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Innovativ und praktisch - und auf 4,57 Meter Länge bietet der Arkana viel Platz.

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Renault Arkana E-Tech 145 Techno: Mit der Kraft der drei Herzen

Der neue Arkana ist ein sparsames und preiswertes SUV-Coupé und fährt mit einem einzigartigen Hybrid-Antrieb vor

2008 schickte BMW den X6 ins Rennen. Ein aberwitziges Auto. Da wurde einfach einem höher gebockten massigen Geländewagen die hintere Dachpartie „eingedrückt“ - und fertig war das SUV-Coupé. Mit weniger Platz, schlechterer Sicht, höherem Preis. Aber eben begehrenswert! Der Coup ging auf. Trotz der horrenden Preise weit jenseits der 90.000 Euro. Warum, so fragten sich die Franzosen, muss ein begehrenswertes SUV-Coupe so provokant, so massig und vor allem so teuer sein?

Warum sollte solch ein Konzept nicht auch in der angesagten Kompaktklasse funktionieren? Und so erblickte der Renault Arkana vor einem Jahr das Licht der Auto-Welt. Kleiner, sozialverträglicher, viel günstiger - nicht weniger schick. Und im Innenraum sorgen ein wertiger Materialmix, angenehme Softoberflächen, eine stilvolle Ambientebeleuchtung und riesige Displays für ein ebenso modernes wie wohnliches Ambiente.

In der Kompaktklasse ist das neue SUV-Coupé von Renault noch eine Rarität. Eigentlich gibt es nur mit dem Cupra Formentor in der ganz neuen Basismotorisierung mit 150 PS ein vergleichbares Modell. Doch der Spanier ist teurer und durstiger. Die technische Basis des im südkoreanischen Busan produzierten SUV-Coupé stammt vom Captur. Allerdings übertrumpft der Arkana mit seiner Länge von 4,57 Metern sogar das normale SUV Kadjar.

Auch beim Radstand übertrifft er mit 2,72 Metern die Modelle Captur und Kadjar. Ein stattliches Auto also. Und das kommt trotz der sportlich wirkenden Coupé-Form den Passagieren und deren Gepäck zugute. Selbst Basketball-Typen müssen im Fond nicht um ihre Frisuren fürchten. Zudem kann sich auch keiner über mangelnde Kniefreiheit in der zweiten Reihe beschweren. In der Mittelkonsole der Rückbank befinden sich die Lüftungsdüsen der Klimaanlage und die Ladebuchsen. Passt also alles.

Und ganz hinten? Das Kofferraumvolumen sinkt lediglich um 33 Liter auf 480 Liter. Die gebremste Anhängelast schrumpft von ohnehin mäßigen 900 auf nun 760 Kilogramm. Wird die Rückbank umgeklappt, wächst das Volumen auf ordentliche 1263 Liter Volumen an. Und in Kombination mit dem flexiblen Kofferraumboden entsteht eine komplett ebene Ladefläche mit einer Länge von 1,87 Metern. Unter dem Ladeboden findet sich etwas heutzutage Seltenes: kein schnödes Pannenhilfeset, sondern ein brauchbares Notrad.

Beim Arkana arbeiten unterm Blech gleich drei Motoren - zwei elektrische Aggregate und ein Verbrenner.

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Doch es kommt ja nicht nur auf eine schöne Verpackung an, sondern mehr noch auf das, was drinnen steckt. Und das ist beim Arkana E-Tech 145 ein einzigartiger Hybridantrieb.  Es handelt sich um ein hochkomplexes System, das Renault nach eigenen Aussagen "mal für die Formel Eins entwickelt hat". Die Franzosen schwören auf die Kraft der drei Herzen. Es arbeiten zwei Elektromotoren und ein Verbrenner zusammen.

Beim Benziner handelt es sich um einen 1,6 Liter großen Aluminium-Vierzylinder mit konventioneller Mehrpunkt-Einspritzung. Der Sauger leistet 94 PS. Hinzu kommen 49 PS des Hauptelektromotors, der in das neuartige Getriebe integriert ist, sowie 20 PS eines zweiten Elektromotors, der auch als Startergenerator fungiert. Die sogenannte Systemleistung beträgt 143 PS. Dank Vierwegekatalysator mit Partikelfilter erfüllt der Arkana die schärfste Abgasnorm Euro 6d.

