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Wirtschaft: Reif für die Börse

Die Biotechfirma Jerini gründete sich in der Charité

Die Hoffnung in der Pharmabranche war groß, als das menschliche Genom zur Jahrtausendwende entschlüsselt wurde. Biotechnologieunternehmer schwärmten von Börsengängen, Blockbustermedikamenten und dem großen Geld. Jerini-Chef Jens Schneider-Mergener hielt sich da noch dezent im Hintergrund. Sollten die anderen sich doch von der Euphorie mitreißen lassen. „Wir waren absolut noch nicht vorbereitet dafür“, sagt Schneider-Mergener, „und haben darum lieber systematisch weiter das Unternehmen aufgebaut“. Das zahlt sich jetzt aus.

Während in der Branche die Euphorie der Ernüchterung gewichen ist und viele Unternehmen ums Überleben kämpfen, läuft es für Schneider-Mergener gerade sehr gut: Soeben hat sein Berliner Biotechunternehmen in der dritten Finanzierungsrunde mehr als 30 Millionen Euro eingesammelt, jetzt bereitet er den Börsengang vor. Ganz ohne Druck. „Man darf sich nicht durch Hypes mitreißen lassen“, sagt der Biochemiker. Statt nach großen Krebsmedikamenten zu suchen, hat Schneider-Mergener sich auf ein kleines Nischenprodukt konzentriert. „Das ist nicht zu komplex und nicht zu teuer.“ Jerini entwickelt ein Mittel („Icatibant“), um Erstickungsanfälle zu behandeln, die bei der seltenen Erbkrankheit Angioödem auftreten.

Wenn alles gut geht, könnte es 2006 oder 2007 auf den Markt kommen. „Es ist besser, langsam und mit kleinen Sachen anzufangen, eine klare Strategie zu haben und sich nicht von Trends mitreißen zu lassen“, sagt der Biotech-Unternehmer, der inzwischen 95 Mitarbeiter beschäftigt. Mit der gleichen Vorsicht hat Schneider-Mergener das Unternehmen aufgebaut.

Nach drei Forschungsjahren in den USA kam der Bielefelder 1989 nach Berlin. An der Charité entwickelte er eine „molekulare Bibliothek“ – Eiweißteilchen, die Forschern helfen, schneller ein neues Medikament zu finden. Schneider-Mergener ahnte, dass sich damit etwas anfangen ließ: 1994 gründete er seine Firma Jerini aus der Charité heraus. „Mit den Peptiden konnten wir gleich Geld verdienen – und uns unabhängig von Risikokapitalgebern machen“, sagt er. Heute setzt das Unternehmen mit den Peptiden mehrere Millionen Euro um.

Das behutsame Vorgehen wird auch von Branchenbeobachtern gelobt. „Jerini hat sich im Gegensatz zu vielen anderen Firmen von Anfang an auf Produkte konzentriert und damit sehr früh Geld verdient“, sagt Siegfried Bialojan, Biotechexperte bei Ernst & Young. Außerdem sei das Management sehr gut und erfahren. „Da stimmt einfach alles.“ Mit der gleichen Vorsicht geht Schneider-Mergener auch den Börsengang an. Er hat in den vergangenen Finanzierungsrunden genug Geld eingesammelt, um den besten Zeitpunkt abwarten zu können. Ganz ohne Druck.

Maren Peters

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