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Karrierefrage: Muss ich sagen, dass ich krank bin?

Christoph Abeln, Fachanwalt für Arbeitsrecht, antwortet auf Fragen der Tagesspiegel-Leser.

Ich bin Elektriker und habe seit Jahren Epilepsie. Zur Zeit suche ich eine neue Arbeit. Ich besitze keinen Schwerbehindertenausweis und bin medikamentös gut eingestellt, so dass meine Leistungsfähigkeit nicht eingeschränkt ist. Muss ich nun bei Bewerbungen angeben, dass ich krank bin, sollte ich bis zum Vorstellungsgespräch warten oder darf ich es ganz verschweigen?

Im Einstellungsfragebogen oder beim Vorstellungsgespräch darf der Arbeitgeber nur Fragen stellen, an deren Antwort er ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse hat. Fragen nach der Privatsphäre sind unzulässig. Diese dürfen von dem Bewerber bewusst unwahr beantwortet werden, ohne dass er Konsequenzen fürchten muss.

Da der Arbeitgeber aber ein berechtigtes Interesse daran hat, dass ein Arbeitnehmer die Anforderungen seiner Stelle erfüllt, und gesetzlich dazu verpflichtet ist, Mitarbeiter und Dritte vor Gesundheitsgefahren zu schützen, sind Fragen zu Krankheiten dann zulässig, wenn sie sich auf die beworbene Stelle beziehen. Das Bundesarbeitsgericht hat dazu festgestellt: „Ein Personaler darf nach Krankheiten fragen, durch die entweder die Eignung für die vorgesehene Tätigkeit eingeschränkt ist, Ansteckungsgefahr für künftige Kollegen oder Kunden besteht oder in absehbarer Zeit mit einer Arbeitsunfähigkeit zu rechnen ist.“

Wird also der Bewerber im Einstellungsprozedere direkt danach gefragt, muss er Krankheiten nur dann offenbaren, wenn etwa im Fall einer Epilepsie trotz medikamentöser Behandlung die Anfälle die Eignung für die vorgesehene Tätigkeit erheblich beeinträchtigen. Anfälle, die ohne Auswirkungen auf die vorgesehene Tätigkeit sind, müssen nicht angegeben werden. Allerdings kann dies je nach Art der Tätigkeit im Einzelfall anders zu beantworten sein. So sind die Anforderungen und damit das Fragerecht nach Krankheiten für Berufskraftfahrer anders zu werten als für Büroangestellte.

Wenn eine Krankheit besteht, die sich auf die angestrebte Tätigkeit auswirken kann, muss der Bewerber wahrheitsgetreu auf diese Fragen antworten beziehungsweise sogar von sich aus Auskunft darüber geben. Aus taktischen Gründen sollte man dies jedoch nicht bereits im Bewerbungsschreiben machen. Sonst erhält man gar nicht erst die Möglichkeit, sich persönlich vorzustellen. Soweit der Bewerber die Fragen nach der Krankheit in einem solchen Fall bewusst falsch beantwortet oder verschweigt, kann der Arbeitgeber – falls er den Bewerber einstellt und die Krankheit bemerkt – das Arbeitsverhältnis wegen arglistiger Täuschung gerichtlich anfechten, was wie bei fristloser Kündigung zu Sperrzeiten bei der Arbeitsagentur führen kann.

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Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

Christoph Abeln

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