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er Minister und seine Ratgeber: Anfang des Jahres stellte Hubertus Heil das Gremium vor, mit Frank Bsirske (links) und Janina Kugel (rechts neben Heil) an der Spitze.

© dpa

Kandidatur für die Grünen geplant: Bsirske will in den Bundestag

Der ehemalige Verdi-Chef möchte sich in Wolfsburg zur Wahl stellen. Der neue Rat der Arbeitswelt braucht dann einen Ersatz.

Frank Bsirske ließ sich nichts anmerken. Und Hubertus Heil (SPD) auch nicht. Am vergangenen Mittwoch trafen sich Arbeitsminister und Ex-Verdi-Chef im „Rat der Arbeitswelt“, den Heil vor einem knappen Jahr als Beratungsgremium der Politik eingesetzt hat und den Bsirske gemeinsam mit der früheren Siemens-Vorstandsfrau Janina Kugel leitet. Aber nicht mehr lange. Bsirske will für die Grünen in den nächsten Bundestag und hat große Ambitionen, sollte die Partei an der Regierung beteiligt werden. Den Job des Bundesarbeitsministers traut er sich locker zu.

Bsirske wurde 1952 in Helmstedt geboren

Bsirske, 1952 in Helmstedt geboren und seit Jahrzehnten Mitglied der Grünen, hatte vor einem Jahr den Spitzenjob bei Verdi schweren Herzens abgegeben. Nun bewirbt er sich um die Kandidatur im Wahlkreis Helmstedt-Wolfsburg und tritt dazu gegen den 45 Jahren jüngeren Grünen Tjark Melchert an. Zuletzt hatte die Wahl dort der Sozialdemokrat Falko Mohrs gewonnen. Bsirske gegen Mohrs – da flackern womöglich die Auseinandersetzungen von 2003 auf. Bsirske hält die SPD seit Gerhard Schröder und den Arbeitsmarktreformen für sozialpolitische Verräter und würde den Wahlkampf entsprechend anlegen. Trotzdem sind die Aussichten auf eine Direktwahl nicht gut, weshalb der Rentner auf einen Listenplatz hofft. „Der Landesverband stellt bisher sechs der 67 grünen Bundestagsabgeordneten. Auf einen dieser sechs Plätze sollte ich hoffentlich kommen“, meldete der Gewerkschafter Ansprüche in der „Süddeutschen Zeitung“ an.

Beinahe Kandidatur für das Europaparlament

Für die Europawahl im Frühjahr 2019 hatte der grüne Europapolitiker Reinhard Bütikofer Bsirske auf eine Kandidatur angesprochen. Der überlegte ernsthaft, doch die Offerte kam zu früh, da erst im Herbst 2019 der Führungswechsel bei Verdi anstand. Und fachlich fühlt sich der Politikwissenschaftler, der Ende der 1980er Jahre für die Grünen im Stadtrat von Hannover saß, in der deutschen Sozial- und Arbeitsmarktpolitik am besten aufgehoben. Bsirske beriet auf diesen Themenfeldern die grünen Verhandler, die sich nach der letzten Bundestagswahl um ein Jamaika-Bündnis bemühten. Wiedervorlage im Herbst 2021.

Sobald die Kandidatur in Wolfsburg feststeht, wird Bsirske den Platz im Rat der Arbeitswelt räumen. Im Januar hatte sich das Gremium konstituiert. Elf Persönlichkeiten sind dabei aus Wirtschaft und Wissenschaft, Arbeitgebervertreter, Gewerkschafter und Betriebsräte. Jedes Jahr sollen die Räte einen „Handlungsempfehlungsbericht“ geben – für die Politik, aber auch für Unternehmen, Beschäftigte und Sozialpartner. Der Rat werde „interdisziplinär und praxisbezogen arbeiten“, sagte Heil im Januar.

Rat der Arbeitswelt berichtet Anfang 2021

1,5 Millionen Euro gibt das Ministerium im Jahr aus für das Gremium, der Großteil des Geldes fließt zu einer Geschäftsstelle, die von drei Forschungsinstituten getragen wird: das Beratungsunternehmen Prognos, das Institut für Arbeit und Qualifikation an der Uni Duisburg-Essen (IAQ) sowie das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW). Auch in Coronazeiten arbeitet die Wissenschaft, und die Räte sahen sich immerhin ab und zu in Videokonferenzen. Am vergangenen Mittwoch gab es das erste Treffen seit März in der Zentrale des Berliner Gebäudedienstleisters GRG, dessen Eigentümer Stephan Schwarz das Handwerk im Rat vertritt. Anfang 2021 soll der erste Bericht erscheinen, der sich mit Strukturwandel, mit Digitalisierung und Dekarbonisierung und den Folgen für den Arbeitsmarkt beschäftigt: Welche Berufe sind krisenfest, welche Beschäftigtengruppen sind gefährdet, was wird wichtiger im Transformationsprozess, der sich durch Corona beschleunigt. Bsirske wird sich so oder so mit diesen Fragen beschäftigen: Als ehrenamtlicher Ratgeber oder als Politiker.

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