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Schön war die Zeit. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit verlieh 2014 Wolf-Dieter Wolf den Verdienstorden des Landes Berlin.

© imago images/Eventpress

Medientraining für den Messechef: Fragwürdiges Beratungsgeschäft bei der Messe Berlin

Wolf-Dieter Wolf, Aufseher von Messe und RBB, und der Aufsichtsrat der Messe machen machen einen Branchenfremden zum Chef und lassen ihn für 2000 Euro pro Tag schulen – vom Ehemann der RBB-Chefin.

Die Messe Berlin kommt nicht zur Ruhe.

Im Streit um die Zukunft der Internationalen Funkausstellung (IFA) gab es nach einem Spitzentreffen zu Pfingsten Entspannung, doch die Umstände der Rekrutierung des Messechefs Martin Ecknig vor knapp zwei Jahren werfen Fragen auf.

Die betreffen vor allem den Aufsichtsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf und das Land Berlin als Eigentümer des Unternehmens, vertreten durch Wirtschaftssenator Stephan Schwarz.

Der Fall reicht bis an die Spitze des Senders RBB, wo Wolf Chef des Verwaltungsrates ist. Der Verdacht: Hat Wolf dem Mann der RBB-Intendantin und ARD-Vorsitzenden Patricia Schlesinger einen Messe-Auftrag vermittelt? Das „Positionsprofil“ des Vorsitzenden der Geschäftsführung der Messe Berlin, eine der „zehn umsatz- und wachstumsstärksten Messegesellschaften weltweit“, wurde im Juni 2020 von der Personalberatung Odgers Berndtson beschrieben. Damals suchte der Aufsichtsratschef Wolf einen Nachfolger für Christian Göke, der nach acht Jahren um die Auflösung seines Vertrags gebeten hatte.

Spitzenjob mit Spitzengehalt

Zu den Hauptaufgaben in dem mit rund 330 000 Euro zzgl. Tantiemen dotierten Job gehören die „Präsentation der Messe Berlin im öffentlichen, wirtschaftlichen, politischen Umfeld“ sowie die „Steuerung der Unternehmenskommunikation“.

Als Anforderungen werden etwa „nachweisliche Erfolge in der Führung eines vergleichbaren Geschäftsbereichs, vorzugsweise im Live-Event-Bereich“ und „Fachkompetenz innerhalb der Messebranche“ genannt.
Offenbar gab es dann aber keine Kandidatinnen und Kandidaten, die das Profil komplett ausfüllten.
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Der Aufsichtsrat entschied sich für einen Immobilienmanager von Siemens: Martin Ecknig. Richtig überzeugt war Wolf wohl nicht von dieser Wahl. Noch Ende 2020, also vor Ecknigs Start bei der Messe Anfang 2021, veranlasste der Aufsichtsratschef, dass die Geschäftsführung einen Medientrainer für Ecknig anheuerte.

Ein teures Nachhilfeprogramm in einer Zeit, in der die Messe Berlin mit hohen zweistelligen Millionenbeträgen vom Land Berlin durch die Pandemie gebracht wurde.

Oberaufseher der Messe und des RBB

Wolf hat im Laufe der Jahrzehnte diverse Ämter als Sportfunktionär, bei den Bäderbetrieben, als Freund und Förderer von Oper und Staatsballett und in den Aufsichtsgremien von Messe und Rundfunk wahrgenommen.

Ein breites Netzwerk und gute Verbindungen in die Politik sind in Berlin notwendige Bedingungen für ertragreiche Immobiliengeschäfte. Seit 2013 ist Wolf Vorsitzender des Verwaltungsrates des RBB, seit 2017 Chef des Aufsichtsrats der Messe Berlin GmbH.

Wolf und der übrige Personal- und Präsidialausschusses wählten also den Branchenfremden Ecknig als neuen Messechef. Auf die Shortlist schafften es vier Kandidatinnen und Kandidaten, doch man schlug Ecknig vor – und der Aufsichtsrat folgte dieser Empfehlung.

