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Warenhäuser: Metro bedrängt Arcandor

Die neue Deutsche Warenhaus AG rückt näher: Metro-Chef Cordes will bei Kanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier für die Arcandor-Übernahme werben. Es wäre das Aus für 40 Karstadt-Häuser.

Im Gezerre um die Zukunft der Karstadt-Muttergesellschaft Arcandor mit seinen rund 50.000 Beschäftigten hat der Düsseldorfer Handelskonzern Metro sein Übernahme-Angebot konkretisiert. "Wir sind sicher, dass wir von den 90 Warenhäusern 60 übernehmen und in unser Galeria-Kaufhof-Konzept integrieren können", sagte Metro-Finanzvorstand Thomas Unger der Welt. Damit gebe der Konzern "dem weit überwiegenden Teil der Beschäftigten eine gesicherte Zukunft". Arcandor ist mittlerweile bereit, mit der Kaufhof-Mutter über die vorgeschlagene Zusammenlegung zu einer "Deutschen Warenhaus AG" zu sprechen. Beide Seiten hätten inzwischen für nächste dazu Woche ein Spitzengespräch vereinbart, sagte ein Arcandor-Sprecher.

Das erste Gerüst Deutschen Warenhaus AG könnte bereits Ende Juli stehen. Wie Medien unter Berufung auf Koalitionskreise berichten, sollen demnach 30 Karstadt-Häuser und 10 Filialen von Galeria Kaufhof der insgesamt 206 Warenhäuser geschlossen werden. Von diesen insgesamt 40 bedrohten Standorten könnten aber 20 Häuser als Elektromärkte oder von anderen Handelsfirmen weitergeführt werden. Bei einem Zusammengehen beider Warenhaus-Unternehmen müssten bis zu 5000 Vollzeitkräfte abgebaut werden.

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nannte den Vorschlag einen "interessanten Weg". Er sagte am Donnerstagmorgen im Deutschlandfunk, wenn dieser verfolgt werden solle, "dann muss es nur schnell gehen".

Unger sprach von 4000 Mitarbeitern, die aber sicherlich "nicht alle arbeitslos werden, wie immer wieder behauptet wird". Metro habe bereits vorgefühlt. Es gebe Interesse einer ganzen Reihe von Handelsketten an den Häusern. "Unsere eigene Elektronik-Handelskette Saturn gehört dazu". Und sicherlich seien die Häuser auch für die großen Textilketten, Projektentwickler, vielleicht auch Einkaufscenterbetreiber interessant. "Wir planen keine Leichenfledderei und spekulieren auch nicht auf eine Insolvenz von Arcandor", sagte Unger und fügte hinzu: "Wir wollen kein einziges Haus schließen, das Geld verdient."

Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach am Donnerstag mit Metro-Chef Eckhard Cordes über die Zukunft von Arcandor. Wie aus Regierungskreisen verlautete, präzisierte Cordes dabei seine Pläne für einen Zusammenschluss der Karstadt-Warenhäuser von Arcandor mit der eigenen Kaufhof-Kette.

Zwar hält die SPD auch weiterhin an staatlichen Hilfen für Arcandor fest – spielt nach Informationen der Financial Times Deutschland aber zugleich eine Fusion von Karstadt mit dem Rivalen Kaufhof durch. Demnach lotet die Parteispitze derzeit aus, ob der Handelskonzern abseits des Deutschlandfonds einen Überbrückungskredit direkt bei der Staatsbank KfW erhalten kann. In Regierungskreisen sei das Volumen auf gut 300 Millionen Euro beziffert worden. Die Finanzspritze solle Arcandor in die Lage versetzen, mit der Kaufhof-Mutter Metro "auf Augenhöhe zu verhandeln".

Zuvor hatte die EU-Kommission, die eventuelle Staatshilfen für Arcandor bewilligen muss, einer Bürgschaft des Bundes über 650 Millionen Euro eine Absage erteilt. Man sehe dafür keine Grundlage, weil die Probleme des Konzerns nicht erst mit der Finanzkrise begonnen hätten, sagte ein Sprecher von Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes am Mittwoch. Mit dem so genannten Deutschlandfonds kann die Bundesregierung nur solche Unternehmen unterstützen, die nicht durch Fehler im Management, sondern im Zuge der Finanzkrise in Not geraten sind. Als Stichtag gilt der 1. Juli 2008 – bestanden bereits vorher Probleme, dreht der Bund den Geldhahn nicht auf.

Aus Berlin, wo erneut der Bürgschaftsausschuss des Bundes tagte, folgten auch prompt negative Signale an Arcandor. Die EU-Kommission habe deutlich gemacht, dass der Weg über den Deutschlandfonds versperrt sei, sagte Wirtschaftsminister Guttenberg. "Wir haben heute eine sehr klare Ansage aus Brüssel bekommen, dass Arcandor bereits zum 1. Juli 2008 ein Unternehmen in Schwierigkeiten war."

Der Betriebsrat der Versandsparte von Arcandor sieht sich in dem dem Rettungsprozess zunehmend ins Abseits gedrängt. "Es konzentriert sich derzeit alles auf die Warenhäuser. Wir befürchten, dass Quelle unter die Räder kommt", klagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Quelle GmbH, Ernst Sindel. "Der Schwerpunkt liegt immer auf Karstadt. Aber uns zieht es bei einer Insolvenz mit runter", sagte Sindel. "Dann wäre die Schnäppchenjagd eröffnet."

Der Bürgschaftsausschuss der Bundesregierung – ein Gremium von Fachberatern mehrerer Ministerien – ist die erste Hürde, die Arcandor nehmen müsste, um Staatshilfe zu bekommen. Guttenberg sagte, das Gremium sei zu keinem Ergebnis gekommen. Das Prozedere solle so lange wie möglich offen bleiben. Es gebe Fragen zur Stabilität und Zukunftsfähigkeit des vorgelegten Konzepts. Vor allem von den Banken und Eigentümern würden mehr Antworten erwartet.

Doch gerade die Banken verlangen ihrerseits mehr Klarheit über die Zukunftsfähigkeit von Arcandor. Am 12. Juni laufen viele Kredite für den Konzern aus, die Verhandlungen über eine Verlängerung der Kreditlinie oder der Gewährung neuer Darlehen sind inzwischen ins Stocken geraten. Vor allem die kleineren Gläubigerbanken sind laut Medienberichten nicht mehr dazu bereit, auf Arcandor zuzugehen. Offenbar rechnen einige der Institute nicht mehr damit, dass das Unternehmen tatsächlich Staatshilfe erhalten wird und versuchen nun zu retten, was noch zu retten ist.

Viele fordern aber auch, die Großaktionäre, die Kölner Bankiersfamilie Oppenheim und die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz, stärker in der Pflicht zu nehmen. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte, es sei zu klären, was für Sicherheiten bereitgestellt werden könnten und ob es Unternehmensteile gebe, die verkauft werden könnten oder die verpfändet seien. Ein Sprecher der Bank Sal. Oppenheim sagte, der persönlich haftende Gesellschafter Friedrich Carl Janssen führe derzeit mit politischen Entscheidungsträgern Gespräche zum Thema. "Die Gespräche dienen uns dazu, ihren Beitrag für die Stützung des Handelskonzerns zu konkretisieren", sagte er. In Finanzkreisen hieß es, der Vorschlag von Janssen sehe insbesondere vor, für den Fall einer Bürgschaft Arcandor-Aktien als Sicherheit zu hinterlegen. Auch die Großaktionärin Schickedanz stehe hinter den Vorschlägen.

ZEIT ONLINE, kg, dpa, Reuters

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