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Wirtschaft: Mehr Zeit für die Familie

Viele Menschen wollen sich selbst um kranke Angehörige kümmern. Ein neues Gesetz soll das erleichtern. Zehn Firmen machen mit.

Berlin - Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) nennt den Raum gut gefüllt. Tatsächlich sind am Montag aber nur zehn Unternehmensvertreter gekommen. Doch es ist ein Anfang. Die zehn Unternehmen von Airbus über Post und Telekom bis hin zu Lanxess und Roche sind die ersten, die ihren Mitarbeitern die Möglichkeit zu einer Familienpflegezeit bieten, die die Bundesregierung am 1. Januar einführte. „Damit können schon jetzt rund 300 000 Beschäftigte die neue Familienpflegezeit nutzen“, sagte die Ministerin.

Die Familienpflegezeit ist eine freiwillige Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern. Sie soll der Tatsache Rechnung tragen, dass immer mehr Menschen sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern wollen. Bei der Wahl des Arbeitgebers werde es künftig eine immer größere Rolle spielen, ob man Pflege und Beruf vereinbaren kann, sagte Schröder. So sei dies auch ein Instrument, um in Zeiten des Fachkräftemangels attraktiv für qualifizierte Mitarbeiter zu sein und um erfahrene Mitarbeiter und ihr Know- how an das Unternehmen zu binden.

Bereits heute sind rund 2,4 Millionen Menschen pflegebedürftig. In wenigen Jahrzehnten soll die Zahl bereits bei mehr als vier Millionen liegen. Beschäftigte, die Angehörige pflegen wollen, können ihre Arbeitszeit über einen Zeitraum von maximal zwei Jahren auf bis zu 15 Stunden reduzieren. Das Gehalt sinkt dabei nur auf 75 Prozent des letzten Bruttoeinkommens. Während der Familienpflegezeit besteht ein besonderer Kündigungsschutz. Ist die Pflegezeit beendet, bleibt das Gehalt bei 75 Prozent, bis der Vorschuss nachgearbeitet worden ist.

Für die Telekom ist die Familienpflegezeit dabei nur ein Baustein in einer ganzen Palette von zeitlich befristeten Auszeiten vom Job. So können Telekom-Beschäftigte analog zum Familienpflegestelle auch Auszeiten für Bildung, Familie oder soziales Engagement nehmen. „Und wir sorgen für eine intelligente Finanzierung, so dass die Frage einer Auszeit nicht eine Frage des Geldbeutels ist“, sagte Telekom-Personalchef Thomas Sattelberger am Montag in Berlin. „Auszeiten sollen nicht nur für die Spitze, sondern für die Breite der Beschäftigten machbar sein.“ Arbeit sei schneller, komplexer und zeitsensibler geworden, dem müsse ein Unternehmen Rechnung tragen. Dabei sei ständige Erreichbarkeit und Verfügbarkeit kein Zeichen von Leistungsfähigkeit, sagte Sattelberger. „Mitarbeiter wollen heute selbstbestimmt und selbstbewusst mit Auszeit, Freizeit und Arbeitszeit umgehen.“ Für Unternehmen sei daher die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht nur eine gesellschaftliche Verpflichtung, sondern auch eine Notwendigkeit wenn es darum geht, Talente an sich zu binden. Corinna Visser

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