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Zeit und Raum für die Mitarbeiter. Es sollte nicht nur einmal im Jahr die Gelegenheit für einen Austausch geben.

© Torbz - Fotolia

Kommunikation im Beruf: Raum für Feedback

Zu Jahresbeginn steht für viele das Mitarbeitergespräch mit dem Chef an. Manche Experten halten es für nutzloses Geplauder, andere für ein motivierendes Tête-à-Tête, das der Karriere dient. Ein Pro & Contra.

Im Januar ist es für viele Mitarbeiter wieder soweit: Das jährliche Gespräch mit dem Chef, das so genannte Mitarbeitergespräch, steht an. Man setzt sich zusammen, um neue Ziele zu vereinbaren. Der Chef beurteilt, was der Mitarbeiter in den vergangenen zwölf Monaten geleistet hat, Weiterbildungen und Entwicklungsmöglichkeiten werden besprochen, für beiderseitige Kritik oder Gehaltserhöhungen bietet das Gespräch Gelegenheit. Auch neue Projekte, Unternehmensfusionen und andere Aufgabenfelder werden hier besprochen.

Führungskräfte können sich bei der Gesprächsführung an Personalbögen, Formularen oder Checklisten orientieren. Und auch Mitarbeiter können sich gut vorbereiten und ihre Notizen mit ins Gespräch nehmen. In der Regel findet das jährliche Treffen ohne Begleitperson statt (siehe Kasten) und kann für beide Seiten von großem Nutzen sein. Wird es offen, vertrauens- und respektvoll geführt, fördert es im besten Fall das Vertrauen zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter – und das Arbeitsklima. Doch nicht immer laufen diese Zusammenkünfte erfolgreich ab.

Die Realität: Der Chef spricht nur über Leistungen

„Mitarbeitergespräche bringen viel, wenn sie vernünftig geführt werden“, meint Jutta Boenig, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung. Viele Mitarbeiter seien von den regelmäßigen Gesprächen mit ihren Chefs allerdings enttäuscht. Viele Chancen blieben ungenutzt. Denn meist gehe es darin nur um Leistung und Ergebnisse. Außerdem hätten die Führungskräfte oft kaum Zeit und die Entwicklung der Mitarbeiter komme zu kurz. Doch Chefs, die gute Mitarbeiter haben wollen, müssen auch etwas dafür tun, sagt die Karriere- und Führungskräfteberaterin. Da reiche ein kurzes Gespräch auf einer gemeinsamen Geschäftsreise nicht aus.

Ihr Rat: Chefs sollten sich pro Quartal eine Stunde für jeden Mitarbeiter Zeit nehmen. Und natürlich sollte es in dem Gespräch auch um Leistung gehen. „Die Vorgesetzten sollten eine Leistungskurve aufzeigen, fragen, in welchem Bereich derjenige besser werden und welche Ressourcen er stärker einbringen will“, erklärt Jutta Boenig. Doch das sollte nur einen Teil des Mitarbeitergespräches ausmachen. „Positiv ist es auch, einfach danach zu fragen, wie es dem Mitarbeiter geht und ob er sich aufgehoben fühlt“, sagt Boenig.

Ein gut geführtes Gespräch hilft letztendlich allen weiter: Die Mitarbeiter fühlen sich wertgeschätzt und unterstützt. Das stärke die Motivation. Und von motivierten Kräften profitiere der Chef und das ganze Unternehmen.

Anders als Boenig gehört Armin Trost zu den Kritikern des Mitarbeitergesprächs. Er ist Professor für Personalmanagement an der Business School der Hochschule Furtwangen. Häufig würden Protokolle aus dem Vorjahr zur Hilfe genommen und das aktuelle Formular entsprechend angepasst. „Damit ist das Gespräch schnell erledigt und die Personalabteilung zufrieden“, sagt er. So ließen sich aber kaum Potenziale erkennen oder Änderungen anstoßen.