Die Herzkammer des Hybridantriebs ist das sogenannte Multimode-Automatikgetriebe, das in der Charakteristik zwar einer CVT-Automatik ähnelt, dessen Prinzip jedoch von den Formel-1-Boliden stammt. Der vergleichsweise starke Starter-Generator ist für die optimale Drehzahlangleichung verantwortlich, um die fehlende Synchronisation auszugleichen. Außerdem ist die Reibung des Getriebes stark reduziert, das hilft bei der Energie-Rückgewinnung und senkt den Verbrauch.

Dieses spezielle Getriebe aus dem Rennsport bietet zwei elektrische Gänge und vier Gänge für den Benziner. „Geschaltet“ wird ohne Kupplung; deren Aufgabe übernimmt der 20-PS-Elektromotor durch Anpassung der Drehzahl. Das Anfahren geschieht immer rein elektrisch. Mit leisem Surren. Und mit Nachdruck!

Denn der 49 PS starke Elektromotor sorgt mit seinen 205 Newtonmeter Drehmoment aus dem Stand heraus für ein bemerkenswert geschmeidiges und auch flottes Anfahren.  Er macht seine Sache ordentlich bis gut Tempo 70, wenn der kleine 1,2 kWh-Akku im Heck mehr als die Hälfte gefüllt ist. Das sieht man im gestochen scharfen Display. Will man schneller fahren, schaltet sich der Benziner zu. Geschmeidig.

Ohne Rucken. Dass er nun auch im Antriebsreigen mitspielt, ist lediglich an seinem kernigen Klang zu erkennen. Doch er schaltet sich auch schnell wieder ab, wenn die Akku-Anzeige im digitalen Display nicht kurz vor Reserve steht. Dann kann wieder ein Stück abgasfrei gestromert werden. Im Stadtverkehr lassen sich bis zu 80 Prozent aller Wege elektrisch zurücklegen.

Mittels effektiver Bremsenergierückgewinnung lädt der Arkana die Batterie automatisch auf - ohne Kabelsalat und Stecker, ohne Suche nach einer Ladesäule. Im sogenannten „B“-Modus (B steht für Bremsen) gewinnt der E Tech nämlich schon Energie zurück, wenn man den Fuß vom Gaspedal nimmt. Dabei verlangsamt sich das Auto fast bis zum Stillstand. Man gewöhnt sich schnell an diese Art des „bremsenlosen“ Fahrens in der Stadt.

Mehr Platz als gedacht: Zwischen 480 und 1263 Litern fasst der Kofferraum - und bietet eine komplett ebene Ladefläche von 1,87 Metern Länge.

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Das alles funktioniert wunderbar über Land beim automobilen Schlendern mit dem Extra-Spar-Hintergedanken. Dafür kauft man ja gemeinhin einen Voll-Hybriden. Die Werkangaben:  Die Beschleunigung von 0 auf Tempo 100 geschieht in 10,8 Sekunden, und die versprochene Spitze von 174 km/h wird erst mit einigem Anlauf erreicht.

Die Abteilung Attacke unter den PS-Junkies wird mit diesem Antrieb nicht glücklich werden.  Wer Vollgas fährt oder nichts, für den ist dieses Spritsparmobil der besonderen Art das völlig falsche Auto. Denn selbst im Sport-Modus agiert das Getriebe behäbig und mit deutlichen Pausen beim Hochschalten sowie hin und wieder mit einem kleinen Ruckler inklusive ungleichförmiger Verzögerung beim starken Bremsen aus hohem Tempo.

Dafür hilft es auf besondere Weise beim Sprit sparen. Mit der effizienten Rekuperationstechnik gewinnt das Auto selbst auf der Autobahn noch Strom und leitet ihn in die kleine Speicherbatterie zurück. Man erkennt den jeweiligen „Stromfluss“ am Display - von der Batterie zum Vorderradantrieb, vom Motor zur Batterie und von der Batterie und Motor gleichzeitig zum Vorderradantrieb. Das ist interessanter als jede „Tatort“-Wiederholung!

Man stellt sich schnell auf einen „ganz anderen“ Fahrstil ein. Das Geheimnis des erstaunlichen geringen Praxisverbrauchs liegt in einem gefühlvollen Gasfuß. Sanft beschleunigen ist hier das Maß der Dinge. Und immer wieder mal kurz den Fuß vom Gas,  und dann rekuperiert das Auto selbst bei Autobahntempo 130. „Faszinierend“ würde Mr. Spox von der „Enterprise“ sagen.

