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Lediglich 70,6 Prozent der Fahrgäste kamen 2022 mit weniger als 15 Minuten Verspätung an ihrem Zielort an.

© dpa/Daniel Reinhardt

Marode und überlastete Infrastruktur: Fast jeder dritte DB-Fernzug war 2022 mindestens 15 Minuten zu spät

Wer mit der Deutschen Bahn im Fernverkehr unterwegs ist, muss sich immer häufiger auf Verspätungen einstellen. Daran wird sich so schnell auch nichts ändern.

Sehr schlechte Quote der Deutschen Bahn: Fast jeder dritte Fernverkehrsreisende bei der DB hat 2022 sein Ziel mit mindestens 15 Minuten Verspätung erreicht. Lediglich 70,6 Prozent der Fahrgäste kamen mit weniger Verspätung an ihrem Zielort an, wie aus einer Antwort des Bundesverkehrsministeriums an ein Abgeordnetenbüro hervorgeht und von der Deutschen Presse-Agentur am Freitag in Berlin berichtet wurde.

Die sogenannte Reisendenpünktlichkeit hat sich demnach von 2021 zu 2022 um zehn Prozentpunkte verschlechtert. 2017 kamen noch gut 86 Prozent der Fahrgäste mit weniger als 15 Minuten Verspätung an ihrem Ziel an.

Die Bahn veröffentlicht monatlich, wie viele Halte mit weniger als sechs Minuten Verspätung erreicht wurden (im August 63,4 Prozent im Fernverkehr). Daraus lässt sich aber nicht schließen, wie oft Anschlüsse verpasst wurden oder Züge komplett ausgefallen sind.

Angebotssteigerungen sind aktuell nur noch begrenzt möglich.

Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag

Die Reisendenpünktlichkeit kommt daher dem tatsächlichen Reisegefühl der Fahrgäste näher, weil auch ein verpasster Anschluss die Statistik beeinflusst. Sie wird ebenfalls von der Bahn erfasst, aber nicht regelmäßig veröffentlicht.

Die Bahn steht seit Monaten wegen der schlechten Pünktlichkeitswerte in der Kritik. 2022 stürzten die Werte ab, unter anderem weil viele Baustellen den Verkehr beeinträchtigten. Die Bahn-Infrastruktur gilt als marode und wurde in den vergangenen Jahren kaum erneuert, gleichzeitig stieg aber der Bedarf an Zugverkehr. Auf dem bestehenden Netz gibt es kaum Kapazitäten für weitere Züge.

Das zeigt sich auch in den Ursachen für die Verspätungen. Der Antwort des Ministeriums zufolge lassen sich 60,9 Prozent der „Verspätungsereignisse“ zwischen Januar und Juli 2023 auf „belastungsbedingte Verspätungen“ zurückführen – im Vergleich zu 46,4 Prozent im Jahr 2015.

Zu dieser Art der Verspätungen gehören insbesondere Zugfolgekonflikte. Weil die Bahn in den 1990er Jahren viele Schienen und Weichen abgebaut hat, können sich die Züge an vielen Stellen im Netz nicht überholen.

„Die vielen betroffenen Fahrgäste leiden also unter einer Infrastruktur, die eine zunehmende Zahl an Zügen nicht mehr bewältigen kann“, sagt dazu Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag.

„Angebotssteigerungen sind aktuell nur noch begrenzt möglich. Gerade im Nah- und Personenverkehr können bessere Angebote erst dann kommen, wenn zusätzliche Infrastruktur fertiggestellt wird“, sagte Gastel. Es liege im Interesse der Fahrgäste, dass nicht nur mehr saniert und ausgebaut, sondern auch neu gebaut werde.

Die Bahn plant für die nächsten Jahre zahlreiche Generalsanierungen auf besonders wichtigen Strecken. So soll die Pünktlichkeit verbessert und durch neuere Bahntechnik die Kapazität des Netzes erhöht werden. Der Neubau spielt zunächst eine untergeordnete Rolle. (dpa)

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