Man sollte sich immer wieder einmal austauschen

„Vordergründig wird in vielen Unternehmen so getan, als ginge es um einen vertrauensvollen Dialog zwischen Mitarbeiter und Führungskraft“, sagt Trost. Tatsächlich gehe es aber meistens um die Vermittlung von Leistungserwartungen und um die Beurteilung von Leistungen und Kompetenzen. Letzteres habe dann nicht selten Konsequenzen für das Gehalt des Mitarbeiters oder für seine Zukunft im Unternehmen.

Trost lehnt das institutionalisierte Mitarbeitergespräch ab. Es sei aber immer gut, wenn Mitarbeiter und Führungskräfte das Gespräch miteinander suchen – und zwar dauerhaft und nicht nur zu einem bestimmten Zeitpunkt einmal im Jahr, sagt der Management-Experte. Die Tradition der jährlichen Mitarbeitergespräche fußt für ihn auf einem längst überholten Verständnis von Führung und Organisation. Als würden Mitarbeiter ihre Leistungen alleine erbringen und nicht im Rahmen eines Teams. Sinnvoll ist für Trost ein Gespräch, wenn es wirklich vertrauensvoll geführt wird, ohne Protokoll für die Personalabteilung und bedrohliche Konsequenzen. Doch vertrauensvolle Gespräche in einem Unternehmen könne man nicht zur Pflicht machen. „Gute Führungskräfte reden mit ihren Leuten von sich aus und schlechte Führung wird durch verordnete Gespräche nicht besser – im Gegenteil“, sagt Armin Trost.

Professor Dieter Frey, der an der Ludwig-Maximilians Universität München zu Leadership und People Management forscht, weißt auf den großen Wert von kurzen Gesprächen hin, die in kurzen Abständen geführt werden. Es seien solche „Fünf-Minuten-Gespräche“, die der Chef alle zwei bis vier Wochen mit jedem Mitarbeiter führt, um den individuellen Soll- und Ist-Zustand zu reflektieren, meint Frey, die eine gemeinsame Reflektion gewährleisten. Ziel sei es, das Hamsterrad anzuhalten und zu überlegen, was lief gut, was lief nicht gut, wie kann man Dinge verbessern, sowohl als Einzelner als auch im Team.

Probleme werden rechtzeitig erkannt

Susanne Rauch ist Organisationsberaterin für strategische Personalberatung und eine Befürworterin des jährlichen Mitarbeitergesprächs. „Wird es professionell geführt und bringen sich beide Gesprächspartner konstruktiv ein, so können beide Seiten davon enorm profitieren“, sagt die Geschäftsführerin von Act Value Management Consult Berlin. Es fördere die Zusammenarbeit, das Vertrauensverhältnis und gebe Klarheit über die gegenseitigen Erwartungen. Probleme könnten rechtzeitig erkannt und gemeinsam gelöst werden. Zudem wisse der Vorgesetzte nach dem Gespräch, wo der Mitarbeiter steht, was er benötigt und wie er unterstützt werden kann.

„Für Mitarbeiter bietet das Gespräch die Möglichkeit, Vorgesetzte und ihre jeweiligen Erwartungen besser kennen zu lernen, sich zu orientieren, Probleme anzusprechen und wichtiges Feedback einzuholen“, erklärt Rausch. Häufig werde auch unterschätzt, dass Mitarbeiter das Gespräch auch für ihre eigene Karriere nutzen können. Ihnen wird Raum gegeben, ihre Leistungen und Ergebnisse konkret darzustellen, Engagement zu zeigen und Gehaltsverbesserungen, Weiterbildungen und Beförderungen anzusprechen. „Deshalb sollten Mitarbeiter das Gespräch als Chance begreifen und selbst aktiv angehen“, sagt die Organisationsberaterin.

Karriereexpertin Jutta Boenig rät Mitarbeitern, sich gut auf das Gespräch vorzubereiten, denn dann haben sie gute Argumente auf ihrer Seite, wenn sie mehr Gehalt, verantwortungsvollere Aufgaben oder eine höhere Position fordern. Dabei hilft: Feedback von einem Mentor einholen, mit einer guten Kollegin über die Erfolge im Team sprechen, eine Liste mit Erreichtem aufstellen, sagt sie. Engagierte Mitarbeiter sollten deutlich machen, wo sie stehen – und wohin sie wollen.

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