Martin Ecknig arbeitet bis Ende 2020 für Siemens im Immobilienbereich. Seit 2021 führt er die Geschäfte der Messe Berlin.
Martin Ecknig arbeitet bis Ende 2020 für Siemens im Immobilienbereich. Seit 2021 führt er die Geschäfte der Messe Berlin.

© Messe Berlin GmbH

Angeblich kennen sich Wolf und Ecknig seit Jahrzehnten.

Zu persönlichen Beziehungen äußere er sich nicht, sagte Wolf. Auch zum Medientrainer, den er für Ecknig gesucht und gefunden hatte, wolle er nichts sagen, da er sich bis Ende Juni in Urlaub befinde.

Fakt ist: Der RBB-Verwaltungsratsvorsitzende Wolf hat als Aufsichtsratsvorsitzender der Messe Berlin die Beauftragung des Ehemannes der Senderintendantin Patricia Schlesinger in die Wege geleitet. Die Gremien des RBB wurden darüber nicht informiert – hätten sie auch nicht müssen, sagte ein Sprecher des Senders. Seine Begründung: Es gebe bei dem „Vorgang keine inhaltliche oder geschäftliche Verbindung“ zum RBB.

Ein „Lotse“ für den neuen Geschäftsführer

Für 2.000,00 Euro (netto) täglich der inzwischen 72-jährige ehemalige „Zeit“- und „Spiegel“-Journalist Gerhard Spörl den neuen Messechef.

„Business Insider“ hatte zuerst darüber berichtet. Er sei als „Berater“ tätig gewesen, sagte Spörl vor einer Woche, und lege gerade letzte Hand an eine Festschrift zum 200. Geburtstag der Messe Berlin.

Was genau er Ecknig beigebracht hat, wollten Spörl und die Messe Berlin nicht sagen.

Das Landesunternehmen veröffentliche „in der Regel keine Einzelheiten und Details zu unseren Geschäftsbeziehungen mit Dritten“. Aber „selbstverständlich hält sich die Messe Berlin bei ihren Vergaben an die vorgegebenen rechtlichen Vorgaben und Regelungen“, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit.

Hilfe beim Netzwerken

In einem Papier vom 29. November 2020 beschrieb Spörl seine Tätigkeit als „Lotse“ für Ecknig. Für die Einführungszeit bis zum 31. Dezember war ein Tagessatz von 1500 Euro plus Mehrwertsteuer vereinbart, vom 1. Februar 2021 an 2000 Euro pro Tag für Spörl.

Dafür sollte er Ecknigs Sicherheit im Auftreten verbessern und ihn für Interviews und Auftritte im Fernsehen coachen. Ferner wollte Spörl dem neuen Messechef beim Aufbau eines Netzwerks in der Stadt unterstützen.

Ein Mitarbeiter der Messe, dem der Vorgang anstößig erschien, hat sich in dem Fall an den Ombudsmann des Unternehmens gewandt.

Für den 77-jährigen Wolf ist das Ende seiner Amtszeit ohnehin absehbar. Das Land Berlin hat kürzlich den Alba-Vorstandschef Eric Schweitzer, einst IHK- und DIHK-Präsident, in den Aufsichtsrat der Messegesellschaft berufen. Spätestens 2023 soll Schweitzer Wolf bei der Messe ablösen.

***

Nachtrag: In einer früheren Fassung dieses Artikels haben wir berichtet, dass Wolf der Patensohn eines Sohnes von Ecknig sein soll. Hierzu halten wir fest, dass dies nicht der Fall ist. Wir hatten auch berichtet, dass das Jahresgehalt von Herrn Ecknig 700.000 Euro betrage und dass Herr Herr Spörl für seine Schulung für Herrn Ecknig 100.000 Euro erhalten habe. Die Messe teilt uns hierzu zutreffend mit, dass das Jahresgehalt 330.000 Euro zzgl Tantiemen beträgt und der wirkliche Betrag für die Schulung „mehr um die Hälfte unter“ dem berichteten Betrag liegt. Wir haben den Artikel entsprechend abgeändert. Die Redaktion

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