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Im Labor verändert: Mit dem Mais 1507 kommt nun die zweite Gen-Sorte auf den Markt.

© dpa

Streit um Genmais: Umweltminister beraten über Ausnahmen

Vor drei Wochen haben die Agrarminister den Weg für eine Zulassung des Genmaises 1507 in der EU freigemacht. Dafür haben sie viel Kritik kassiert. An diesem Montag beraten die Umweltminister über Möglichkeiten, den umstrittenen Mais doch noch zu verhindern.

Für die europäische Politik ist es eine Blamage gewesen. Vor drei Wochen wollte zwar eine Mehrheit der EU-Staaten die Zulassung der Genmais-Sorte 1507 auf europäischen Feldern verhindern und damit dem Willen des Europaparlaments und der Mehrheit der EU-Bürger entsprechen. Aber die erforderliche Mehrheit, um den Anbau der von der europäischen Lebensmittelbehörde als unbedenklich eingestuften Pflanze des US-Konzerns Pioneer zu stoppen, kam nicht zustande – nicht zuletzt weil sich die Bundesregierung enthielt. Nun ist die Europäische Kommission rechtlich verpflichtet, dem Mais aus dem Labor das endgültige Okay zu geben. Frankreichs Europaminister Thierry Repentin hatte seinerzeit gesagt, dass sich angesichts solcher Entscheidungen „unsere Bürger an den Kopf langen“.
An diesem Montag nun gibt es einen ersten Versuch zur Schadensbegrenzung: Auf Antrag Frankreichs hat Griechenland, das derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat, den Umgang mit Genpflanzen auf die Tagesordnung des Umweltministertreffens gesetzt. Genauer gesagt geht es um einen Gesetzesvorschlag der EU-Kommission aus dem Jahr 2010, der es den Mitgliedstaaten leichter machen würde, einmal auf EU-Ebene zum Anbau freigegebene Genpflanzen auf ihrem Territorium zu verbieten. Bisher kann sich eine nationale Regierung nur auf eine Schutzklausel berufen, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Gefährlichkeit gewonnen werden. So geschah es etwa 2009 mit der Maissorte MON810 des US-Herstellers Monsanto. Das neue Gesetzeswerk würde zusätzliche Kriterien für ein nationales Anbauverbot einführen. Genannt werden Landnutzungsziele oder sozio-ökonomische Gründe, die damit so vage gehalten sind, dass „dem Mitgliedstaat schon etwas einfallen wird, wenn er keine Genpflanzen haben will“, wie ein EU-Diplomat sagt.
Seit zwei Jahren jedoch liegt das Gesetzeswerk auf Eis, da sich Frankreich, Großbritannien, Belgien und Deutschland quer stellten. Die alte Bundesregierung machte unter anderem Probleme mit den Welthandelsregeln und einen „Flickenteppich“ auf dem EU-Binnenmarkt geltend, falls jedes europäische Land nach Belieben eine europäische Zulassung zurückweisen könne.
Nach der peinlichen Genmais-1507-Vorstellung, der die Reformbedürftigkeit der geltenden Regeln offenbarte, bröckelt der Widerstand jedoch. „Das war ein Weckruf für die Mitgliedstaaten“, heißt es im Umfeld von EU-Verbraucherschutzkommissar Tonio Borg. Die neue Bundesregierung ist nicht mehr unbedingt gegen nationale Ausnahmen, sondern gespalten. Persönlich befürwortet werden sie von der anreisenden SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks, der Koalitionspartner CDU ist dagegen. Frankreich wird nach Angaben von EU-Diplomaten vorschlagen, dass die Einzelstaaten nach der europaweiten Zulassung diese erst noch aktiv für ihr Land übernehmen müssen. Die Briten wiederum sind angeblich bereit zuzustimmen, wenn ein älterer Kompromissvorschlag noch ergänzt wird: EU-Staaten mit Bedenken gegen die Genpflanzen eines Herstellers sollen diesen bitten, den Zulassungsantrag so zu stellen, dass das betreffende Land von Beginn an ausgenommen ist. Erst wenn die Firma dem nicht nachkommt, soll es die Möglichkeit eines nationalen Ausscherens geben.

„Dass die Hersteller mit den Mitgliedstaaten einen Deal machen – das geht gar nicht“, sagt dazu der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häusling. Das Europaparlament, das bei diesem Gesetz gleichberechtigt mitentscheidet, will vor allem, dass die Zulassungsregeln als solche verschärft werden. „In Spanien etwa“, sagt Häusling gibt es überhaupt keine Mindestabstände zwischen Feldern mit Genpflanzen und Feldern ohne.“ Nur wenn es schärfere Vorgaben gebe, könne es „in einem zweiten Schritt nationale Ausnahmeregeln geben.“ Zu Verhandlungen zwischen den EU-Regierungen und dem Parlament wird es aber nicht vor Juni kommen. Die Umweltminister wollen an diesem Montag lediglich „eine Orientierungsaussprache“ abhalten.

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