahr weiß-blau.

© Marie Rövekamp

Weihnachtskarten von Firmen: Was man zwischen den Zeilen lesen kann

Firmen und Verbände haben auch in diesem Jahr Unmengen an Weihnachtskarten verschickt. Wir haben unseren Stapel nochmal genauer angeschaut

Not macht erfinderisch. Und Albert Einstein geht immer. Das sind nur zwei von vielen Erkenntnissen der Weihnachtskarten-Saison 2016. Während Privatleute immer seltener klassische Festtagsgrüße per Briefpost an die Lieben verschicken, halten Unternehmen und Wirtschaftsverbände an dieser Tradition ungebrochen fest. Ein gedruckter Gruß zum Jahresabschluss, ein pfiffiges Motiv ergänzt um ein paar handschriftliche Worte sind ein probates Mittel, sich bei Kunden oder Geschäftspartnern positiv in Erinnerung zu rufen.

Auch im Wirtschaftsressort des Tagesspiegels sind im Dezember Dutzende Grußkarten angekommen (und die Kollegen haben sich über jede einzelne gefreut!). Hier eine Auswahl an Ideen – zur Nachahmung (oder Abschreckung) für 2017 empfohlen:

Es fällt auf, dass Institutionen, die sich mit der Energiewende befassen, häufig besonders erfinderisch sind – und die Grußempfänger zum Mitmachen einladen. So hat die staatlich geförderte Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) eine Karte verschickt, in der Sonne, Sterne und ein Windrad eingestanzt sind. Eine Anleitung war dabei: „Karte zweifach nach innen falten, Teelicht hinein und entzünden, Stille genießen“, heißt es – gleich neben dem Hinweis, dass die Karte auf „100 Prozent Recyclingpapier“ gedruckt ist. Die Berliner Energieagentur forderte noch mehr Einsatz: In der Karte fand sich ein Foto mit fünf Mikado-Stäbchen. Man solle die richtige Reihenfolge, in denen man diese aufheben müsste, ohne dass alles wackelt, in beiliegende Karte eintragen und zurück an den Absender schicken. Rätselhaft.

Philosophische Redewendungen

Früher hätte man selbstverständlich „Gottes Segen“ oder dergleichen zu Christi Geburt gewünscht. Heute sind religiöse Verweise offenbar tabu – selbst beim Wirtschaftsrat Deutschland der Christlich Demokratischen Partei. Der verschickte lieber einen Spruch des Agnostikers und theoretischen Physikers Albert Einstein (1879-1955): „Der Fortschritt geschieht heute so schnell, dass, während jemand eine Sache für gänzlich undurchführbar erklärt, er von einem anderen unterbrochen wird, der sie schon realisiert hat“. Worauf genau der Rat da anspielt, bleibt sein Geheimnis. Der Verband der Familienunternehmer zitiert Einstein einfach: „Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt“.

Wie eine Weihnachtskarte aussehen sollte, weiß „Benehmensberaterin“ Marlies Smits aus Großhansdorf bei Hamburg. Die Karte sollte in einem Umschlag stecken und nicht lose im Briefkasten liegen. Daran haben sich alle gehalten. Nächste Regel: Der Druck sollte hochwertig sein. „Das ist ein Muss, wenn die Karte Stil haben soll“, sagt Smits.

Das hat auch der Verband der Chemischen Industrie (VCI) beherzigt. Dessen Karte mit Tannenbaummotiv fühlt sich an, als sei sie mit besonders komplexen Molekülen beschichtet worden. Für die persönliche Note sollte neben dem Standardtext Platz für ein, zwei handgeschriebene Sätze samt Unterschrift sein, rät die Expertin. Auch daran haben sich fast alle Firmen und Institutionen gehalten.

Motive sind in Weiß und Blau gehalten

Viele Motive sind in Weiß und Blau gehalten. Und bei manchen Illustrationen erkennt man den Bezug zum Absender erst auf den zweiten Blick. So hat der Pharmakonzern Pfizer eine Karte verschickt, auf der die Silhouette Berliner Bauten mit weißen Punkten gezeichnet ist. Sind es Pillen? In diesem Sinne setzt Bosch den Weihnachtsmann in ein Auto, auf dem Weg in „Santa’s Smart Home“. Der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands hält es sehr klassisch, weiße Karte, „Frohe Weihnachten“ auf mehreren Sprachen (auch das rät die Expertin).

Die Verbraucherzentrale Berlin mag es verspielt und druckt ein Kreuzworträtsel ab. Und das DIW Berlin macht es informativ: Weltwirtschaftskraft grafisch dargestellt, das aktuelle Quartal ist eine rote Kerze. Auch da ging uns in der Redaktion ein Licht auf.

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