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Die Nachfrage nach Verpackungspapier steigt. Mehr als 3,3 Milliarden Pakete werden jährlich verschickt.

© dpa

Starker Wandel: Was der Online-Handel mit der Papierindustrie macht

Die Nachfrage nach Papier im klassischen Sinne sinkt, während der boomende Onlinehandel immer mehr Verpackungspapier benötigt. Viele Hersteller schwenken um.

Jahrelang gab es Papier im Überfluss. Grafisches Papier - wozu beispielsweise Briefumschläge, Druckerpapier und Zeitungen zählen - war günstig und überall verfügbar. In den letzten Jahren hat sich der Markt jedoch stark gewandelt. Hersteller setzen heute verstärkt auf Verpackungsmaterialien für den wachsenden Online-Handel. Zeitungspapier und andere grafische Sorten werden weniger nachgefragt und entsprechend produziert. Das wirkt sich auch auf die Preise aus. „Über die letzten Jahre sind in ganz Europa Kapazitäten stetig abgebaut worden. Das wird jetzt spürbar“, sagt Gregor Andreas Geiger vom Verband Deutscher Papierfabriken (VDP). Seit 2016 reduzierten die Hersteller ihre Kapazitäten um knapp fünf Prozent. Das betrifft jedoch nur den Bereich der grafischen Papiere, bestätigt der VDP.

Grund ist das veränderte Konsumverhalten. Statt in gedruckter Form werden Zeitungen und Magazine immer häufiger online gelesen. Dank der Digitalisierung können die Menschen individuell entscheiden, wann, wo und wie sie Nachrichten konsumieren wollen: E-Papers, Apps und Online-Angebote werden daher zunehmend genutzt. Die Verlage brauchen weniger Papier und die Hersteller reagieren darauf, indem sie die Produktion zurückfahren oder sogar ganz einstellen.

Preise für Papier ziehen spürbar an

Grafisches Papier wird nur noch von wenigen Unternehmen angeboten. Mit einem Anteil von rund 36 Prozent ist es inzwischen nur noch die zweitgrößte Produktgruppe. Da immer weniger grafisches Papier produziert wird, ziehen die Preise an. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sind sie im Juni um 5,6 Prozent gestiegen. Die Erzeugerpreise für Zeitungspapier haben binnen eines Jahres sogar um 7,1 Prozent zugelegt.

Zellstoff- und Papierhersteller verlegen ihr Kerngeschäft auf den Verpackungsmarkt. Wellpappe und Kartons sind dank des florierenden Online-Handels stark nachgefragt. Eine Studie des Bundesverbands Paket und Expresslogistik zeigt: Pro Zustellungstag wurden 2017 rund elf Millionen Sendungen verschickt. Das entspricht mehr als 3,3 Milliarden Paket-, Express- und Kuriersendungen im gesamten Jahr. Und die müssen in der Regel gut verpackt sein.

Das bringt neue Herausforderungen mit sich: „Auch hier haben wir eine angespannte Marktsituation – aber in eine andere Richtung. Es gibt eine kräftige Nachfrage, die nicht immer sofort bedient werden kann“, sagte Verbandssprecher Geiger auf Anfrage. Daher tauschten viele Produzenten ihre Papiermaschinen aus. Statt Zeitungspapier spucken die dann Wellpappe für Amazon, Zalando und Co aus.

Verpackungspapier bestimmt die Branche

Seit 2016 stockte die Branche ihre Kapazität um 3,8 Prozent auf. Insgesamt wurden 2017 rund zwölf Millionen Tonnen Verpackungsmaterial produziert. Mit 51,5 Prozent macht das inzwischen den größten Teil der Papierbranche aus. Hygienepapiere haben mit 6,6 Prozent eine deutlich geringere Relevanz.

Auch technische Spezialpapiere fallen mit 6,3 Prozent wenig ins Gewicht, obwohl darin das meiste Innovationspotenzial steckt. Sie kommen beispielsweise bei Lampions zum Einsatz. Das spezielle Papier kann zwar entflammen, erlischt aber sofort wieder und verkohlt. Größere Brandschäden werden also vermieden. Aber es geht noch kreativer: Im Januar stellten Forscher der Darmstädter TU auf einem Kongress in Bamberg eine Notunterkunft aus Papier vor, die Wärme isoliert, Regen abhält und leicht transportiert werden kann. Bisher gibt es jedoch nur einen Prototypen.

Insgesamt wurde 2017 etwas mehr Papier produziert als noch im Vorjahr: 22,9 Millionen Tonnen verließen die Fabriken hierzulande. Weltweit liegt die deutsche Industrie auf Platz vier hinter China, den USA und Japan.

Franziska Mitschke

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