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Erwischt. Dass sich die eigenen Grippeviren verbreiten, kann man verhindern, indem man nicht in die Hand, sondern in den Ellenbogen hustet.

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Krank zuhause statt im Büro: Noch nicht vorbei

Die Grippewelle schwappt über Berlin – und hinterlässt ihre Spuren auch in der Arbeitswelt

Menschenleere Bürotrakte, Konferenzen, die ausfallen, weil die Mitarbeiter krank zuhause im Bett liegen, Aufträge von Kunden, die in der Warteschleife hängen, weil sie nicht bearbeitet werden können – so weit ist es in Berlin noch nicht gekommen, auch wenn sich in diesem Jahr mehr Menschen mit Grippe infiziert haben, als im vergangenen Jahr. Dennoch hinterlässt die Krankheit in der Berliner Arbeitswelt ihre Spuren.

In diesem Jahr hat sie kräftiger zugeschlagen als im vergangenen. 47 679 an Influenza erkrankte Personen hat die Arbeitsgemeinschaft Influenza des Robert-Koch-Instituts seit Anfang Oktober 2014 bis Anfang März bundesweit gezählt. In Berlin sind laut aktuellem Wochenbericht des Landesgesundheitsamts bis Anfang März 1846 Menschen positiv auf Influenza getestet worden. Die Zahl der tatsächlichen Erkrankungen werden aber auf ein Vielfaches höher geschätzt. Der Höhepunkt dürfte überschritten sein, doch noch bis Anfang April ist mit Erkrankungen zu rechnen.

„Wir haben Mann und Maus zum Dienst gebeten“, sagt Air Berlin-Sprecher Aage Dünhaupt. Über zehn Prozent Krankheitsausfälle hatte der Luftfahrtkonzern in diesem Februar bei seinen etwa 1000 Mitarbeitern am Standort Berlin zu verzeichnen. Im Vergleich zum Vorjahr war das ein Anstieg um ein Drittel. Der Höhepunkt der Krankheitswelle war in der letzten Februarwoche. Bei einer Tochtergesellschaft am Standort Stuttgart mussten an einem Tag sogar fünf Flüge gestrichen werden. In Berlin war das nicht notwendig. Wegen der relativ großen Mitarbeiterzahl vor Ort habe man einen Ersatzpool, aus dem heraus die fehlenden Kollegen ersetzt werden konnten. Flugbegleiter seien angehalten, sich schon bei ersten Anzeichen krank zu melden. Denn schon bei leichtem Schnupfen sei der Druckausgleich beim Starten und Landen nicht gewährleistet.

Zehn Prozent mehr Erkrankte

Bei der Telekom Deutschland gab es im Januar und Februar rund zehn Prozent mehr kranke Mitarbeiter als im Vorjahr. „Da wir in Deutschland rund 115 000 Mitarbeiter beschäftigen (davon knapp 8000 in Berlin), können wir Ausfälle gut kompensieren“, sagt Sprecher Peter Kespohl. Daher sei es zu keinen außergewöhnlichen Beeinträchtigungen des Tagesgeschäfts gekommen. Die Service-Callcenter etwa seien bundesweit vernetzt und könnten bei massivem Krankenstand Anrufer an ein anderes Center weiterleiten. Das sei in diesem Jahr aber gar nicht nötig gewesen. Schwieriger sei es hingegen, wenn ein Service-Techniker kurz vor einem Termin beim Kunden erkrankt. Hier müssten Termine kurzfristig aufgefangen werden und die Termin-Disponenten flexibel reagieren.

Bei vielen Arbeitgebern gehört das Thema Grippe in jedem Jahr wieder zum allgemeinen Gesundheitsmanagement. Das ist auch bei der Telekom so. In Berlin, wie an den anderen großen Standorten des Unternehmens, findet im Herbst, wenn die Grippezeit beginnt, eine Aufklärungskampagne statt. Auf Plakaten und in Artikeln im Firmenintranet wird über Handhygiene informiert und für die Grippeimpfung geworben: Mitarbeiter können sich freiwillig bei den Betriebsärzten impfen lassen.

Mehr Kranke - mehr Stress

Im Auguste-Viktoria-Klinikum in Schöneberg, das zum Vivanteskonzern gehört, war zum Ende dieses Winters nur ein kleiner Anstieg des Krankenstandes zu beobachten. Und dieser hatte laut Christian Träder, Chefarzt der Rettungsstelle, nur indirekt mit der Grippewelle zu tun. Die Abwehrkräfte von Mitarbeitern im Gesundheitswesen seien generell sehr gut. „Sie sind das ganze Jahr über Viren ausgesetzt und bilden so Antikörper“, erklärt er. Weil aber in Berlin insgesamt mehr Personen erkranken, ist in den Krankenhäusern mehr zu tun und das Personal so stärker belastet als gewöhnlich. Insbesondere ältere und immunschwache Personen können als Folge der Grippe Lungenentzündungen, Herzkrankheiten oder bakterielle „Superinfektionen“ bekommen, die eine stationäre Behandlung nötig machen. Der zusätzliche Stress wiederum macht die Mitarbeiter anfälliger für Krankheiten. Träder schätzt die Mehrbelastung für das Personal während der Grippewelle auf fünf Prozent.

Jährliche Schulungen zu Hygiene, Virenübertragung oder zum Schutz vor anderen Krankheiten sind für Mitarbeiter im Krankhaus Pflicht. Aber auch in anderen Betrieben hält Träder jedes Jahr im Herbst, vor der nächsten Grippewelle, Aufklärung für sinnvoll. Jeder sollte wissen: Vorbeugen kann man, indem man sich regelmäßig mit Seife die Hände wäscht, in den Ellenbogen und nicht in die Hände hustet und von Erkrankten mindestens eineinhalb Meter Abstand hält.

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