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Im Fokus. In Essen berieten 20 Menschen über die Zukunft von 17 000 Karstadt-Mitarbeitern. Dass alle 83 Filialen bestehen bleiben, gilt als eher unwahrscheinlich.

© dpa

Sanierungskonzept: Karstadt verkündet Stellenabbau und Filialschließungen

Das neue Sanierungskonzept der Warenhauskette Karstadt sieht Stellenstreichungen und Filialschließungen vor, mehr als ein Drittel der Häuser stehen auf dem Spiel. Die Gewerkschaft kündigt Widerstand an.

Von Maris Hubschmid

Es war ein schwieriger Tag für die rund 17 000 Mitarbeiter von Karstadt: Acht Stunden lang tagte der Aufsichtsrat hinter verschlossenen Türen in seiner ersten Sitzung unter dem neuen Eigentümer René Benko. Nichts drang nach außen. Und doch beschäftigten zwei Nachrichten die Angestellten: Als neuer Geschäftsführer sei Stephan Fanderl im Gespräch, verlautete im Vorfeld aus Branchenkreisen. Fanderl ist derzeit Vorsitzender des Aufsichtsrats – und derjenige, der die Mitarbeiter in den vergangenen Monaten immer wieder auf harte Einschnitte eingestimmt hat. Die zweite Nachricht war, dass bereits eine weitere Aufsichtsratssitzung anberaumt wurde: für Ende Oktober. Das ließ ahnen, dass konkrete Entscheidungen an diesem Tag nicht mehr gefällt würden – und das Bangen um den Arbeitsplatz weitergeht.

Am Ende des Tages gab es eine traurige Gewissheit für die Beschäftigten. Das Sanierungskonzept sehe neben Ertragssteigerungen und Sacheinsparungen auch Personalabbau vor, bis hin zur Schließung defizitärer Filialen, teilte das Unternehmen am Abend mit. Da steht nun schwarz auf weiß, was viele gefürchtet hatten: dass der notwendige Umbau nach Meinung der neuen Konzernspitze auch ein Abbau werden muss. Bis zu 30 Filialen stünden auf dem Spiel, heißt es. Das wäre mehr als jede dritte Filiale.

Gewerkschaft sieht für alle 83 Häuser eine Chance

„Das wollen wir auf keinen Fall mittragen“, sagte Arno Peukes dem Tagesspiegel nach der Sitzung, der als Vertreter der Gewerkschaft Verdi im 20-köpfigen Aufsichtsrat sitzt. „Wir sind enttäuscht, dass wir schon jetzt diese Debatte führen müssen.“ Verdi und der Betriebsrat vertreten die Auffassung, dass alle 83 Warenhäuser eine Chance haben, wenn sie nur besser bewirtschaftet werden. „Die stärkere regionale Ausrichtung, wie sie auch im neuen Entwurf angestrebt wird, ist aus unserer Sicht das wichtigste Instrument“, sagte Peukes. In einem Tagesspiegel-Interview Anfang der Woche hatte der Arbeitnehmervertreter der bisherigen Karstadt-Führung Missmanagement vorgeworfen: Die Politik sei an den Bedürfnissen vorbeigegangen. Die neue Karstadt-Spitze gibt dem nun offen Recht. „Das Management stellte fest, dass die seit 2011 verfolgte Strategie wirtschaftlich fehlgeschlagen ist“, steht in der Mitteilung. Und doch preist es den Stellenabbau gleich mit ein. Konkurrenten seien mit 20 Prozent weniger Personal auf vergleichbarer Fläche deutlich erfolgreicher, lautet die Begründung. Sparen will der Konzern demnach auch im Service Center in Essen und in der Logistik.

„Eine wesentliche Komponente beim Modell Warenhaus ist die Beratung“, sagte dagegen Peukes. „Die Angestellten haben schon zu viele Kürzungen hinter sich.“ 2012 waren mehr als 2000 Angestellte entlassen worden. Seit Mai 2013 macht das Unternehmen eine „Tarifpause“. Am Freitag kommender Woche stehen wieder Tarifverhandlungen an.

Neuer Eigner Benko bleibt im Hintergrund

Zuvor tagen noch die Interessenvertretungen der Arbeitnehmer – und am Freitagnachmittag will Interimsgeschäftsführer Miguel Müllenbach den einzelnen Häuserchefs das Konzept darlegen. Müllenbach lenkt das Unternehmen nach den Abgängen von Eva-Lotta Sjöstedt und Kai-Uwe Weitz (siehe Kasten). „Womöglich wird es in den jeweiligen Treffen am Freitag bereits konkreter“, sagte Peukes. Spruchreif dürften Schließungspläne wohl aber kaum vor der nächsten Sitzung sein – da wird abgestimmt. Der Termin ist der 23. Oktober.

Der neue Eigner Benko nahm nicht an der Sitzung in Essen teil, sondern ließ sich vertreten. Er plane, sich im Hintergrund zu halten, heißt es. Dass sein Interesse an einer Wende bei Karstadt groß ist, machen die schnellen Personalentscheidungen deutlich. 131 Millionen Euro Verlust wie im Geschäftsjahr 2012/2013 wird er nicht hinnehmen. Also wird hart angepackt – mit der „richtigen Balance zwischen Sozialverträglichkeit und wirtschaftlicher Überlebensfähigkeit“, so der Wortlaut der Mitteilung.

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