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Spendabel: Wer weniger Geld hat, spendet proportional zum Einkommen, mehr.

© Foto: imago/Sven Simon

Trotz geringer Rücklagen: Ärmere Haushalte spenden mehr als reiche

Menschen mit weniger Geld geben mehr an Bedürftige ab – zumindest proportional zum Einkommen. Dabei werden sie steuerlich weniger gefördert.

Ärmere Haushalte spenden mehr als reiche – und werden doch steuerlich benachteiligt: Das ist das Ergebnis einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und dem Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) auf Basis der Daten des Sozio-oekonomischen Panels.

Für die Untersuchung wurde das Spendenjahr 2019 betrachtet. In diesem Jahr brachten die einkommensstärksten zehn Prozent der Haushalte 37 Prozent des gesamten Spendenvolumens auf – und haben damit überproportional viel gespendet. Relativ zum Einkommen aber war das unterste Einkommenszehntel mit 1,9 Prozent doppelt so spendabel wie die obersten zehn Prozent mit 0,9 Prozent.

Dies sei bemerkenswert, da gerade in den unteren Einkommensschichten nur wenig Rücklagen vorhanden sind, sagt Studienautor Jürgen Schupp. Zu befürchten sei aber, dass angesichts der aktuell hohen Inflation künftig Spenden aus diesen Einkommensgruppen reduziert oder ganz ausbleiben werden. So war es in den vergangenen Jahrzehnten der Fall, dass sich große wirtschaftliche Krisen auch auf das Spendenvolumen ausgewirkt haben, weiß Burkhard Wilke, Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter des DZI.

Spendenaufkommen stieg in den vergangenen Jahren

Allerdings gibt es aktuell auch eine Gegenbewegung: Noch nie wurde so viel gespendet wie für die Ukraine-Hilfe. Für dieses Jahr belaufen sich allein die Spenden für die Ukraine (Stand Mitte Oktober) nach einer aktuellen Umfrage des Instituts auf inzwischen 862 Millionen Euro. Laut DZI ist das damit nominal das höchste anlassbezogene Spendenaufkommen, das bislang in Deutschland gespendet wurde. Inflationsbereinigt werde diese Summe nur leicht von den Spenden nach dem Tsunami in Südostasien im Dezember 2004 übertroffen.

Somit sei auch noch nicht gesagt, dass das Spendenvolumen aufgrund der Inflation einbrechen werde, sagt Wilke. „Das Risiko besteht zwar, bislang melden Organisationen aber noch keine abnehmende Spendenbereitschaft“, so der Leiter des DZI.

12,9
Milliarden Euro an Spenden wurden im Jahr 2021 in Deutschland generiert.

Insgesamt stieg das Spendenaufkommen in den vergangenen Jahren stark. Laut Hochrechnung des DZI wurde im Jahr 2021 ein Spendenvolumen von 12,9 Milliarden erreicht – im Vergleich zu 10,3 Milliarden Euro 2019.

Um die Spendenbereitschaft weiter zu fördern, seien auch Anreize des Staates wichtig, so die Studienautoren. Dies geschehe zwar bereits über das Einkommensteuergesetz, das vorsieht, dass Spenden als Sonderausgaben absetzbar sind. Jedoch ist die Förderung einkommensabhängig: Je höher das steuerpflichtige Einkommen, desto höher ist der Einkommensteuersatz und damit auch der Steuervorteil.

Der DIW macht das anhand einer Rechnung deutlich: Eine Spende in Höhe von 100 Euro von einer alleinstehenden Person mit einem jährlich zu versteuernden Einkommen von 60.000 Euro wird derzeit zum geltenden Höchststeuersatz von 42 Prozent vom Staat mit 42 Euro gefördert. Werden die 100 Euro hingegen von einer alleinstehenden Person mit einem zu versteuernden Einkommen von rund 11.000 Euro gespendet, fördert der Staat mit dem Grenzsteuersatz von rund 15 Prozent die Spende lediglich mit rund 15 Euro.

Spenden sind bis zu einer Grenze von 20 Prozent des Einkommens steuerlich absetzbar

„Diese Ungleichbehandlung ließe sich beseitigen, indem der Staat jeden Spendenbetrag unabhängig von der individuellen Einkommenssituation in gleicher prozentualer Höhe steuerlich fördert, angelehnt etwa an den Spitzensteuersatz von 42 Prozent“, so Studienautor Schupp. Erreichen ließe sich das nach Ansicht des Experten durch einen entsprechenden Abzug von der Steuerschuld, so wie es zum Beispiel bereits bei Parteispenden praktiziert wird.

Da das nicht der Fall ist, werden einkommensschwächere Haushalte in Hinblick auf Spenden weniger gefördert. Für alle, egal ob einkommensschwach oder -stark, aber gilt: Spenden an gemeinnützige Organisationen sind bis zu einer Grenze von 20 Prozent des Einkommens steuerlich absetzbar. Noch höhere Spenden, die also 20 Prozent des Einkommens überschreiten, würden aber zumindest im darauffolgenden Jahr in der Steuererklärung positiv zu Buche fallen. Der Betrag über der Grenze reduziert die Steuern dann für das Jahr darauf.

Die Spenden müssen dafür als Sonderausgaben in der Steuererklärung angegeben werden. Ein Spendenbeleg ist erst ab 300 Euro nötig. Bei niedrigeren Beträgen reichen die Überweisungsbelege. Der Pauschalbetrag ohne Spendenquittung beträgt 36 Euro. Auch Sachspenden können Verbraucher absetzen, wenn die Spende an eine anerkannte Organisation geht und diese eine Spendenbescheinigung ausstellt.

Für Spenden in Zusammenhang mit der Ukraine hat das Bundesfinanzministerium außerdem bürokratische Erleichterungen auf den Weg gebracht. Für Spenden bis zum 31. Dezember dieses Jahres braucht man auch für Beträge, die größer sind als 300 Euro, keinen Spendennachweis. Als Zahlungsnachweis genügt der Bareinzahlungsbeleg auf ein dafür eingerichtetes inländisches Sonderkonto oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts, beispielsweise der Kontoauszug, erklärt der Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg.

Eine Liste über seriöse Organisationen finden Spender auf dzi.de. Das Institut vergibt Spenden-Siegel an Organisationen, die geprüft sorgfältig und verantwortungsvoll mit Geldern umgeht.

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