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Früher war Loewe ein Garant für technologische Innovationen, wie hier bei der IFA 1973.

© picture-alliance/ dpa

Loewe vor dem Aus: "Nicht Streaming ist das Problem, sondern der Mangel an Innovationen"

Mit Loewe scheitert einer der letzten deutschen Fernseh-Hersteller. Der Markt steckt in der Krise und bald könnten auch große Konzerne Probleme bekommen.

Es ist ein schleichender Tod, der das Traditionsunternehmen Loewe heimsucht. Seit 2013 kämpft sich der Fernsehhersteller aus dem oberfränkischen Kronach durch mehrere Insolvenzen. Doch nun scheint es, als würde der Bildschirm des 1923 gegründeten Familienbetriebs dauerhaft dunkel bleiben.

Am Montag wird der Betrieb bei Loewe eingestellt. Und weil Kredite nicht zurückgezahlt werden konnten, wurde am Mittwoch dieser Woche sogar der Markenname, über Jahrzehnte hinweg Inbegriff von Qualität, an die Beteiligungsfirma Riverrock gepfändet. Auf den Firmenkonten liege weniger als eine halbe Million Euro, plauderte der Insolvenzverwalter freimütig aus. Kommt nicht noch ein mutiger Investor um die Ecke, dürfte das Ende des Unternehmens gekommen sein.

Damit wäre Loewe nur das jüngste Opfer auf dem Markt für Fernseher, der sich internationalisiert und konsolidiert. Zahlreiche deutsche Hersteller haben in den vergangenen Jahrzehnten aufgeben müssen. Die Namen Grundig und Saba sind Geschichte. Unter den Labels Nordmende und Telefunken gibt es zwar noch Geräte. Sie werden aber von anderen Herstellern produziert, die sich die Lizenzen an den Markennamen gesichert haben. In Deutschland produzieren nur noch die Firmen Technisat (Magdeburg) und Metz (Zirndorf).

Doch geht es nur deutschen Herstellern so? Warum rutschte Loewe in solche Schwierigkeiten? Oder haben Fernseher in Zeiten von Smartphones und Tablets einfach keine Zukunft mehr?

Es fehlen die Technologiesprünge

Jens von Wedel kennt diese Problematik. „Für die sogenannten Millenials ist das Fernsehgerät nicht mehr so wichtig“, weiß der Experte für Konsumgüter bei der Unternehmensberatung Oliver Wyman. „Sie schauen ihre Programme häufig auf mobilen Endgeräten.“ Für ihn sind jedoch nicht die veränderten Sehgewohnheiten der Grund für die Probleme der Hersteller, sondern der Mangel an Innovationen. „In den vergangenen 15 Jahren hat zunächst ein massives Wachstum auf dem Markt für Fernseher stattgefunden“, erklärt er.

Mit immer besserer Auflösung, immer flacheren Bildschirmen und neuen Technologien sei der Absatz von Fernsehern enorm hoch gewesen. „Viele Kunden haben sich im Abstand weniger Jahre neue Geräte angeschafft.“ Doch 2011 war damit Schluss. Von damals 9,7Millionen verkauften Geräten sank der Wert bis 2018 auf nur noch 6,8 Millionen.

„Es fehlen die neuen Technologiesprünge und die neuen Produkte, weshalb sich die Kunden wieder ein neues Gerät zulegen müssen“, meint von Wedel. Für viele neue Technologien sei zudem bisher kaum Content da, um sie zu nutzen. Der eindeutige Beleg für die Stagnation: Selbst im WM-Jahr 2018 war der Absatz nur konstant. Für 2019 – ein Jahr ohne Mega-Sportereignis – sind die Erwartungen daher mäßig.

Samsung, LG und Co. wachsen trotzdem weiter

Doch die Zeiten der hohen Nachfrage haben ihre Spuren in der Produktion hinterlassen. „Die Hersteller haben ihre Kapazitäten ausgebaut und die Produktion weiter in kostengünstige Standorte wie Osteuropa oder Asien verlagert“, so von Wedel. Die Produzenten in Hochlohnländern wie Deutschland gerieten dadurch unter Druck; auch deshalb, weil Fernseher in den vergangenen 15 Jahren viel günstiger geworden sind.“

Große Hersteller wie Samsung oder LG können den Nachfragerückgang bisher besser verkraften. „Auch in den Jahren stabiler und rückläufiger Absatzzahlen haben es viele der großen Volumenhersteller geschafft, weiter zu wachsen“, meint von Wedel. „Dabei profitieren sie natürlich auch davon, dass kleinere Anbieter verschwinden.“ Der Experte ist sich dennoch sicher, dass Fernseher auch in Zukunft in deutschen Wohnzimmern stehen werden. Entscheidend sei, ob bald wieder eine technologische Innovation komme.

Für Luxus zu billig, für die Masse zu teuer: Loewe konnte sich zuletzt nicht gut vermarkten.
Für Luxus zu billig, für die Masse zu teuer: Loewe konnte sich zuletzt nicht gut vermarkten.

© picture alliance/dpa

Dafür stand Mitte des vergangenen Jahrhunderts auch der Name Loewe. Das Unternehmen, das in Berlin-Friedenau gegründet wurde und lange Jahre seine Werke in Steglitz am Teltowkanal hatte, meldete zwischen 1925 und 1931 weltweit die meisten Fernsehpatente an. Der sogenannte Flying-Spot-Scanner, der 1931 auf der Internationalen Funkausstellung präsentiert wurde und als eine Grundlage der kabellosen Fernsehübertragung gilt, schaffte es sogar auf die Titelseite der New York Times.

Doch Loewe gelang es zuletzt nicht mehr, aus dieser Firmengeschichte Kapital zu schlagen. „Loewe hat versucht, sich im hochpreisigen Segment zu etablieren“, erklärt Thomas Roeb. Er ist Wirtschaftsprofessor an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und aus seiner Sicht lautet die Frage nicht „Warum ist Loewe jetzt pleite?“, sondern vielmehr „Warum gibt es Loewe überhaupt noch?“.

Bang & Olufsen zeigt, wie es geht

„Das strategische Problem von Loewe ist, dass die Marke nicht stark genug war, um im echten Luxus- Segment zu reüssieren“, meint Roeb. „Gleichzeitig waren die Produktionskosten aufgrund der geringen Stückzahl und des Standorts Deutschland aber zu hoch, um im Wettbewerb mit asiatischen Anbietern bestehen zu können.“

Er blickt nach Dänemark, um zu illustrieren, was der richtige Weg für Loewe gewesen wäre. „Wie es besser geht, zeigt beispielsweise der dänische Hersteller Bang & Olufsen“, findet Roeb. „Die haben es geschafft, sich im Luxus-Bereich zu etablieren und können daher für ihre Fernseher auch zwischen dem 10- und 20-Fachen verlangen wie etwa Samsung oder LG.“

Dass „Loewe“ nun gepfändet ist, dürfte es noch schwieriger machen, potentiellen Investoren, ein solches Modell zur Rettung der Traditionsmarke vorzuschlagen. Die IG Metall warf Riverrock bereits vor, Loewe ausbluten zu lassen, um „mit den Trümmern Geld zu verdienen“. Einen Kredit über neun Millionen Euro, den Loewe zur Fortführung des Geschäfts gebraucht hätte, hatte die Beteiligungsfirma verweigert. Und so stehen die Bänder in Kronach ab Montag wohl still. Der Umsatz habe zuletzt nicht mal mehr gereicht, um die Löhne der Mitarbeiter zu zahlen, hieß es. Um schwarze Zahlen zu schreiben, hätte er rund zwei Drittel höher liegen müssen.

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