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Auch im zweiten Corona-Jahr in Folge sinken die Besucherzahlen.

© dpa

Kein Fall für 007: James Bond kann die Kinobilanz nicht retten

Zum Start der Berlinale sind Filmförderer erleichtert. Umsatz und Besucherzahlen gingen 2021 zurück, doch immerhin hat das noch keine Pleitewelle verursacht.

Auch im zweiten Corona-Jahr hat die Pandemie die deutsche Kinobranche schwer getroffen. Umsatz und Besucherzahlen lagen um zwei Drittel unter dem vorherigen Stand, wie die Bilanz der Filmförderanstalt (FFA) zum Start der Berlinale in Berlin zeigt. „Wir blicken auf ein Jahr zurück, das einer Achterbahnfahrt glich“, sagt FFA-Vorstand Peter Dinges. Das Positive aus seiner Sicht: Der Krise folgte bisher keine Pleitewelle. Abzuwarten bleibe aber, wie sich die Pandemie auf andere Branchenbereiche auswirke, betont der FFA-Vorstand mit Blick auf Verleihfirmen, Produktion und Zulieferer.

Das Kino sei voriges Jahr nach sechs Monaten ohne regulären Spielbetrieb am ersten Juli-Wochenende fulminant zurückgekehrt, berichtet Dinges: „Die Menschen haben die Wiedereröffnungen herbeigesehnt und wollten endlich wieder ins Kino.“ Die Besucherzahlen lagen deutlich über der Vor-Corona-Zeit, „doch dann kamen seit November eben auch steigende Infektionszahlen und neue Beschränkungen“.

Besucherzahlen sanken um 64,5 Prozent

So sank die Zahl der Besucher letztlich um 64,5 Prozent auf nur noch 42,1 Millionen im Vergleich zu 2019. Auch in den Kassen klafft ein großes Loch, der Branchenumsatz schrumpfte um 63,6 Prozent auf 373,2 Millionen Euro. Immerhin lagen Ticketverkäufe im Vergleich zum ersten Corona-Jahr 2020 zumindest 10,4 Prozent und der Umsatz um 17,4 Prozent höher. Und die Infrastruktur, so Dinges, habe bisher „keinen Schaden genommen“.

Demnach bleiben die wichtigsten Kennzahlen weitgehend stabil. Die Zahl der zuletzt 1228 Kinounternehmen nahm sogar leicht zu, die Zahl der Spielstätten ging um 0,3 Prozent auf 1723 Spielstätten. Aktuell hat das deutsche Kinopublikum die Auswahl unter 4931 Sälen mit Leinwänden, ebenfalls ein leichter Zuwachs, und insgesamt stehen 789 688 Sitzplätzen für Filmfans bereit, ein leichtes Minus von einem halben Prozent. In 939 Städten und Gemeinden gibt es noch mindestens ein Kino. Erwartungsgemäß wurde voriges Jahr der lange erwartete neue James Bond 007 mit weitem Abstand zum meistbesuchten Kinohit. „Keine Zeit zu sterben“ verkaufte in drei Monaten bis Jahresende 5,9 Millionen Eintrittskarten. Platz 2 belegt „Spider Man: No Way Home“, für den nach dem Kinostart am 15. Dezember in nur 17 Tagen 2,6 Millionen Zuschauer eine Eintrittskarte erwarben. Mit 22,6 Millionen Tickets wuchs der Marktanteil von US-Filmen von 45,7 auf 54,7 Prozent.

Kein Interesse mehr an 3D

Enttäuschend fällt die Bilanz der oft üppig geförderten deutschen Filme aus, deren Marktanteil sehr deutlich auf nur noch 21,7 Prozent gefallen ist. Meistgesehener Film: „Die Schule der magischen Tiere“ mit 1,3 Millionen Tickets, was in der Top Ten aller Erstaufführungen Platz sechs bedeutet, gefolgt von „Kaiserschmarrndrama“ mit 1,1 Millionen Besuchern. Vorbei ist der 3-D-Hype: Nur noch 3,1 Millionen Besucher zahlten dafür zumeist einen Aufpreis, der Marktanteil sank auf nur noch 7,5 Prozent.
Die Eintrittspreise sind im abgelaufenen Jahr dennoch deutlich um 6,3 Prozent geklettert. Im Schnitt mussten Besucher 8,87 Euro für ein Ticket zahlen, 2018 waren es noch 8,54. Regional gibt es erhebliche Unterschiede. Mit Abstand am teuersten ist Kino laut der FFA-Statistik in Rheinland-Pfalz, wo der Eintritt im Schnitt 9,54 Euro kostet. In Sachsen-Anhalt dagegen zahlt man nur 7,59 Euro für einen Platz vor der Leinwand, also fast zwei Euro weniger. Die meisten Spielstätten gibt es in Bayern (282), gefolgt von Nordrhein-Westfalen (272) und Baden-Württemberg (252). In Bremen existieren nur noch elf Kinos, im Saarland 25 und in Hamburg 33.

Netflix, Amazon und Co. setzen Kinobranche unter Druck

Auch unabhängig von Corona bleibt die Kinobranche unter Druck, da durch schnelles Internet sowie Filmstreaming-Anbieter wie Netflix und Amazon das Heimkino immer attraktiver wird. Von früheren Höhenflügen können die Lichtspielhäuser nur noch träumen. So kamen 2001 noch 169 Millionen Besucher, 2009 noch 146 Millionen und 2015 immerhin 135 Millionen. Der Erfolg ist extrem von wenigen Blockbustern abhängig, die meist von den großen Hollywood-Studios kommen. Kinofilm-Produktion gilt als extrem riskantes Geschäft, häufig werden die Kosten durch Ticketverkäufe und Rechteverwertung kaum eingespielt. In Deutschland profitiert die Branche von umfangreicher Unterstützung der FFA, des Bundes und der acht Förderanstalten der Bundesländer. Insgesamt flossen voriges Jahr 570 Millionen Euro als Kultur-, Standort-  und Wirtschaftsförderung und weitere 10 Millionen Euro Corona-Hilfen. Davon kamen allein 314 Millionen Euro aus dem Etat der bisherigen Kulturstaatsministerin Monika Grütters und ihrer Nachfolgerin Claudia Roth. Knapp 65 Millionen Euro steuert die FFA bei, die sich aus Umlagen der Filmwirtschaft und Abgaben der TV-Sender finanziert. Das Medienboard Berlin-Brandenburg (43 Millionen), die Filmstiftung NRW (41) und die Filmförderung Bayern (33) sind die mit Abstand ausgabewilligsten Länderförderer.

Studio Babelsberg AG gehört nun den Cinespace Studios

Die Förderung an die Produzenten fließt nur, wenn unterschiedliche Vorgaben für Wertschöpfung in Deutschland oder den Bundesländern erfüllt sind. Daraus resultiert ein oft reger Wechsel zwischen Produktionsorten, wo es Förderung gibt. Auch internationale Produktionen können Zuschüsse erhalten, weshalb auch US-Studios gerne mal in deutschen Filmfabriken wie Potsdam-Babelsberg drehen lassen.
Die Studio Babelsberg AG in Brandenburgs Landeshauptstadt, deren Vorläufer 1912 entstanden, gehört seit kurzem zur Studioplattform Cinespace Studios, dem zweitgrößten Studiobetreiber in Nordamerika. Der Verkauf der früheren UFA- und DEFA-Studios an die TPG Real Estate Partners (TREP) wurde zu Jahresbeginn abgeschlossen.

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