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Microsoft: Milliardenschwerer Patentstreit

Das Geschäft um Musik im MP3-Format könnte als Folge einer Milliarden-Patentstrafe gegen Microsoft vor schweren Turbulenzen stehen. Hat das Urteil Bestand dürfte der gesamten Internet-Musikbranche eine Klagewelle bevor stehen.

New York - Microsoft hatte das Recht auf Nutzung der Technologie wie viele andere Unternehmen vom deutschen Fraunhofer- Institut erworben. Ein US-Gericht gab am Donnerstag jedoch dem Netzwerkausrüster Alcatel-Lucent recht, der seine Patente verletzt sah und verurteilte Microsoft zur Zahlung des gewaltigen Betrags von 1,52 Milliarden Dollar (1,16 Mrd Euro). Microsoft betrachtet das Urteil als ungerechtfertigt und wird möglicherweise in Berufung gehen.

Das Urteil öffne Alcatel-Lucent die Möglichkeit, gegen hunderte andere Unternehmen vorzugehen, die Lizenzen zur Nutzung der MP3-Technologie bei Fraunhofer erworben hätten, warnte der Windows-Hersteller. "Sollte diese Gerichtsentscheidung bestätigt werden, würde das Alcatel-Lucent den Weg bereiten, gegen eine große Zahl von Unternehmen gerichtlich vorzugehen, die diese Patente unrechtmäßig nutzen", hieß es von Analysten.

Streit um Patente

Alcatel-Lucent wirft dem weltgrößten Softwarekonzern vor, zwei seiner Patente am MP3-Format im Windows Media Player ohne Erlaubnis zu nutzen. "Wir glauben, dass dieses Urteil auf der Basis des Gesetzes und der Fakten komplett unbegründet ist", teilte Microsoft in einer offiziellen Stellungnahme mit. Hersteller von MP3-Playern dürften nach Einschätzung eines Experten vom Fraunhofer Institut allerdings kaum betroffen sein, da die fraglichen Patente sich auf das Erstellen (encoding), nicht das Abspielen von MP3-Songs beziehen.

Wie "hunderte andere kleine und große Firmen" habe Microsoft die MP3-Technologie vom bekannten MP3-Entwickler Fraunhofer lizenziert, teilte der Softwarekonzern mit. Das Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen IIS hatte 1992 in enger Zusammenarbeit mit AT&T Bell Labs und Thomson das MP3-Format für digitale Musik als Standard verabschiedet. Seit 1995 wickelt die später von den Bell Labs übernommene Thomson das eigene als auch das Lizenzgeschäft des Instituts ab. Insgesamt werden 20 Patentfamilien weltweit verwaltet. Die jüngste Gerichtsentscheidung betreffe aber zwei US-Patente, sagte Professor Heinz Gerhäuser, Leiter des Fraunhofer Instituts IIS. Eine Stellungnahme zu dem Fall gab das Institut bislang nicht ab.

Schadensersatz gefordert

Dem Institut zahlt der Konzern Lizenzen in Höhe von 16 Millionen Dollar. Demgegenüber sei die Forderung von Alcatel-Lucent von 1,5 Milliarden Dollar "unverschämt", so Microsoft. Für die Berechnung des Schadenersatzes hatte das Unternehmen den durchschnittlichen Preis der zwischen Mitte 2003 und 2005 verkauften Windows-PCs zu Grunde gelegt. An die Lizenzrechte kam das Unternehmen im Zuge einer Übernahme von Lucent Technologies im vergangenen Jahr, zu dem auch Bell Labs gehörte.

"Dieser Fall ist nur einer innerhalb eines großen Disputs zwischen Microsoft und Alcatel-Lucent", betonte Microsoft. Der gerichtlichen Auseinandersetzung war bereits 2003 ein Rechtsstreit vorausgegangen. Damals hatte Lucent Microsoft-Kunden, darunter den PC-Herstellern Dell und Gateway, Patentverletzungen vorgeworfen. Microsoft hatte sich daraufhin für mögliche Entschädigungen in das Verfahren eingeschaltet. Gegen das jüngste Urteil in San Diego will der Softwarekonzern in Berufung gehen. (tso/dpa)

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