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Wirtschaft: In doppelter Rolle Amazon ist Händler und Marktplatz zugleich

Diese Woche bröckelte sie ein bisschen: die Marktmacht von Amazon. Viele kleine Onlinehändler, die den Marktplatz des US-Unternehmens nutzen, dürften sich darüber gefreut haben.

Diese Woche bröckelte sie ein bisschen: die Marktmacht von Amazon. Viele kleine Onlinehändler, die den Marktplatz des US-Unternehmens nutzen, dürften sich darüber gefreut haben. Amazon darf keine Bestpreis-Garantie von seinen Geschäftspartnern mehr verlangen. Die Klausel hatte Händler verpflichtet, ihre Ware nirgends billiger anzubieten als bei Amazon. Nun sind sie in der Preisgestaltung frei. Auf Druck des Bundeskartellamts strich das Unternehmen die Preisparitätsklausel aus seinen Vertragsbedingungen.

Egal ob sie Elektronik, Parfüm, Lebensmittel oder Bücher verkaufen – viele Händler im Netz schimpfen über die Marktmacht von Amazon. Die meisten tun dies nur hinter vorgehaltener Hand. Er könne es sich nicht leisten in der Vorweihnachtszeit, in der er einen Großteil seines Jahresumsatzes macht, bei Amazon in Ungnade zu fallen, sagt ein Händler. Problematisch ist die Doppelrolle: Amazon tritt selbst als Händler auf und macht anderen Händlern auf seinem Marktplatz Konkurrenz.

Christoph Wenk- Fischer, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband des Deutschen Versandhandels (BVH), hört seit einem Jahr viele Klagen über Amazon. Ein Lebensmittelhändler zum Beispiel hatte ein Fünf-Kilo-Glas Nutella im Angebot. Das verkaufte sich extrem gut – auch über den Marktplatz von Amazon. Doch nach zwei Wochen brach das Geschäft ein. Amazon hatte das gleiche Glas für ein paar Euro weniger ins eigene Sortiment genommen. Amazon weiß, welche Produkte bei Partnern oft gekauft werden. „Auf diese Weise verschaffen sie sich einen Einblick in das Potenzial von Sortimenten und können so abschätzen, ob sich ein eigenes, konkurrierendes Angebot lohnt“, erklärt Martin Groß-Albenhausen, Marketing-Experte beim BVH. Der kleine Händler profitiere zwar von Amazons riesigem Kundenstamm, dafür liefen viele aber Gefahr, jederzeit von ihrem mächtigen Partner aus dem Markt gedrängt zu werden. Amazons Kommentar zum Nutella-Fall: „Jeder kann auf unserer Webseite sehen, welche Produkte bei Amazon gut laufen – wir veröffentlichen für jeden ersichtlich Ranglisten mit Bestsellern und sogar ,Aufsteigern des Tages‘. Insofern entbehren diese Vorwürfe der Grundlage.“

Wenk-Fischer rät Händlern, alternative Marktplätze zu nutzen wie zum Beispiel Rakuten, Yatego, Mercateo, MeinPaket, Hood oder Hitmeister. Sie bieten oft bessere Bedingungen für kleine Händler. Rakuten ist ausschließlich ein Marktplatz, bietet also selbst keine eigenen Produkte an. Hitmeister dagegen ist auch Händler und Marktplatz zugleich. „Für Onlinehändler ist jetzt ein guter Zeitpunkt, sich zu emanzipieren und auf andere Verkaufskanäle zu setzen“, meint auch Gerald Schönbucher, Geschäftsführer von Hitmeister. Derzeit hat das vor sechs Jahren gegründete Unternehmen gut 4500 Vertragspartner, nach eigenen Angaben hat das Sortiment mit rund 20 Millionen Produkten aus 300 Kategorien eine ähnliche Produktbreite wie Amazon.

An einer neuen Händlerplattform namens Bepado arbeitet der Softwarehersteller Shopware im westfälischen Schöppingen. Bepado will Händler und Lieferanten vernetzen. „Bei Bepado können Anbieter ihr Sortiment erweitern, ohne zusätzliche Lagerkapazitäten schaffen zu müssen“, sagt Projektleiter André Schultewolter. Jeder kann seine Produkte auch bei anderen Bepado-Mitgliedern anbieten. „Damit erreichen wir weitere Käuferschichten und generieren mehr Absatz, wenn die eigenen Produkte nicht mehr nur im eigenen Shop, sondern in vielen anderen angeboten werden“, erklärt Steffen Burmeister vom Buch-Großhändler Libri, einem der Ersten in diesem Händler-Netzwerk. Anja Steinbuch

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