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In der Kartusche befinden sich Mineralien wie Magnesium, Calcium und Kalium

© mitte®

Auf Knopfdruck: Mineralwasser zum selber Brauen

Ein Berliner Start-up baut eine Anlage, die Wasser mit Mineralstoffen versetzt. Das Endprodukt soll dann wie Gerolsteiner schmecken - aber geht das überhaupt?

Mineralwasser ist eines der Lieblingsgetränke der Deutschen. Allein 2017 hat jeder Bundesbürger im Schnitt mehr als 152 Liter davon getrunken. Kein Wunder, denn Mineralstoffe wie Magnesium, Calcium oder Eisen sind die Basis für eine gesunde Ernährung. Da der Körper jedoch keine Mineralstoffe selbst bilden kann, nimmt er diese über die Nahrung auf. Unter anderem über das Mineralwasser. In gelöster Form nimmt der Körper die Mineralien nämlich besonders gut auf. Darauf baut auch das Berliner Start-up Mitte. Das Unternehmen will mit einer von ihm hergestellten Wasseraufbereitungsanlage aus Leitungswasser Mineralwasser machen.

"Das gesündeste Mineralwasser der Welt"

Geräte, um Leitungswasser zu filtern und mit Sprudel anzureichern gibt es zwar schon lange. Doch Mitte geht noch einen Schritt weiter und reichert das Wasser aus dem Hahn auch noch mit Mineralien an. Selbstbewusst behaupten die Gründer von Mitte auf ihrer Website, dass die Anlage für Zuhause das „gesündeste und sauberste Mineralwasser der Welt“ herstellen könne. Dazu werde das Wasser zunächst per Destillation von sämtlichen Schadstoffen wie Hormonen und Nitraten gereinigt. Das reine H2O, das durch Erhitzen, Verdampfen und Kondensation entsteht, durchläuft anschließend verschiedene Gesteinsschichten, die sich in einer Kartusche befinden. Angeboten werden bis jetzt drei Varianten, von denen jede eine andere Kombination von Mineralien enthält.

Mitte verspricht viel - die Aussagen müsste man verifizieren

Eine Kartusche soll für 400 Liter Wasser reichen und um die 50 Euro kosten. Noch ist die Anlage nicht erhältlich, doch sie kann im Netz vorbestellt werden. Mehr als 275 000 Euro zahlten Unterstützer bereits auf den Crowdfunding-Websites Kickstarter und Indiegogo. Ab April 2018 soll die Anlage dann regulär im Verkauf erhältlich sein – für stattliche 529 Euro pro Stück, drei Kartuschen inklusive. Für den schnellen Durstlöscher zwischendurch ist die Anlage allerdings eher ungeeignet, die Aufbereitung des Wassers braucht Zeit: Für einen Liter etwa zwei Stunden. Das Ergebnis ist dann pures Wasser, das mit Mineralien versetzt ist.

„In der Tat verspricht Mitte sehr viel – ihre Aussagen müsste man allerdings im Labor verifizieren“, meint Torsten Laub vom Fresenius Institut. Technisch gesehen, klingt die Anlage für ihn sehr aufwendig.

Welches Wasser darf sich "Mineralwasser" nennen?

Zudem stellt sich die Frage, ob sich dieses angebliche Wunderwasser auch Mineralwasser nennen darf. Der Verband Deutscher Mineralbrunnen (VDM) will dem Unternehmen die Nutzung des Begriffs nämlich untersagen. Nach Angaben des Start-ups hat der Verband sie per Unterlassungserklärung aufgefordert, das produzierte Wasser nicht als Mineralwasser zu bezeichnen. Auf Anfragen des Tagesspiegels wollte sich der VDM dazu allerdings nicht äußern.

Tatsächlich ist die Wortkombination „natürliches Mineralwasser“ geschützt. Die Mineral- und Tafelwasserverordnung definiert natürliches Mineralwasser als „Wasser, das seinen Ursprung in unterirdischen, vor Verunreinigung geschützten Wasservorkommen hat und aus einer oder mehreren natürlichen oder künstlich erschlossenen Quellen gewonnen wird“. Außerdem ist es durch seinen Gehalt an Mineralien und Spurenelementen gekennzeichnet und muss am Quellort abgefüllt werden. Weiter heißt es, dass natürliches Mineralwasser nur dann gewerbsmäßig in den Verkehr gebracht werden darf, wenn es amtlich anerkannt ist. Mineralwasser ist das einzige deutsche Lebensmittel, das eine solche amtliche Anerkennung benötigt. Diese wird auf Antrag erteilt, wenn das Wasser bestimmte Anforderungen erfüllt.

Das Start-up verwendet in seinen Texten jedoch ausschließlich den Begriff Mineralwasser und nicht die geschützte Wortkombination „natürliches Mineralwasser“. Der Einwand des VDM, eine Verletzung der Begrifflichkeiten liege vor, wäre demnach hinfällig, heißt es bei dem Berliner Unternehmen.

Wasser vom Typ Evian bis Gerolsteiner

Weiter hätte der VDM nach Angaben von Mitte gemahnt: Das Start-up dürfe sein von ihm produziertes Wasser nicht mit anderen bereits auf dem Markt erhältlichen Mineralwässern vergleichen. Mitte schreibt auf seiner Website, dass eine Kartusche eine Mineralzusammensetzung ähnlich des französischen Wassers Evian hätte und das Geschmackserlebnis das Gleiche wäre. Eine andere Kartusche erzeuge ein Wasser wie die Marke Vittel und wieder eine andere könnte man mit dem deutschen Gerolsteiner vergleichen. Tatsächlich haben laut dem Bundesjustizministerium Inhaber einer Marke das Recht, Dritten zu untersagen ihren Namen zu verwenden. Da sich aber weder Evian, Vittel noch Gerolsteiner selbst beschwert haben, bleibt der Verband der Mineralbrunnen mit seinem Einwand weitgehend machtlos.

Evian erklärt dazu auf Anfrage lediglich: „Was die Natur geschaffen hat, kann auf industriellem Weg nicht kopiert werden. Das natürliche Mineralwasser von Evian und dessen einzigartige mineralische Zusammensetzung kann man nicht imitieren.“ Auch Gerolsteiner lässt sich von dem Wasser von Mitte nicht beeindrucken. Mineralwasser sei ein Naturprodukt, das sich nicht auf künstliche Weise durch die Zugabe eines Mineralstoffgemischs zu Leitungswasser herstellen lasse.

Johanna Palla

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