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Ein Mitarbeiter der Trimet Aluminium SE vor einem Schmelzofen in Essen

© dpa/Guido Kirchner

Update

Handelsstreit: USA verhängen Strafzölle auf Stahl und Aluminium aus der EU

Der Handelsstreit zwischen den USA und den Europäern eskaliert trotz monatelanger Verhandlungen. Die US-Regierung brummt Firmen aus der EU Importzölle auf. Die Europäer kündigen rasche Vergeltung an.

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„Wir wollen keinen Handelskrieg.“ Er klingt fast zynisch, dieser Satz von Wilbur Ross. Noch am Donnerstagmorgen hat der US-Handelsminister sich damit von der französischen Zeitung „Le Figaro“ zitieren lassen. Ein paar Stunden später teilt er mit: Die Strafzölle für Stahl und Aluminium kommen. Die EU-Staaten werden ebenso wie Kanada und Mexiko nicht mehr von den Abgaben ausgenommen. Von diesem Freitagmorgen an, wird damit auf Stahl, den diese Länder in die USA verkaufen, ein Strafzoll von 25 Prozent fällig. Auf Aluminium müssen die Exporteure zehn Prozent zahlen.

Damit droht der Handelskrieg zu eskalieren: Keine Stunde nach Ross’ Aussagen kündigt EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Gegenmaßnahmen an. „Wir werden unsere Interessen verteidigen, in vollständiger Übereinstimmung mit dem internationalen Recht“, sagt er.

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Kanzlerin Angela Merkel nannte die US-Strafzölle "rechtswidrig". Wirtschaftsminister Peter Altmaier bekräftigte: "Die heutige Entscheidung ist in der Sache falsch und schädlich für die Europäer aber auch für die USA selbst." Die Europäische Union habe in den Verhandlungen ein attraktives Angebot auf den Tisch gelegt, aber in den USA hätten sich die Protektionisten durchgesetzt. "Wir werden gemeinsam und entschlossen handeln. Dies schließt mögliche Gegenmaßnahmen mit ein."

Vorbereitet sind diese Gegenmaßnahmen bereits, seit Trump die Strafzölle angekündigt hat. Geplant sind demnach Zölle auf Agrarprodukte, Whiskey und Harley-Motorräder im Wert von 2,8 Milliarden Euro.

Die USA und die EU sind sich nicht einig geworden

Dabei hatte es soweit eigentlich nicht kommen sollen. Seit Trump die Strafzölle im März angekündigt hat, hat EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström immer wieder versucht, zu intervenieren. Mehr als zwei Fristverlängerungen hat sie damit aber nicht erwirkt. Das Problem: Die EU-Staaten haben darauf gepocht, von den Strafzöllen vollständig und langfristig ausgenommen zu werden – erst dann wollten sie den USA ein Gegenangebot machen. „Wir waren nicht bereit, diese Bedingung zu erfüllen“, sagt dazu Ross. Es gebe noch Probleme, die vorher gelöst werden müssten. Welche das seien, lässt er offen.

Dabei wären die Europäer im Gegenzug zum Beispiel dazu bereit gewesen, den USA mehr Flüssig-Gas abzukaufen. Auch sollte es den Amerikanern leichter gemacht werden, Industrieprodukte (darunter auch Autos) in die EU zu verkaufen. Darauf hatten sich die Wirtschaftsminister der Mitgliedsstaaten verständigt. Doch zu einer solchen Einigung mit den USA dürfte es jetzt wohl nicht mehr so schnell kommen. US-Präsident Donald Trump dürfte die nun angekündigten Gegenmaßnahmen schließlich kaum ignorieren, warnt Ross.

Wirtschaftsvertreter wünschen sich ein starkes Zeichen

Trotzdem halten deutsche Wirtschaftsvertreter ein striktes Vorgehen seitens der EU nun für richtig. „Im Zweifel sind Gegenmaßnahmen nötig, um die EU-Position zu stärken“, sagt Eric Schweitzer, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). „Sonst besteht die Gefahr, dass Zugeständnisse unsererseits zu immer neuen Zumutungen aus den USA führen – zum Schaden unserer Wirtschaft.“ Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer sagt, „eine gemeinsame starke Antwort der EU“ sei Pflicht.

Etwas anders dagegen sieht das Mittelstandspräsident Mario Ohoven. Er fürchtet eine weitere Eskalation, wenn die EU nun tatsächlich mit Gegenmaßnahmen reagiert. „Es wäre völlig falsch, wenn die EU im Gegenzug ihrerseits an der Zollschraube dreht“, sagt er. „In der Wirtschaft besteht die große Sorge, dass die US-Strafzölle den Auftakt für weitere Einschränkungen des freien Welthandels bilden.“ Auch Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) meint: „Die angekündigten Kompensationszölle sollte die EU sehr sorgfältig abwägen.“

Die USA kaufen nur wenig deutschen Stahl

Es steht nun viel auf dem Spiel – besonders für die deutsche Wirtschaft, die so stark von Exporten abhängig ist. Nahezu die Hälfte der deutschen Wirtschaftsleistung besteht aus dem Verkauf von Waren und Dienstleistungen ins Ausland. Dabei kann die hiesige Wirtschaft US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium vermutlich noch einigermaßen verkraften. Gerade einmal fünf Prozent der deutschen Stahlausfuhren gehen in die USA – Länder wie Frankreich, Polen und Italien sind sehr viel wichtigere Handelspartner der Deutschen beim Stahl.

So fürchten die deutschen Stahlkonzerne derzeit auch vor allem die indirekten Folgen der US-Politik. Weil die Amerikaner auch von Ländern wie China, Russland und die Türkei Strafzölle für den Stahlexport in die USA verlangen, versuchen die nun, mehr in Europa abzusetzen. Deshalb sei es jetzt wichtig, „die Stahlunternehmen zumindest vor umgelenkten Handelsströmen zu schützen“, sagt Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Der Import des Rohstoffs aus dem Ausland müsse im Zweifel begrenzt werden.

Kommt jetzt der Strafzoll auf Autos?

Sehr viel schlimmer wären die Folgen für die Exportnation Deutschland aber, wenn die USA nun als Reaktion auf Gegenmaßnahmen der EU ihrerseits eine weitere Drohung wahrmachen und Schutzzölle auf Autoimporte einführen sollten. Trump stört sich daran, dass Europäer für Autoverkäufe in die USA derzeit sehr viel geringe Zölle zahlen als Amerikaner für Autoverkäufe hierzulande. Im Gespräch mit dem französischen Präsidenten Manuel Macron soll Trump deshalb bereits angekündigt haben: Er werde dafür sorgen, dass Mercedes-Benz-Fahrzeuge von den Straßen New Yorks verschwinden. (mit Reuters)

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