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Ein streikbereiter Lufthansa-Pilot bei einer Kundgebung der Pilotengewerkschaft.

© dpa

Update

Streit um mehr Gehalt: Lufthansa streicht am Freitag 800 Flüge

Die Piloten von Lufthansa und Lufthansa Cargo streiken am Freitag für mehr Geld. 800 Flüge und 130.000 Passagiere sind betroffen.

Monatelange Verhandlungen sind gescheitert, und nachdem die Pilotengewerkschaft Cockpit (VC) ihre Mitglieder bereits Ende Juli über einen Streik hatte abstimmen lassen, ist es nun soweit. Am Freitag wird die Lufthansa bestreik. Die Pilotengewerkschaft hat ihre Mitglieder für den Zeitraum von 00:01 Uhr bis 23:59 Uhr zu Streik aufgerufen. Betroffen sind Lufthansa und Lufthansa Cargo Abflüge an allen deutschen Flughäfen.

Frankfurt und München betroffen 

Lufthansa muss an den Drehkreuzen in Frankfurt am Main und München für Freitag 800 Flüge streichen, vereinzelt werden auch Flüge bereits am heutigen Donnerstag gestrichen. Betroffen sind voraussichtlich 130.000 Fluggäste. Von Streichungen betroffene Kunden „werden heute umgehend informiert und nach Möglichkeit auf alternative Flüge umgebucht“, teilte die Lufthansa mit.

Mit Blick auf das kommende Wochenende, das Ferienende in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland arbeitet Lufthansa mit Hochdruck daran, den Flugbetrieb wieder so schnell wie möglich zu normalisieren. Dennoch können die Auswirkungen des Streiks auch am Samstag und Sonntag noch zu einzelnen Flugausfällen oder Verspätungen führen. Die Lufthansa-Töchter Eurowings und Eurowings Discover sind von dem Streikaufruf nicht betroffen.

„Im Bewusstsein unserer Verantwortung für Unternehmen und Gäste wollten wir nichts unversucht lassen und haben trotz unzureichendem Angebot und gescheiterten Verhandlungen einen weiteren Verhandlungstermin angeboten“, teilte die VC. Doch die Lufthansa habe am Mittwoch kein verbessertes Angebot vorgelegt.  „Daher bleibt uns nur, mit einem Arbeitskampf unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen.“ Auch das Bodenpersonal hatte Ende Juli gestreikt. Anfang August gab es dann einen Tarifabschluss mit Verdi, die für rund 20.000 Bodenbeschäftigte zuständig ist. Die Gehälter für die Beschäftigen erhöhen je nach Tätigkeit in mehreren Stufen um 13,6 bis 18,4 Prozent. Die VC Cockpit vertritt rund 9600 Piloten.

„Mehr als 18 Prozent für Berufseinsteiger“

Michael Niggemann, Personalvorstand und Arbeitsdirektor der Deutschen Lufthansa AG, verurteilte den Streit und verteidigte das Tarifangebot des Arbeitgebers als „sehr gut und sozial ausgewogen“, obgleich die Airline noch unter den „nachwirkenden Lasten der Corona Krise und unsicheren Aussichten für die Weltwirtschaf“ leide. Konkret habe man ein Angebot vorgelegt, bei dem Pilotinnen und Piloten in zwei Stufen insgesamt 900 Euro mehr Grundvergütung pro Monat bekommen.  Ein Berufseinsteiger als Copilot erhalte am Ende der 18-monatigen Laufzeit des neuen Tarifs mehr als 18 Prozent zusätzliche Grundvergütung, ein Kapitän fünf Prozent.

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Alternativ wurde der VC angeboten dieses Volumen ganz oder teilweise anderweitig zu verteilen, beispielsweise für strukturelle Änderungen wie Angleichungen der Vergütungstabelle. VC aber fordere in einem ersten Schritt 5,5 Prozent mehr Lohn bis Ende des Jahres, und ab Januar 2023 zusätzlich einen weiteren Ausgleich oberhalb der Inflation. Dies erhöhe die Cockpit-Personalkosten der Lufthansa und Lufthansa Cargo in der von der VC vorgeschlagenen Laufzeit von zwei Jahren nach aktuellen Schätzungen um gut 16 Prozent.  

„Cockpitkosten steigen um 40 Prozent“

Zusätzlich verlange die VC unter anderem eine neue Gehaltstabelle mit höheren Grundvergütungen sowie mehr Geld zum Beispiel für Krankheitstage, Urlaub oder Schulungen. Das erhöhe – zusätzlich zu den 16 Prozent – die Cockpitpersonalkosten basierend auf den Erfahrungswerten um weitere 25 Prozentpunkte, was für die Lufthansa „außerhalb des Vertretbaren“ liegt. Denn in Summe würden nach Angaben des Unternehmens die Cockpitpersonalkosten von 2,2 Milliarden Euro um voraussichtlich mehr als 40 Prozent beziehungsweise zirka 900 Millionen Euro über die nächsten zwei Jahre steigen, wenn man die VC-Forderungen umsetzte. 

Nirgendwo im Konzern werde mehr investiert als in das Arbeitsplatzwachstum bei Lufthansa und Lufthansa Cargo, teilte das Unternehmen weiter mit. Zur Gruppe gehören auch Eurowings, Swiss, Austria und Brussels Airlines. Seit 2010 würden rund 60 Prozent aller neuen Flugzeuge bei Lufthansa und Lufthansa Cargo eingesetzt. Bis 2024 erwartet der Konzern 33 neue, hochmoderne Langstreckenflugzeuge, die allesamt zu Lufthansa gehen sollen, inklusive der damit verbundenen Arbeitsplätze. So sei die Zahl der Cockpitarbeitsplätze bei Lufthansa und Lufthansa Cargo zwischen 2010 und dem Ausbruch der Corona-Krise um 18 Prozent gewachsen, am Hub München sogar um 45 Prozent. Ferner seien viele neue Kapitänsstellen geschaffen worden, allein in diesem Jahr würde es 125 sein. Auch deshalb, so die Argumentation von Personalchef Niggemann, sei der Pilotenstreik unverhältnismäßig.

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