Gegenüber einem „normalen“ Benziner spart man bis zu 40 Prozent. Auf den insgesamt 1850 Testkilometern betrug der Praxisverbrauch des 1.510 Kilogramm schweren Crossovers erstaunlich niedrige 4,8 Liter Super E10 pro 100 Kilometer; nur 0,6 Liter über der Werksangabe. Auf der obligatorischen Sparrunde waren es gar glatte vier Liter! Und in der Stadt schafft man nach etwas Übung sogar eine Drei vor dem Komma!

Zugegeben, die mächtigen 18-Zoll-Räder machen was her. Doch so richtig sinnvoll sind sie nicht in einem Auto, dessen Konstruktion sich eigentlich dem intelligenten Spritsparen verschrieben hat. Die 225er Breitreifen erhöhen den Laufwiderstand und damit auch den Benzinverbrauch. Und auch dem Federungskomfort sind sie nicht gerade zuträglich.

Das neue Arkana SUV-Coupé könnte ein großer Erfolg werden - es ist günstig, wirkt aber weder außen noch innen billig.

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Nun die schlechte Nachricht: Renault hat am 13. Mai die Ausstattungslinien geändert. Statt Intense nun Techno. Und die Franzosen haben gleich die Preise kräftig erhöht: Statt 33.150 Euro kostet der Arkana E-Tech 145 in der neuen Designlinie Techno nun 35.350 Euro. Hier sind bereits 14 Assistenten, Klimaautomatik, 18-Zoll-Räder und das große Multimediasystem mit XL-Touchscreen mit an Bord.

Unser Testwagen mit Bose Surround Sound System (1200 Euro) Autobahn- und Stauassistent (790 Euro), Notrad (200 Euro) und der auffälligen Sonderlackierung DeZir-Rot (890 Euro) kommt so auf 38.430 Euro. Schwacher Trost: Ein viel kleineres SUV-Coupe der Kleinwagenklasse namens VW Taigo kostet mit vergleichbarer Ausstattung und Leistung gut 2000 Euro mehr als der stattliche Arkana.

Fazit. Als E-Tech Hybrid 145 könnte das ausgewogene Renault-SUV-Coupe eine ähnliche Rolle spielen wie 31 Jahre zuvor der Kompakt-Van Scenic und ebenfalls zu einem großen Erfolg werden. Die Studie Scenic wurde 1991 auf der IAA vorgestellt, die Markteinführung in Europa fand Ende 1996 statt. Etwas höher als ein normaler Kombi, dennoch kompakt und nicht klobig. Erst fünf Jahre später kam das Auto auch in Deutschland zu den Händlern.

Der Renault Scenic wurde ein Riesenerfolg. Mehr Platz auf der Grundfläche eines VW Golf, übersichtlicher als ein normaler Kombi, und wegen der höheren Sitzposition gewannen Fahrer und Passagiere ein Gefühl der Sicherheit. Renault hatte den europäischen Kompakt-Van erfunden – und damit einen neuen Mode-Trend gesetzt. Erst sieben Jahre später folgte VW mit dem konzeptgleichen Touran.

Das neue Coupe-SUV Arkana könnte in die großen Fußstapfen des Scenic treten. Das kompakte schnittige SUV ist modisch und zugleich praktisch. Es ist günstig, wirkt aber weder außen, noch innen billig. Und es hat mit dem innovativen Hybrid-System einen Antrieb an Bord, der in diesen unsicheren Zeiten, da viele nicht wissen, ob und wenn ja, welches neue Auto sie kaufen sollen, etwas Gewissheit vermitteln könnte.

Ein geräumiges Familienauto, das gut aussieht, weniger als fünf Liter auf 100 Kilometer verbraucht und das ohne Tankstopp fast 1000 Kilometer weit fährt, das könnte eine Überlegung wert sein. Allerdings: 2.950 Euro Mehrpreis gegenüber dem geschmeidigen TCe 140, der laut Werksangaben nur 1,1 Liter mehr auf 100 Kilometer verbrauchen soll und obendrein die besseren Fahrleistungen bietet, sind kein Pappenstiel.

Allerdings: Ein Elektroauto ist derzeit noch viel teurer als der teilelektrische Hybrid von Renault, und es fährt mit einer „Tankfüllung“ nicht annähernd so weit. Und außerdem gibt es noch viele Unwägbarkeiten in der E-Mobilität wie die nicht ausreichende Ladeinfrastruktur, die künftige Entwicklung der Strompreise und nicht zuletzt die extrem langen Wartezeiten sowie die auslaufende Förderung.

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