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Nachts ist die beste Zeit für Spritdiebe.

© Milan Noga reco / stock.adobe.com

Polizei erfolglos, Versicherung zahlt nicht: Unter 10 Prozent aller Spritdiebstähle werden aufgeklärt

Kraftstoffdiebe erbeuten mitunter ganze Tankladungen. Sie werden selten erwischt. Angesichts steigender Preise dürfte ihre Zahl zunehmen.

Tankdeckel aufbohren, Schlauch rein, Kanister drunter, Sprit abpumpen und weg: Mit dieser einfachen und zugleich dreisten Masche zapfen Kriminelle Diesel und Benzin aus abgestellten Lastwagen und Baumaschinen ab.

Das Vorgehen ist für die Täter lukrativ: Mitte Januar erreichte der Dieselpreis ein Allzeithoch. Etwa 1,58 Euro kostete er pro Liter im Durchschnitt, Benzin noch ein paar Cent mehr. Bei einer Lkw-Tankgröße von 200 bis 1500 Litern gibt es für die Täter einiges zu holen – nämlich mitunter Treibstoff im Wert von mehr als 2000 Euro.

Das Phänomen ist nicht neu, sein Ausmaß aber weitgehend unbekannt. „Das ist für die Branche ein echtes Problem“, sagt Martin Bulheller, Sprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). „Vor allem weil es keine verlässlichen Zahlen dazu gibt.“

Meist machen sich die Täter nachts im Dunkeln an den Fahrzeugen zu schaffen, wenn Laster unbeobachtet im Gewerbegebiet stehen, auf Parkplätzen oder einem Betriebsgelände. In einigen Fällen stehlen Täter den Kraftstoff auch aus Lkw, während die Fahrer schlafen: so geschehen Mitte Januar an der Raststätte Funckenhausen an der A1. Die Beute waren rund 300 Liter Diesel.

Einige füllen ihn rein, andere holen ihn wieder raus: Sprit.

© dpa/Sven Hoppe

Ermittlungen führen in der Regel zu nichts

Die Polizei ist machtlos, die Ermittlungen verlaufen in der Regel im Sande. Nur selten werden die Täter auf frischer Tat ertappt – wie im Falle eines 20-Jährigen, der Ende vergangenen Jahres im niedersächsischen Halvesbostel versuchte, mit einem Schlauch Diesel aus einem Lkw zu saugen, und dabei von einem Zeugen beobachtet wurde.

Die Aufklärungsquote liegt bei unter 10 Prozent, wie das Landeskriminalamt Niedersachsen der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Denn würden die Diebe nicht in flagranti erwischt, könne der Kraftstoff in der Regel keiner bestimmten Tat zugeordnet werden.

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Deshalb ist auch über die Täter nicht viel bekannt. „Das sind nicht nur organisierte Banden, sondern manchmal auch die eigenen Mitarbeiter“, sagt BGL-Sprecher Bulheller.

Keine Statistiken über das Ausmaß

Auch wie viele Tanks in Deutschland aufgebohrt werden, weiß niemand genau. Die Fälle werden nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) nicht gesondert in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfasst. In den Statistiken von Autoversicherungen tauchen sie ebenfalls nicht auf. Denn der gestohlene Sprit werde „weder über die Teilkasko noch über die Vollkasko ersetzt“, sagt Brigitte Römstedt von der R+V-Versicherungsgesellschaft, zu der auch einer der bundesweit größten Lkw-Versicherer gehört, der dpa.

[Lesen Sie auch: Hunderte Euro weniger für die Versicherung. So leicht können Autofahrer Geld sparen (T+)]

Die Dunkelziffer ist nach Auskunft des Bundesamts für Güterverkehr entsprechend hoch. Insbesondere bei kleineren Mengen entwendeten Sprits stellten Opfer oftmals keine Anzeige oder bemerkten den Diebstahl erst gar nicht. „Das wird von vielen zähneknirschend hingenommen, weil eine Anzeige in der Regel keinen Erfolg hat“, sagt auch BGL-Sprecher Bulheller.

Steigende Kraftstoffpreise nehmen nicht alle hin.

© dpa/Sebastian Christoph Gollnow

Um einen Kavaliersdelikt handelt es bei diesen Taten dennoch nicht: Auf Diebstahl stehen dem BKA zufolge Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren. In besonders schweren Fällen, beispielsweise wenn gewerbsmäßig gestohlen oder vor der Tat in ein Gebäude eingebrochen wurde, drohen demnach Gefängnisstrafen bis zu zehn Jahren.

Wer Spritklau vermeiden will, erschwert Dieben am besten den Zugang zum Fahrzeug ähnlich wie bei Ladungsdiebstählen, dem sogenannten Planenschlitzen. Idealerweise stehen die Laster dafür auf umzäunten und kameraüberwachten Plätzen oder in verschlossenen Gebäuden. Mittlerweile bieten einige Hersteller zudem spezielle Tankschlösser und Sicherungssysteme an.

„Manchmal kommt dann aber jemand mit der Spitzhacke und haut einfach ein Loch in den Tank. Dann ist der Schaden noch größer“, so Bulheller. Kurios: Ein Aufkleber mit dem Hinweis „Bio-Diesel“ habe in der Vergangenheit den ein oder anderen Täter erfolgreich abgeschreckt. (dpa)

Sebastian Kramer

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