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Insolvenzverfahren: Karstadt macht Millionen-Gewinn

Karstadt ist zahlungsunfähig, doch die Warenhäuser schreiben im laufenden Geschäftsjahr schwarze Zahlen. Das stärkt die Position Arcandors im Insolvenzpoker.

Den Karstadt-Kaufhäusern geht es einem Zeitungsbericht zufolge besser als bekannt. Ihr operativer Gewinn, also der mit dem normalen Warenhausgeschäft erzielte Überschuss, habe in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahrs, die am 30. März endeten, bei sieben Millionen Euro gelegen, berichtet die Financial Times Deutschland. Das Blatt beruft sich auf das Gutachten für den gescheiterten Bürgschaftsantrag von Arcandor.

Dessen Verfasser, die Wirtschaftsprüfer der Gesellschaft PriceWaterhouseCoopers, hätten sich jedoch trotz der guten Zahlen gegen staatliche Hilfen für Arcandor ausgesprochen und das vor allem mit dem fehlenden Kapitalpuffer begründet. Arcandor verfüge "nach den Restrukturierungsaktivitäten der vergangenen Jahre mittlerweile über keine freie Substanz mehr".

Im zweiten operativen Kerngeschäft Arcandors, dem unter Primondo zusammengefassten Versandhandel mit der Hauptmarke Quelle, sehe es dagegen schlechter aus, schreibt das Blatt weiter. Allein in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahrs sei ein operativer Verlust von 57 Millionen Euro aufgelaufen.

Für den Gesamtkonzern ist die Gesundung der Warenhäuser ein wichtiges Argument, um eine rasche Zerschlagung und Abwicklung abzuwenden. Der Generalbevollmächtigte Horst Piepenburg arbeitet an einem Plan zur Fortführung des insolventen Unternehmens. Arcandor musste zu Wochenbeginn Insolvenz anmelden, weil die Bundesregierung sowohl seinen Antrag auf eine Bürgschaft als auch auf einen Nothilfekredit ablehnte.

Möglicherweise ging es auch Arcandor besser, als offiziell verlautbart wurde: Einem Zwischenbericht des Konzerns, der den Zeitraum 1. Oktober 2007 bis 30. Juni 2008 abdeckt, war zu entnehmen, dass der Gewinn aus dem operativen Geschäft 204 Millionen Euro betragen habe – doppelt so viel wie im vergleichbaren Zeitraum im Vorjahr. Dennoch verweigerte die Bundesregierung ihre Hilfe mit dem Argument, Arcandor sei schon vor dem entscheidenden Stichtag, dem 1. Juli 2008, in Schwierigkeiten gewesen.

Unterdessen versucht Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick für Karstadt die Lösung zu finden, "die für Mitarbeiter und Unternehmen die interessanteste ist", wie er im ZDF sagte. Zunächst schien ein Zusammengehen der Karstadt-Warenhäuser mit dem Konkurrenten Kaufhof der wahrscheinlichste Ausweg aus der Misere. Eick betont nun, das Kaufhof-Mutter Metro nicht der einzige mögliche Partner sei und Arcandor auch mit anderen Interessenten verhandeln werde. Das könnte ihm helfen, für die Warenhäuser einen besseren Preis zu erzielen.

Auch ein Arcandor-Sprecher sagte, es werde keine baldigen Gespräche mit der Metro geben. Zunächst werde sich der Insolvenzverwalter ein Bild über die Lage des Unternehmens machen. Arcandor wolle auch nicht die Mehrheit an Karstadt abgeben, wie Medien berichtet hatten.

Die Metro hatte angeboten, 60 der 91 Karstadt-Häuser weiterzubetreiben. Das Kartellamt müsste einer solchen Übernahme noch zustimmen. Laut Handelsblatt hat das Amt betont, eine eingehende wettbewerbsrechtliche Prüfung nehme zunächst vier Monate in Anspruch. Auch die Brüsseler EU-Kommission müsse sich mit dem Fall befassen, da es um ein Umsatzvolumen von mehr als fünf Milliarden Euro gehe.

Für andere Konzernteile gibt es ebenfalls schon Interessenten. Bei der Otto-Gruppe geht es um die Spezialversender und die Karstadt-Sporthäuser, die mit der Tochter Sport-Scheck verschmolzen werden könnten. Rewe zeigt Interesse an Thomas Cook. Von der Insolvenz ausgenommen sind lediglich die an der Börse in London notierte Touristiktochter Thomas Cook und einige Spezialversender wie Baby-Walz oder hess natur. Doch auch Thomas Cook könnte langfristig aus dem Konzern herausgelöst werden. Mehr als die Hälfte der ertragsstarken Tochter ist an Banken und andere Kreditgeber verpfändet. Der Financial Times Deutschland zufolge möchte ein Konsortium sein Anteilspaket innerhalb von zwölf Monaten verkaufen. Ein Arcandor-Sprecher bestätigte, dass auch Teile der Versandhandelstochter Primondo verpfändet seien.

Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigte unterdessen erneut die Entscheidung, dem Handels- und Touristikkonzern keine finanzielle Staatshilfe zu gewähren, und sagte Unterstützung im Insolvenzprozess zu. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sagte, es sei "nicht ausgeschlossen, dass auch im weiteren Verfahren noch der Ruf nach Staatshilfe kommt". "Das wäre nicht außergewöhnlich und war bei anderen größeren Insolvenzen schon der Fall." Deshalb bleibe die Regierung in engem Kontakt mit allen Verantwortlichen, "mit dem nötigen Fingerspitzengefühl und ohne pauschale Heilsversprechen." (tst/aen/dpa)

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